Jedes Jahr kommen durchschnittlich etwa 5 Millionen Migranten in die westlichen Industriestaaten – das entspricht 0,5 Prozent der Gesamtbevölkerung der 41 OECD-Länder. In der Schweiz liegt der Anteil der Zuwanderer an der Gesamtbevölkerung bei 29 Prozent – ein Grossteil ist erst in den vergangenen zehn Jahren zugezogen.
Viele Einwanderer sind in den Industrieländern im Niedriglohnsektor beschäftigt, vor allem in der Schweiz: Mit 60 Prozent arbeiten hierzulande deutlich mehr Zuwanderer in Jobs für gering Qualifizierte als im internationalen Vergleich. Im Schnitt sind dies in den Ländern der Europäischen Union und der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) 25 Prozent.
Zu diesen Ergebnissen kommt die Studie «Settling In 2018», welche die OECD gerade präsentiert hat. Insgesamt machen die Industrieländer zwar Fortschritte bei der Integration von Migranten: «Viele Länder haben wichtige Verbesserungen erreicht bei der Integration von Zuwanderern und ihren Kindern in den Arbeitsmarkt und das Alltagsleben», schreibt die Organisation in ihrem 300-Seiten-Bericht.
Gleichzeitig ist der Anteil sehr gut ausgebildeter Einwanderer in den westlichen Industriestaaten in den vergangenen zehn Jahren gestiegen. Doch ihr Potenzial werde nicht vollständig genutzt, sagte OECD-Generalsekretär Angel Gurria. Das gehe zulasten von Wirtschaftswachstum und sozialer Teilhabe. So ist seither auch die Schere zwischen ausländischen und einheimischen Arbeitslosen noch weiter auseinander gegangen.
Sehr viel hochqualifizierte Zuwanderer
Laut der Studie sind rund 33 Millionen Migranten in den OECD-Ländern hochgebildet, doch rund ein Viertel arbeiten in Jobs, für die sie überqualifiziert sind, 7 Millionen sind sogar arbeitslos. Insgesamt haben 20 Millionen Migranten keine ihrer Ausbildung entsprechende Beschäftigung.
Zuwanderer finden in vielen Ländern häufig Jobs, für die sie überqualifiziert sind. Zum Beispiel Ärzte, die als Taxifahrer arbeiten. In Deutschland ist das zu einem hohen Prozentsatz der Fall (31 Prozent). Die Schweiz bildet hier eine Ausnahme: Zuwanderer sind meistens ihrer Qualifikation entsprechend beschäftigt. Tatsächlich haben Schweizer sogar ein leicht höheres Risiko, in einem Job unter ihrer Qualifikation zu arbeiten (18 Prozent). Diese Konstellation gibt es ausser in den Schweiz und den USA nur in wenigen Ländern weltweit.
In Bezug auf die Herkunft der Migranten zählt die Schweiz neben Luxemburg, Grossbritannien und den USA zu den Ländern in der OECD, in denen der Anteil der aktuellen und hochqualifizierten Zuwanderer besonders hoch ist. Der Anteil der hochqualifizierten Ausländer ist in der Schweiz mit 41 Prozent vergleichsweise hoch – gegenüber 37 Prozent inländischer hoch Qualifizierter und Akademiker. Nur Grossbritannien, Irland und Israel haben ein höheren Anteil sehr gut qualifizierter Zuwanderer. Der Anteil der gering qualifizierten Migranten ist mit 6 Prozent im internationalen Vergleich entsprechend niedrig.
Dennoch ist die Arbeitslosenquote unter im Ausland Geborenen doppelt so hoch wie unter im Inland Geborenen – trotz einer allgemein sehr niedrigen Arbeitslosigkeit in der Schweiz.
95 Prozent fühlen sich heimisch
In Bezug auf die Zugehörigkeit der Migranten zum Land, in dem sie leben, bestehen grosse Unterschiede zwischen den Industrieländern. In der Schweiz ist das Zugehörigkeitsgefühl besonders ausgeprägt: 95 Prozent der Zuwanderer fühlen sich ihrer neuen Heimat nahe oder sehr nahe.
Die OECD präsentiert ihre Untersuchung, die sie seit 2012 zum dritten Mal durchgeführt hat, pünktlich zur Migrationskonferenz in Marrakesch. Die Studienautoren haben die Integration der Einwanderer anhand von 16 Indikatoren wie der Beschäftigungsquote, der Überqualifizierten-Quote, der Armutsquote, der Wohnsituation und der gesundheitlichen Verfassung untersucht.
Seit Wochen streiten sich einige Länder um den UN-Migrationspakt, der heute in Marrakesch verabschiedet wurde. Mehrere Regierungen lehnen ihn ab. Der Bundesrat hatte den Pakt zunächst gebilligt, wartet aber die noch andauernden Debatten im Parlament ab. Der Konferenz war die Schweiz daher auch ferngeblieben.