Ein Super-GAU könnte in der Schweiz Schäden von bis zu 4000 Milliarden Franken verursachen. Laut Bundesamt für Bevölkerungsschutz (BABS) sind darin auch die indirekten Kosten eines AKW-Unfalls enthalten - etwa der Wertverlust des kontaminierten Bodens.

Die direkten Schäden, welche an Gesundheit und Infrastruktur entstehen würden, könnten sich auf bis zu 100 Milliarden Franken belaufen. Die Folgen eines AKW-Unfalls liessen sich kaum abschätzen, da ein solches Ereignis sehr unterschiedlich ablaufen könne, sagte BABS-Sprecher Kurt Münger. "Diese Zahlen geben aber einen Anhaltspunkt für den schlimmstmöglichen Verlauf."

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Nur ein Bruchteil versichert

In krassem Kontrast dazu steht die vom Gesetz vorgeschriebene Versicherungsdeckung von derzeit einer Milliarde Franken. Nach einem Entscheid des Parlaments von 2008 sollen demnächst immerhin Schäden in der Höhe von 1,8 Milliarden Franken versichert sein. Alles, was darüber hinausgeht, trägt der Bund und damit der Steuerzahler.

Linke und grüne Politikerinnen und Politiker fordern seit Jahren, dass die AKW-Betreiber die tatsächlich möglichen Schäden versichern müssen. Bei der bürgerlichen Mehrheit im Parlament beissen sie damit seit jeher auf Granit: Zu hoch wären die Versicherungsprämien, die bei einer Versicherungssumme von hunderten Milliarden Franken fällig würden.

Wahrscheinlichkeitsrechnung

Hinzu kommt, dass bisher stets die geringe Wahrscheinlichkeit einer Reaktorkatastrophe mit in die Rechnung einbezogen wurde. Massgebend sei das "Risiko als eine Funktion von Schadensausmass und Eintretenshäufigkeit und nicht das Schadensausmass allein", schreibt der Bundesrat in der Antwort auf eine Motion des Grünliberalen Martin Bäumle.

Im Falle eines grösseren AKW-Unfalls "wäre unsere Bevölkerung und Volkswirtschaft kaum mehr in der Lage, die notwendigen Mittel bereitzustellen", kritisiert der Zürcher Nationalrat in seinem Vorstoss. Die Basler Ständerätin Anita Fetz (SP) vergleicht diese politisch gewollte Unterdeckung mit dem "Too big to fail"-Problem.

Es handle sich dabei um eine faktische Staatsgarantie für AKW-Betreiber. "Bei einem Unfall bezahlt der Steuerzahler alles", kritisiert Fetz. Auch sie setzte sich im Parlament immer wieder für eine höhere Versicherungsdeckung ein. Ihr jüngster Vorstoss wurde nach Beginn der Katastrophe von Fukushima auf die lange Bank geschoben, weil der Ständerat die Energiepolitik insgesamt neu beurteilen wollte.

Atomstrom künstlich verbilligt

Die tiefe Versicherungsdeckung hat laut Fetz neben den ungedeckten Kosten noch den Effekt, dass sie Atomstrom künstlich verbilligt. Der Preis für die Kilowattstunde bilde nicht die realen Kosten ab, weil die möglichen Schäden nicht genügend versichert seien, kritisiert die Ständerätin. "Die Ereignisse in Japan zeigen aber, dass diese Kosten real werden können."

Daneben würden alternative Energien attraktiver, wenn der Preis für Atomstrom die realen Kosten abbilden würde. Wie hoch diese wären, wenn wie heute ein schweizerischer Versicherungspool haftet, kann Fetz nicht sagen. Bei einer europäischen Lösung schätzt sie die zusätzlichen Kosten pro Kilowattstunde auf wenige Rappen.

(laf/sda)