So schnell kann es gehen: Mitte Mai herrschte an den Märkten die starke Erwartung hinein, dass der Franken eher unter Druck gerät, an der Chicago Mercantile Exchange gab es grosse offene Short-Positionen auf die helvetische Währung.

Nun aber weist die Nachrichtenagentur «Bloomberg» auf eine andere Wette hin: Die Futures-Märkte enthalten derzeit für März 2020 einen Frankenzins von unter –0,8 Prozent, womit sie die gängige Erwartung signalisieren, dass die Nationalbank bis März 2020 den Leitzins nochmals um 0,25 Prozentpunkte senken wird. 

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Im Hintergrund steht, dass der Franken akut wieder nach oben zieht. Am Montagvormittag notierte er zum Euro bei 1,1137 Franken – der tiefste Stand seit Juli 2017. Auch zum Dollar zieht der Franken an, er war am Montag mit 0,9964 Franken so stark wie seit rund zwei Monaten nicht mehr.

Die Sorge um eine Ausweitung der Handelskonflikte und vor einer weltweiten Rezession treibt die Anleger in die Schweizer Währung. Daneben sind auch Gold und erstklassige Obligationen gesucht. Der Preis für eine Feinunze Gold stieg bis 1'315 Dollar, womit sie den höchsten Stand seit Ende März erreichte.

Die SNB wird ernst genommen

Händler erwähnen als Grund dafür insbesondere die Furcht der Anleger, dass der Handelsstreit der USA mit China zu einer weltweiten Rezession führen könnte. Die jüngste Drohung der USA gegen Mexiko lasse ebenfalls befürchten, dass die USA gewillt seien, Handelsrestriktionen zur Durchsetzung all ihrer Interessen zu nutzen, kommentiert die Valiant Bank – und zwar unabhängig davon, ob erst vor kurzem neue Handelsabkommen geschlossen worden seien oder nicht.

«Sollte dieses Beispiel Schule machen, würde der internationale Handel und mit ihm die grenzüberschreitenden Lieferketten stark beeinträchtigt, was das globale Wachstum derart schwächen könnte, dass es zu einer weltweiten Rezession käme.»

Auf der anderen Seite nehmen die Märkte offenbar die SNB-Drohung ernst, die Schweizer Leitzinsen bei Bedarf weiter zu senken. Nationalbank-Präsident Thomas Jordan hatte im April in Washington klargemacht: «Es gibt keinen Grund, unsere Geldpolitik zu ändern». Mehr noch: Wenn es die Lage erfordere, könne die Nationalbank ihre – jetzt schon rekordtiefen – Leitzinsen noch weiter senken.

Franken «immer noch hoch bewertet»

Das Statement wurde damals schon als rhetorische Antwort darauf verstanden, dass der Franken zuvor wieder erstarkt war, zumal gegenüber dem Euro; die wichtigste Partnerwährung rutschte Ende März ebenfalls kurzfristig unter 1,12 Franken. Der Franken ist «immer noch hoch bewertet», so Jordans Fazit damals vor den Medien in Washington.

Wobei der SNB-Präsident auch eine vielsagende Zusatz-Erklärung bot: Die Gewinne im Schweizer Bankensystem seien trotz der Negativzinsen ja immer noch relativ solide. «Wir betonen immer den Punkt, dass wir Raum haben, um die Zinsen noch weiter herabzusetzen», sagte Jordan; auch könne man auf den internationalen Devisenmärkten intervenieren. «Also haben wir die politische Kapazität, um beide Instrumente zu nutzen. Aber natürlich müssen sie als Reaktion auf die ökonomische Situation eingesetzt werden.»

Nun aber drängen weitere Kräfte den Franken wieder nach oben: Händler nannten auch den Aspekt, ass die Europäische Zentralbank (EZB) am Donnerstag nach ihrer nächsten Sitzung eine Lockerung ihrer Geldpolitik signalisieren könnte. Und in USA erwarteten ebenfalls immer mehr Fachleute eine Zinssenkung im Juli.

Minuszinsen bleiben abnormal

Zudem verunsichere die Entwicklung der Politik in Deutschland, wo möglicherweise Neuwahlen bevorstehen, heisst es. Und auch die «altbekannten Probleme» Brexit und der Budgetstreit Italiens mit der EU schwächten die Einheitswährung. «Vor einem solchen Hintergrund gehen die Anleger auf Nummer sicher und flüchten sich in die sicheren Häfen. Und dazu zählt vor allem der Franken», so ein Händler.

An den «Spring Meetings» in Washington hatte sich SNB-Präsident Jordan auch zu den grundsätzlichen Zins-Perspektiven geäussert: Es sei wohl eine Realität, dass das natürliche – «neutrale» – Niveau der Zinsen heutzutage tiefer liege als vor der Finanzkrise. Aber: «Es ist in unserer Sicht auch klar, dass Negativzinsen nicht die neue Normalität sind.»

(reuters/awp/mlo/rap)

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