Die «Handelszeitung» stellt die Immobilienwirtschaft ins Schaufenster: Jeden Freitag kommt eine spannende Persönlichkeit aus der Branche zu Wort und schildert ihre Sicht auf den Markt. Diese Woche lesen Sie die Einschätzungen von Philipp Urech. Er ist Geschäftsführer von Swiss Life Immopulse, der Immobilienplattform des Versicherers Swiss Life.
Die Zinsen steigen. Nimmt der über zwanzigjährige Immobilienboom damit ein Ende, oder anders gefragt: Werden die Preise für Wohneigentum jetzt nicht mehr immer weiter zulegen?
Ich gehe davon aus, dass der Wunsch nach Wohneigentum unverändert hoch bleiben wird. Die höheren Zinskosten werden die Nachfrage nach Wohneigentum aber etwas bremsen, denn Mieten ist teilweise günstiger geworden als Kaufen. Die Preise für Wohneigentum werden nach unserer Einschätzung mit Ausnahme der Grossstädte stagnieren oder sogar leicht sinken.
Die Zinswende macht Buy to let weniger attraktiv. Unter welchen Voraussetzungen rechnet es sich für Private weiterhin, Wohneigentum zu kaufen, um es weiterzuvermieten?
Wer mit viel Fremdkapital in Renditewohnungen investiert, muss vermutlich zweimal rechnen, insbesondere auch unter Berücksichtigung des Preisänderungsrisikos. Die Zinspapiere gewinnen wieder an Attraktivität und müssen ebenfalls in die Opportunitätsrechnung miteinbezogen werden. Wer jedoch in einer Grossstadt in eine Renditewohnung investiert, wird sie gut vermieten können und lange Freude daran haben.
Wie lauten Ihre Tipps, um in der Schweiz bezahlbares Wohneigentum zu finden?
Wer stark auf den Preis achtet, findet in ländlichen Regionen und an peripheren Lagen nahe der Stadt attraktive Angebote. Zudem ist es hilfreich, zugunsten der Kosten auf einen Anteil an Wohnfläche oder gewisse Ansprüche im Innenausbau zu verzichten und mit einem professionellen Immobilienmakler zusammenzuarbeiten.
Bei Neubauten sinkt die Wohnfläche erstmals seit langem wieder. Worauf führen Sie diese Trendwende zurück?
Die Kosten für Land und Hausbau sind stetig gestiegen. Die geringe Verfügbarkeit an unbebautem Bauland und die Materialknappheit haben zur aktuellen Situation geführt. Um bezahlbaren Wohnraum anbieten zu können, reduzieren die Immobilienentwickler daher die Wohnfläche.
Schweizer Hauskäuferinnen und Hauskäufer schliessen überwiegend Fixhypotheken ab, also Kredite mit langen Laufzeiten und einem festen Zinssatz. Werden wegen der Zinserhöhung der Schweizerischen Nationalbank nun Geldmarkthypotheken (Saron) populärer?
Ob sich Schweizer Hauskäuferinnen und Hauskäufer für eine Fest- oder Geldmarkthypothek entschliessen, hängt stark von ihrer finanziellen Situation, insbesondere der Risikotragfähigkeit, ab. Eine Festhypothek bedeutet Sicherheit und finanzielle Kalkulierbarkeit.
Wer jedoch bei steigenden Zinsen die höheren Kosten tragen oder gar die Hypothek amortisieren kann, wird den Fokus auf Geldmarkthypotheken legen. Allerdings muss für eine Saron-Hypothek auch die entsprechende Risikobereitschaft gegeben sein. Ich kann mir gut vorstellen, dass dieses Hypothekarprodukt an Beliebtheit gewinnen wird.
Viele Menschen träumen von einer Ferienwohnung oder einem Ferienhaus. Lohnt sich der Kauf einer Ferienimmobilie auch als Investition?
Von einer lohnenden Investition in eine Ferienimmobilie kann man dann sprechen, wenn sie bei einem zukünftigen Verkauf einen positiven Saldo abwirft. Während der Haltedauer können Gewinne beispielsweise durch Vermietung oder tiefere Opportunitätskosten erzielt werden.
Am wichtigsten bleibt aber der Wertzuwachs beim Verkauf, und der ist im aktuellen Umfeld nicht garantiert. Das bedeutet, beim Kaufentscheid spielt immer auch eine emotionale Komponente mit.
Das Leasing-Modell verbreitet sich nun auch im Immobilienmarkt: Gewisse Anbieter – wie Property Captain oder My Home Leasing – schiessen Hauskäuferinnen und Hauskäufer einen Teil des Kaufpreises vor. Sie können die Immobilie sofort beziehen und zu einem späteren Zeitpunkt vollständig kaufen. Halten Sie solche Angebote für sinnvoll?
Viele Schweizerinnen und Schweizer möchten Wohneigentum erwerben, verfügen jedoch nicht über das notwendige Eigenkapital. Aus rein finanzieller Sicht kann ein solches Leasing-Modell auf den ersten Blick spannend sein.
Bei genauer Betrachtung ist der Mietkauf jedoch wenig attraktiv und mit erheblichen Risiken verbunden. Ob sich ein derartiges Kaufmodell hierzulande durchsetzen wird, ist daher fraglich. Erste Anzeichen sprechen nicht dafür.
Philipp Urech beantwortete die Fragen schriftlich.