Nachdem das weltweite Wirtschaftswachstum im letzten Jahr zum ersten Mal seit der Finanzkrise 2008 auf unter 3 Prozent fiel, sanken die Zulassungszahlen von Neuwagen gleichermassen: von weltweit 79.6 Millionen Fahrzeugen im Jahr 2017, dem vorläufigen Höchstwert, auf nur noch 75 Millionen im Jahr 2019.
Christos Maloussis ist Market Analyst und Premium Client Manager bei der IG Bank.
Und auch das Jahr 2020 begann – zum Beispiel in der Autonation Deutschland – deutlich schwächer – vor dem Ausbruch der Coronakrise. Zulassungsrückgänge von jeweils etwa 8 Prozent in den Monaten Januar und Februar verhiessen nichts Gutes für den zyklischen Wirtschaftssektor.
Mit Beginn der ersten Corona-Massnahmen in Deutschland stürzten die Neuzulassungen in den Monaten März (minus 37.7 Prozent,), April (minus 61.1 Prozent) und Mai (minus 49.5 Prozent) dann endgültig ab. In Grossbritannien, dem wichtigsten Exportland für die deutsche Automobilindustrie, kollabierten die Neuzulassungen im Mai gar um 90 Prozent und auch in den USA wurde ein Zulassungsrückgang von nahezu 50 Prozent verzeichnet.
Zulieferer unter Druck
Bereits im vergangenen Jahr stiegen die Gewinn- und Umsatzwarnungen bei deutschen Unternehmen gemäss einer Studie der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY deutlich von 137 in 2018 auf 171 in 2019. Die am meisten betroffene Branche im Jahr 2019: die Automobilindustrie. Dieser Trend dürfte sich nun im Jahr 2020 aufgrund des weiteren Wirtschaftsabschwungs im Zuge der Corona-Pandemie deutlich verstärken.
Insbesondere die Zulieferer, die mittlerweile bis zu 70 Prozent der Wertschöpfungskette der Automobilbauer abdecken, stehen unter Druck. Um Lagerkapazitäten zu reduzieren und Liquiditätsflüsse zu optimieren, arbeiten diese überwiegend auf dem Just-in-Time Prinzip, bei dem die zur Weiterverarbeitung benötigten Güter kurz vor der Verarbeitung geliefert werden. Ein Prinzip, welches auf eine ungebrochene Lieferkette setzt, und somit aufgrund der ergriffenen Pandemie-Massnahmen schnell in sich zusammenbrach.
Herausforderungen nehmen zu
Neben den ungelösten Fragen rund um den Ausstieg Grossbritanniens aus der EU und den damit verbundenen Absatzrisiken, steht der Sektor noch immer vor der Bewältigung der Folgen aus dem Dieselskandal und den steigenden Klimaschutz-Vorgaben. Sollte sich im Herbst Donald Trump zudem eine zweite Amtszeit im Weissen Haus sichern, dürfte auch der Export in die USA verstärkt unter Druck geraten.
Ein weiteres, neues Phänomen, das im Zuge der Corona-Krise entstand, ist der vermehrte Einsatz von Videokonferenzen für Geschäftstermine. Vor Ausbruch der Pandemie waren etwa zwei Drittel aller Reisen geschäftlichen Ursprungs. Sollten Unternehmen künftig verstärkt auf die Neuen Medien als Mittel der Wahl setzen, dürfte auch dies nicht unbemerkt bei den Autobauern bleiben. Immerhin sind mehr als 60 Prozent der in Deutschland neu zugelassenen Fahrzeuge gewerblichen Ursprungs.
Tesla auf Gewinnkurs
Wie in jeder Krise gibt es auch einen Gewinner – die Elektromobilität im Generellen und der Branchenpionier Tesla im Besonderen. So hat zum Beispiel die deutsche Regierung ein Konjunkturpaket aufgegleist, das den Kauf von reinen Elektrofahrzeugen mit 6000 Euro bezuschussen soll. Darüber hinaus kommen noch andere Faktoren zum Tragen, die Konsumreize setzen dürften. Beispielsweise die Verlängerung der Steuerbefreiung von Elektrofahrzeugen.
Tesla hat sich unterdessen mit seinem neuen Model 3 zum Weltmarktführer beim Verkauf von Elektrofahrzeugen entwickelt und die Verkäufe zum Vorjahr um 50 Prozent steigern können. Mit nunmehr fast 368'000 verkauften Elektrofahrzeugen im letzten Jahr, konnte sich Tesla klar an seinem Hauptkonkurrenten BYD aus China mit 229'000 verkauften Autos auf den ersten Platz vorbeischieben.
Dass die europäische Konkurrenz aktuell nur eine untergeordnete Rolle im Zukunftsmarkt Elektromobilität spielt, belegen die kombinierten Verkaufszahlen von BMW, Volkswagen, Renault und Volvo. Summiert liegen sie bei 309'000 verkauften Wagen im 2019 – noch unter den Verkaufszahlen von Tesla allein.
Auch beim Börsenkurs schlägt Tesla die Konkurrenz um Längen und legt seit Jahresbeginn um satte 130 Prozent zu. Nur die chinesische BYD kann mit einem Plus von 46 Prozent eine positive Entwicklung vorweisen. Die europäische Konkurrenz liegt mit einer Performance von minus 25 Prozent und mehr deutlich dahinter.