Der Mangel an Arbeitskräften führt bei vielen Betrieben zu einer Überlastung der Mitarbeitenden. Das ist das Resultat einer Umfrage bei 2500 Schweizer Firmen, welche die Grossbank UBS durchführen liess.

Konkret hat der Fachkräftemangel bei über 80 Prozent der Grossfirmen und bei rund 70 Prozent der KMU die Folge, dass die bestehende Belegschaft überlastet ist. «Das muss uns alarmieren», sagte UBS-Ökonom Alessandro Bee am Dienstag vor den Medien.

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Denn diese Überlastung könnte laut dem Experten hohe Kosten verursachen. Es drohe eine Motivationskrise und sogar ein Rückzug von Arbeitnehmern aus der Arbeitswelt. «Sollte dies im grösseren Stil geschehen, müssten die Firmen ihre Produktion anpassen.» Heute ist dies für rund ein Fünftel der Firmen ein Thema.

Firmen machen Abstriche bei Qualifikationsprofil

Wie akzentuiert der Schweizer Arbeitskräftemangel heute schon ist, zeigte die Umfrage ebenfalls. Demnach hat nur ein Viertel der Firmen keine Mühe, offene Stellen zu besetzen. Die grosse Mehrheit muss hingegen bei der Suche nach Mitarbeitern Abstriche beim Qualifikationsprofil machen oder findet gar keine Leute.

Ob Ärzte oder Maurer gesucht werden, macht dabei laut Bee keinen Unterschied: «Es fehlt an Akademikern und Handwerkern.»

Ältere sollen weiterarbeiten

Mit einer Entspannung des Arbeitskräftemangels rechnen die befragten Firmen nicht. Im Gegenteil befürchten viele, dass es noch schlimmer wird. Und auch Experte Bee geht davon aus, dass der Schweiz bis Ende des Jahrzehnts 200'000 bis 300'000 Arbeitskräfte fehlen könnten.

Massnahme Nummer 1 bei den Unternehmen ist es, die Attraktivität der eigenen Firma für Arbeitnehmende zu steigern. Bee kann dies nachvollziehen. Volkswirtschaftlich bringe ein gegenseitiges Abjagen der Talente aber wenig.

Dies sei bei den anderen von den Firmen genannten Massnahmen anders: etwa ältere Angestellte länger im Arbeitsprozess zu behalten oder aus Teilzeitlern Vollzeitler zu machen.

Ausländer nicht die Lösung

Erstaunlich sei, dass die vermehrte Rekrutierung im Ausland und die Verlagerung der Produktion in Regionen mit besserem Arbeitskräfteangebot bei den Firmen nicht im Vordergrund stünden. Bei der Verlagerungs-Thematik gebe es allerdings grosse Unterschiede.

So werde in der Metallindustrie diese Option von rund einem Fünftel genannt, in der Pharmaindustrie auch von mehr als 10 Prozent. «Aber das typische Schweizer Unternehmen ist ein kleiner Dienstleistungsbetrieb, und der kann nicht verlagern», erklärt sich Bee das Resultat.

Risiko in den USA

Alles in allem könnte der Arbeitskräftemangel laut Bee auch Folgen auf das Wachstumspotenzial der Schweizer Volkswirtschaft haben und die hohe Innovationsfähigkeit des Landes beeinträchtigen. Kurzfristig erwarten die UBS-Ökonomen mit einem Plus von 0,8 Prozent in diesem Jahr und einem Anstieg von 1,3 Prozent im 2024 auch schon unterdurchschnittliche Wachstumsraten.

Dies ist allerdings primär die Folge der nicht mehr so rund laufenden Weltwirtschaft und der steigenden Gefahr einer «milden bis halbholprigen Rezession in den USA», wie Daniel Kalt, Chefökonom Schweiz der Grossbank, sagte. Die hiesige Industrie habe daher einen «zyklischen Durchhänger».

Insgesamt hätten sich die konjunkturellen Risiken aber zurückgebildet, wurde betont. Die Kerninflation sei hierzulande zwar hartnäckiger als erwartet, gleichwohl habe die Inflation ihren Zenit überschritten. In Zahlen wird für 2023 eine durchschnittliche Teuerung von 2,5 Prozent und für 2024 von 1,7 Prozent erwartet.

(awp/mth)