Die Corona-Pandemie trifft die Schweizer Wirtschaft hart. Die Ökonomen der UBS rechnen damit, dass das Bruttoinlandsprodukt in diesem Jahr um 4,6 Prozent einbrechen wird. Gleichzeitig gehen sie davon aus, dass die Rezession «U-förmig» verlaufen wird: Nach dem Einbruch im zweiten und dritten Quartal könnte sich die hiesige Wirtschaft gegen Ende des Jahres wieder erholen. Sofern es nicht zu einem zweiten Lockdown durch eine zweite Infektionswelle kommt.
Andere Volkswirtschaften belastet die «verordnete globale Coronarezession» – wie die UBS-Experten die Eindämmungsmassnahmen gegen Pandemie nennen – weitaus stärker: Für die USA prognostizieren sie ein negatives Wirtschaftswachstum von 6,8 Prozent, für die Eurozone erwarten sie minus 6,1 Prozent.
Die Wirtschaftspolitik federe die Folgen der Stilllegung hierzulande gut ab, hilfreich sei vor allem das Kurzarbeitergeld, erklärt Chefökonom Daniel Kalt. Bisher wurden für 1,85 Millionen Schweizer Arbeitnehmende Kurzarbeit beantragt, das entspricht 36 Prozent der Beschäftigten. Fast eine Million Beschäftigte beziehungsweise 18 Prozent befinden sich derzeit schon in Kurzarbeit.
«Verlorenes Jahrzehnt» verhindern
Die Arbeitslosigkeit werde im wahrscheinlichsten «U-Szenario» zwar auf rund 4 Prozent in diesem und nächstem Jahr ansteigen, aber von einer langen Rezession mit hoher Arbeitslosigkeit gehen die Experten derzeit nicht aus. Eine solche schlimme Rezession erlebte die Schweiz zuletzt in den 1990er Jahren, die durch langanhaltende Stagnation und sehr hohe Arbeitslosigkeit mit dramatischen sozialen Folgen geprägt waren. Die Nineties gelten daher auch als «verlorenes Jahrzehnt».
«Diese Rezession ist einzigartig», betont UBS-Ökonom Alessandro Bee: «Jeder jetzt in den Aufschwung investierte Franken ist gut investiert.» Die Corona-Rezession werde zwar sehr tief, aber nun gehe es darum, dass aus dem «U» und kein «L-Szenario» wird – also keine langanhaltende Rezession mit hoher Arbeitslosigkeit. «Die Wirtschaftspolitik hat eine gute Grundlage gelegt, dass der Konsum nach dem Lockdown wieder anzieht und sich die hiesige Wirtschaft erholt», sagt Bee.
Es gibt noch etwas in der Rückhand
Die UBS-Ökonomen loben das Fiskalpaket des Bundes über insgesamt 62 Milliarden Franken – das entspricht 9 Prozent des BIP. Andere Staaten greifen weit tiefer in die Tasche: In Deutschland beträgt das angekündigte Hilfspaket über 30 Prozent der Wirtschaftsleistung, wenn auch grösstenteils in Form von Kreditgarantien; in Grossbritannien und Frankreich sind es jeweils etwas mehr als 15 Prozent. Sollte es hart auf hart kommen, bestehe aber in der Schweiz noch Spielraum für weitere Massnahmen. Laut UBS liegen bis zu 125 Milliarden drin, also das Doppelte des aktuellen Programms: Erst danach würde Schweiz ihr AAA-Rating riskieren, also ihre Spitzen-Bonität an den internationalen Finanzmärkten.
Die Corona-Krise werde die Welt verändern, resümiert UBS-Chefökonom Kalt. Staaten, Unternehmen und Privathaushalte werden sehr viel höher verschuldet sein. Vor allem Firmen werden daher langfristig weniger investieren, die Menschen werden weniger konsumieren. Die Folge: ein dauerhaft niedriges Wirtschaftswachstum.
Gewinner: Pharma, IT, Healthcare
Gleichzeitig werde sich der Strukturwandel in der Schweiz beschleunigen: «Bereits vor der Krise bestehende Trends werden nun verstärkt. Als Gewinner werden die Pharma-, IT- und Gesundheitsindustrie hervorgehen. Die Wachstumsaussichten in bisherigen Problembranchen wie der Hotellerie und Gastronomie sowie teilweise dem Detailhandel und den Medien sind schlecht», sagt Daniel Kalt.
Zudem rechnen die Experten mit einer weniger globalisierten Welt. Für viele Unternehmen war es ein Schock zu sehen, wie gross die Abhängigkeit von internationalen Lieferketten ist. Künftig dürften die Firmen mehr Puffer einführen, indem sie die Produktion näher zurückholen. Das verringert zwar die Effizienz und Produktivität, aber die Produktion wird sicherer.