Die Nachricht liess aufhorchen. Die ehemalige Wirtschaftsmacht Japan, die in den 1980er-Jahren auf dem Weg schien, selbst die USA zu überholen, wurde von Deutschland als drittgrösste Volkswirtschaft abgelöst. Zwar hat das Ranking der Länder nach Bruttosozialprodukt so gut wie keine reale wirtschaftliche Bedeutung für die Menschen. Doch die tiefer liegenden Gründe für den Abstieg Japans haben starke Auswirkungen auf das Leben der Japanerinnen und Japaner.

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Der Hauptgrund für Japans Rückfall hinter Deutschland ist der schwache Yen. Der Wert des Yen zum Dollar hat sich in zehn Jahren halbiert. Neben einer geringeren Grösse der Volkswirtschaft in Dollar hat dies zur Folge, dass die Preise für importierte Waren steigen und sich immer weniger Menschen Ferien im Ausland leisten können. Vorbei sind die Zeiten, in denen japanische Touristengruppen vor dem Berner Zytglogge auf die nächste volle Stunde warteten. Heute kommen die ostasiatischen Gäste stattdessen aus China oder Korea.

Unterschiedliche Preise für Auswärtige und Einheimische?

Im Inland kämpfen die Menschen mit den höheren Lebenskosten und schränken ihre Ausgaben ein. Während der ausländische Tourismus in Japan wegen des schwachen Yens boomt, werden Hotelübernachtungen für Einheimische zu teuer. Bereits gibt es Überlegungen, unterschiedliche Preise für Auswärtige und Einheimische einzuführen, wie es oft in Schwellenländern praktiziert wird.

Der Privatkonsum, der in Japan über die Hälfte der Wirtschaft ausmacht, ging in den letzten drei Quartalen zurück, weil die Löhne nicht mit der Teuerung mithalten. Die Regierung drängt bei den Firmen auf Lohnerhöhungen, um den Konsum anzukurbeln, hat aber damit nur geringen Erfolg. Es gibt keine Anzeichen, dass die Jahrzehnte anämischen Wachstums seit dem Platzen der Blasenökonomie Anfang der 1990er-Jahre bald enden könnten. Vielmehr rutschte Japan Ende 2023 sogar in eine technische Rezession, wovon man spricht, wenn eine Volkswirtschaft zwei Quartale in Folge schrumpft.

Dilemma für die japanische Zentralbank

Die japanische Zentralbank, die den Leitzins seit über zwanzig Jahren extrem tief hält, befindet sich damit in der Klemme. Eigentlich müsste sie die Zinsen erhöhen, um die Teuerung zu dämpfen und den Yen zu stärken. Doch damit könnte das Land tiefer in die Rezession abgleiten. Dazu kommt die Staatsverschuldung von über 200 Prozent der Wirtschaftsleistung, die kaum höhere Zinsen ertragen würde. Denn schon heute geht ein guter Teil des Haushalts in den Schuldendienst.

Mit der schrumpfenden und alternden Bevölkerung wird Japans Abstieg langfristig ohnehin weitergehen. Bereits 2026 dürfte auch Indien an Japan vorbeiziehen.