Frankreich, die zweitgrösste Volkswirtschaft der EU, übertrifft nicht nur Deutschland, sondern die gesamte Eurozone. Und zwar trotz monatelangem Handelsstreit und einer schwächeren globalen Dynamik. Teilweise ist dies auf die geplanten Steuersenkungen und eine geringere Abhängigkeit von Exporten zurückzuführen, aber die Reformen von Präsident Emmanuel Macron zeigen auch erste Früchte. Sie zielen darauf ab, längerfristiges Wachstum zu fördern.

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Dies zeigt sich etwa in den robusten Firmen-Investitionen, die nach den Unternehmenssteuersenkungen von Macron und dem Anstieg der Beschäftigung nach Änderungen der Arbeitsgesetze getätigt wurden. Das Stellenwachstum ist derart schnell, dass Ökonomen es kaum erklären können. Der Chefökonom der französischen Zentralbank, Olivier Garnier, bezeichnete es kürzlich als «bemerkenswert».

«Was die Wirtschaftspolitik betrifft, geben wir Frankreich gute Noten», sagt Florian Hense, Ökonom bei Berenberg Europa. «Ob es nun Deutschland in den frühen 2000er Jahren oder Frankreich ist, der Arbeitsmarkt ist eigentlich der Schlüssel für alle Wirtschaftsbereiche.»

Erholung auf der einen, Rezession auf der anderen Seite

Die Erholung der französischen Wirtschaft parallel zur beginnenden Rezession in Deutschland könnte breitere politische Auswirkungen auf Europa haben. Denn Macron gewinnt damit politisches Kapital, um seine Agenda weiter voranzutreiben. Dazu gehören eine aktivere Industriepolitik und die Schaffung von «European Champions» im Wettbewerb mit den USA und China sowie eine stärkere Lastenverteilung zwischen den Mitgliedstaaten der EU.

Der französische Staatschef war bereits teilweise erfolgreich, als er eine Einigung über einen Haushalt für die Eurozone – wenn auch weitaus kleiner als seine ursprünglichen Ziele. Aber das Selbstvertrauen in Paris ist so hoch, dass die französischen Stimmen wieder lauter werden, Deutschland solle über seine Finanzpolitik nachdenken.

Im dritten Quartal legte die französische Wirtschaft um 0,3 Prozent zu, wobei die Inlandsnachfrage eine wichtige Rolle spielte. Derweil belastet die schwache Industrie die deutsche Konjunktur.

Frankreich wird auch für ausländische Investitionen wieder attraktiver. Denn die französische Wirtschaft ist dem Welthandel und seinen Schwankungen weniger ausgesetzt als Deutschland.

EZB-Geldpolitik begünstigt Frankreich

Laut Axa-Chefökonom Gilles Moec spielt Frankreich auch die extrem lockere Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) in die Hände. Im Gegensatz zu Deutschland werden die dortigen Investitionen grösstenteils durch Kredite finanziert. Dies fördere letztlich das Wirtschaftswachstum.

Auch wenn Frankreich gerade etwas im Aufwind ist, hat es noch einen langen Weg vor sich, um sich wirtschaftlich wirklich mit Deutschland messen zu können.

Ein grosser und kostspieliger öffentlicher Sektor stoppt die Widerstandsfähigkeit Frankreichs – der Staat verschlingt jährlich 56 Prozent der Wirtschaftsleistung, in Deutschland sind es 45 Prozent. Die Staatsverschuldung Frankreichs ist entsprechend hoch: fast 100 Prozent des BIP.

Auch die Arbeitslosigkeit sinkt zwar, aber sie ist immer noch mehr als doppelt so hoch wie in Deutschland.

Die französische Regierung weist auf die Qualität der Arbeitsplätze hin. Entscheidend sei, dass der Anteil neuer Arbeitsplätze mit stabilen, unbefristeten Verträgen gestiegen ist, seit Macron die Arbeitsgesetze geändert hat.

Günstiges Wirtschaftsumfeld schaffen

Die Regierung will ein günstigeres Umfeld für die Wirtschaft schaffen und plant Vermögenssteuern und die Unternehmenssteuer zu senken. Nicht nur die Investitionen steigen, auch die Zahl der Neugründungen ist seit der Wahl von Macron auf Rekordniveau gestiegen.

Die fünfjährige Amtszeit von Macron ist erst zur Hälfte vorbei. Seit Anfang des Monats gelten die Änderungen bei der Arbeitslosenunterstützung, welche die Arbeitnehmer ermutigen soll, Jobs anzunehmen, und die Arbeitgeber, bessere Verträge anzubieten. Der Präsident beginnt auch mit einer umfassenden Reform des Rentensystems, die es den Arbeitnehmern theoretisch ermöglichen würde, mobiler zu sein.

Darüber hinaus erwägt die Regierung weitere Steuersenkungen für in Frankreich produzierende Unternehmen und Änderungen in strategischen Sektoren, in welche der Staat investiert.

(bloomberg/mlo)