Die Schweizerische Nationalbank (SNB) vermeldet fürs erste Halbjahr einen Verlust von 95,2 Milliarden Franken. Derzeit scheint es unwahrscheinlich, dass dieser Verlust im zweiten Halbjahr wettgemacht wird. Der Franken-Euro-Wechselkurs sinkt langsam, aber stetig (derzeit bekommt man für 1 Euro nur noch 97 Rappen), und auch die Börsenkurse wollen sich nicht erholen. Doch trotz seiner schwindelerregenden Höhe: Für die SNB und ihre Geldpolitik ist der Verlust verkraftbar.
Sorgen machen sich derzeit vielmehr die Kantone. Sie fürchten – zu Recht –, dass sie 2023 nicht in den Genuss der Gewinnausschüttung der SNB kommen werden. Zuletzt waren dies jährlich insgesamt 4 Milliarden Franken. Seit 1993 gingen Bund und Kantone erst einmal, 2014, leer aus. Da die Kantone inzwischen mit den Ausschüttungen in Millionenhöhe budgetieren, wird da und dort bereits über Steuererhöhungen gemunkelt.
Die Debatte wirft einmal mehr die Frage auf, wie Bund und Kantone die SNB-Gewinne am besten verwenden. Dass die öffentliche Hand mit den Nationalbankgewinnen rechnet, ist an sich korrekt. Denn: Es ist zu erwarten, dass die SNB mit einer Bilanz von 990 Milliarden Franken in der Regel Gewinne erzielt. Jedes Jahr so zu tun, als wäre man völlig überrascht vom verspäteten Weihnachtsgeschenk der SNB, wäre falsch.
Eine bessere Verwendung für die SNB-Gewinne
Dass bei der Diskussion ums Ausbleiben der SNB-Millionen in den Kantonen sogleich das Gespenst der Steuererhöhungen umgeht, scheint mir jedoch suboptimal: Manche Kantone haben sich und ihre Steuerpolitik offenbar unbemerkt in eine prozyklische Abhängigkeit begeben. Denn die SNB schreibt üblicherweise in (sehr) schlechten Börsenjahren Verluste. Die Gründe mögen vielfältig sein, meist geht es der Wirtschaft in diesen Zeiten nicht blendend (so übrigens auch 2014 und 2015, als sich die konjunkturelle Lage in der Schweiz eintrübte und das BIP im ersten Quartal 2015 schrumpfte). Im derzeitigen inflationären Umfeld wären generelle Steuererhöhungen sicherlich besonders schmerzhaft.
Da wir wissen, dass die SNB mittel- bis langfristig Gewinne schreibt, scheint mir eine Zweckbindung an mittel- bis langfristige Projekte und Investitionen sinnvoller. Auf Bundesebene wäre da zum Beispiel die Idee, die SNB-Gewinne der AHV zukommen zu lassen. Der Löwenanteil der AHV wird auch in Zukunft durch Lohnbeiträge finanziert werden müssen, und die kurzfristigen Ausgaben dürfen nicht von volatilen Nationalbankgewinnen abhängig sein. Doch die Gelder können als Sicherheitspolster dienen, nicht verwendete Gewinne würden in der AHV verbleiben und Schwankungen bei den Gewinnausschüttungen der SNB würden über die Zeit gemittelt.
3 Kommentare
“Da wir wissen, dass die SNB mittel- bis langfristig Gewinne schreibt…”
Ja… aber diese Gewinne fallen grossmehrheitlich nicht in CHF an. Die Gewinne in CHF werden nach Aufhebung der Negativzinsen den Betriebsaufwand nicht decken. Dieser Betriebsaufwand wird somit künftig durch Anhebung der Notenbankgeldmenge finanziert.
Ausschüttungen in Schweizerfranken an die Allgemeinheit ist in Ordnung. Aber nur in der Höhe, welcher auch in CHF realisiert wurde.
Sollte die SNB ihre Fremdwährungsanlagen zurückfahren würde dies erstmal zu einer Reduktion der Notenbankgeldmenge führen. Wenn man solchen Verkäufen einen Gewinn von 10% zuteilen würde, müssten Verkäufe von Anlagen in der Höhe von umgerechnet 20 Mrd. getätigt werden, um 2 Mrd. auszuschütten, damit die Auszahlung nicht durch Notenbankgeld finanziert würde.
Das Risiko, dass genau dies von der Politik verlangt werden könnte ist bei versprochenen CHF an die Allgemeinheit gross. Es würde einer Einschränkung der Unabhängigkeit der SNB entsprechen.
Der Klassiker schlechthin, die Politik in den Kantonen hat das mögliche Geld der SNB budgetiert... Kein Kommentar dazu. Aber womöglich ist das Geld schon ausgegeben bevor die Kant. Politik dieses auch wirklich erhält. Was für eine Finanzpolitik betreiben unsere gewählten Volksvertreter denn? Aber klar, es ist ja nicht ihr Geld. Es ist das Geld der Bevölkerung, der Steuerzahler. Einfach nur unverständlich um nicht zu sagen sehr frech liebe Volksvertreter.
Die von der Politik wiederholt geforderte und realisierte Unabhängigkeit der SNB führt zum aktuellen Finanzfeudalismus. Die von der SNB angehäufte Fremdwährungsbetrag verursacht langfristig mehr Verlust als die damit gewünschte CHF Abwertung. Wer will denn schon sein Eigenkapital freiwillig entwerten?