Die Schweizerische Nationalbank (SNB) will bei der Festlegung ihrer Geldpolitik berücksichtigen, wie hartnäckig die höhere Teuerung in der Schweiz ist. «Die zentrale Frage für uns ist: Was ist das Risiko einer Verfestigung der Inflationsrate?», sagte SNB-Vizepräsident Fritz Zurbrügg am Dienstag bei einer Veranstaltung der Schweizer Börse SIX.
Anzeichen dafür, dass die höhere Inflation in der Schweiz auf umfassenderen Faktoren wie etwa Lohnforderungen oder höheren Preiserwartungen in der Öffentlichkeit beruhe, ortet er nicht. «Wenn wir zurückschauen, was die Treiber sind von dieser Inflation - das sind vorübergehende Faktoren», erklärte Zurbrügg. Für die Teuerung macht er in erster Linie steigende Energiepreise und Lieferkettenprobleme verantwortlich.
Zurbrügg ortet keine Lohn-Preis-Spirale in der Schweiz
Eine Verbreiterung von preistreibenden Faktoren wie etwa in den USA und im Euro-Raum sehe er nicht, sagte der Notenbank-Direktor. «Also Lohnforderungen oder sogar Lohnanpassungen, die erfolgt sind.» Dies wäre eine Entwicklung, die eine Zentralbank sehr genau im Auge behalten müsste. «Weil wenn wir in eine solche Lohn-Preisspirale hineinkämen, das würde natürlich dazu führen, dass die Persistenz hoher Inflationsraten deutlich zunimmt», sagte Zurbrügg.
Die US-Notenbank Fed hatte angesichts rasant steigender Preise jüngst den größten Zinsschritt seit mehr als 20 Jahren vorgenommen und ein weiteres aggressiveres Vorgehen nicht ausgeschlossen. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat vor dem Hintergrund einer rekordhohen Inflation eine Ende der Negativzinsen im Juli signalisiert.
In der Schweiz ist die Teuerung im Vergleich zum Ausland moderat
In der Schweiz ist die Teuerung mit 2,5 Prozent im Jahresabstand im April vergleichsweise moderat. Die Konsumentenpreise stiegen damit allerdings so stark wie seit 2008 nicht mehr und stärker als von der SNB angepeilt, die zwischen null und zwei Prozent anstrebt. Die nächste Zinsentscheidung der Schweizer Währungshüter ist für den 16. Juni geplant.
Mit minus 0,75 Prozent hat die SNB derzeit den weltweit niedrigsten Leitzins. Zusammen mit der Bereitschaft, an den Devisenmärkten zu intervenieren, sind Negativzinsen seit mehr als sieben Jahren die Grundlage der SNB-Geldpolitik.
(reuters/mbü)