Mit 45 Prozent der Schweizer Exporte tragen kleine und mittlere Unternehmen (KMU) deutlich zum Aussenhandel und damit zum Wirtschaftswachstum bei. Der zunehmende Protektionismus und der eskalierende Handelsstreit könnten sich daher nicht nur auf Grossunternehmen, sondern auch auf KMU negativ auswirken.
Die Folgen von Zöllen und Handelshemmnissen hat die Credit Suisse genauer unter die Lupe genommen und dazu rund 560 Schweizer exportorientierte KMU befragt. Das Ergebnis der CS-Studie «Exporthürden in der Praxis»: Die Handelsschranken haben sich jüngst leicht verschärft, die befragten Unternehmen können damit aber mehr oder weniger umgehen.
Der Protektionismus hat weltweit seit 2009 zugenommen. So erstaunt das Ergebnis der Umfrage: Nur für 23 Prozent der Befragten hat sich das Exportgeschäft in den vergangenen fünf Jahren verschlechtert. Für etwa die Hälfte hat sich nichts verändert. Das liegt vor allem daran, dass nur wenige KMU in den wichtigsten europäischen Märkten auf Handelshemmnisse stossen.
Zudem können viele Firmen mit tarifären wie nichttarifären Handelsschranken offenbar ganz gut umgehen beispielsweise durch Partnerschaften in den Exportländern oder indem sie bestehende Freihandelsabkommen nutzen. 40 Prozent der KMU sind geringfügig von den Handelshürden betroffen. Das weitaus grössere Problem für die exportierenden Unternehmen ist der starke Franken sowie das hohe Preisniveau in der Schweiz.
Grösstes Problem für Schweizer Exporteure: hohe Preise und Wechselkurs
Seit 2009 ist der Anteil der gesamten Exporte weltweit, die von Handelsverzerrungen betroffen sind, von etwa 40 auf über 70 Prozent gestiegen.
Während der Zugang zum europäischen Markt weitgehend unbeschränkt ist, sieht es in den USA und China ganz anders aus: für die Hälfte der befragten Firmen hat sich der Export in beide Länder erschwert. Nach Russland und Brasilien zu exportieren, ist allerdings noch schwieriger.
Dabei sind vor allem Zölle sowie nichttarifäre Hindernisse wie Ursprungsnachweise oder Zertifizierungen ein Problem. Die grössten Nachteile ergeben sich für Export-KMU allerdings aus den hohen Preisen der eigenen Produkte sowie dem Wechselkurs.
Zunehmender Protektionismus in der Schweiz
Dabei ist die exportabhängige Schweiz nicht nur selbst vom zunehmenden Protektionismus betroffen. Um den eigenen Markt zu schützen, hat die Schweiz seither selbst eine Reihe handelsverzerrender Massnahmen ergriffen – etwa zum Schutz der Konsumenten.
Ein weiteres Beispiel: der erschwerte Zugang zum Arbeitsmarkt für ausländische Firmen ohne Schweizer Arbeitnehmer. Dieser betrifft vor allem deutsche und italienische Unternehmen, aber auch die Konkurrenz aus China und Japan.
Trübe Stimmmung
Die Credit Suisse hat einen Geschäftslageindikator für die Schweizer KMU-Wirtschaft erstellt. Demnach hat sich die Stimmung in den Firmen im verarbeitenden Gewerbe seit Jahresbeginn aufgrund der nachlassenden Exportnachfrage deutlich eingetrübt.
Auch die Stimmung in Grosshandel und Gastgewerbe ist schlechter geworden. Am positivsten blicken derzeit Bau- und Dienstleistungsfirmen in die Zukunft.
Im Vergleich zu den Grossunternehmen blicken KMU hierzulande aber viel positiver in die Zukunft. Der KOF-Geschäftslageindikator, welcher die Stimmung in Unternehmen misst, zeigt seit Ende 2018 nach unten.
Weniger Investitionen werden zum Problem
Die Ökonomen der Credit Suisse kommen zum Schluss, dass Schweizer KMU ebenso wie die Grossunternehmen bisher vor allem indirekt durch den Handelskonflikt zwischen China und den USA betroffen sind. Denn dieser wirkt sich massiv auf den wichtigsten Exportmarkt, Deutschland, aus. Auch die chinesische Wirtschaft belasten die US-Zölle.
Das grösste Risiko sieht Andreas Gerber, Leiter des KMU-Geschäfts bei der Credit Suisse, in der Unsicherheit durch den zunehmenden Protektionismus. Die Folge: Die Firmen sind nicht mehr bereit zu investieren. «Wenn Unternehmen nur noch abwarten, statt zu investieren, hat die Schweizer Wirtschaft ein Problem, da wir innovativ und wettbewerbsfähig bleiben müssen», sagt Gerber.