Der Juli 2016 war der heisseste Juli seit Beginn der Wetteraufzeichnungen im Jahr 1880. Aber der Juli ist in dieser Spitzenposition nicht allein. Auch alle anderen Monate seit Mai 2015 waren die wärmsten jemals gemessenen. Wissenschafter sind sich einig: Dieser Temperaturanstieg ist auf den Ausstoss von Treibhausgasen zurückzuführen, die Wärme in Bodennähe abfangen und durch menschliche Aktivitäten stark angestiegen sind.

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Diese Erkenntnis ist auch ein wesentlicher Treiber für die Lancierung der Volksinitiative «Für eine nachhaltige und ressourceneffiziente Wirtschaft (Grüne Wirtschaft)». Das Ziel der Initiative ist es, den ökologischen Fussabdruck der Schweiz bis ins Jahr 2050 so reduziert wird, dass er auf die Weltbevölkerung hochgerechnet eine Erde nicht überschreitet.

Drei zentrale Ansätze der Kreislaufwirtschaft

Um diese langfristige Vision zu erreichen, sieht die Initiative vor, das Prinzip der Kreislaufwirtschaft – oder die Wiederverwendung von Rohstoffen – in die Verfassung zu schreiben. Bei einer Kreislaufwirtschaft wird Gebrauchtes umgewandelt und möglichst wiederverwertet, um eine effizientere Nutzung von Ressourcen zu versprechen. Eine Kreislaufwirtschaft lässt sich allerdings nicht einfach auf das herkömmliche Recycling reduzieren. Sie erfordert vielmehr, dass der kreislauffähige Einsatz von Rohstoffen bereits beim Produktedesign berücksichtigt wird.

Im Grunde lassen sich dabei drei zentrale Ansätze unterscheiden: Erstens ist die Materialwahl zentral. Materialien sollten sich für einen Wiedereinsatz ohne Qualitätsverlust eignen; zweitens, die Nutzungsdauer der Produkte sollte verlängert werden, etwa durch ein intelligentes Produktdesign, das Reparatur ermöglicht. Und drittens, die Energieeffizienz sollte gesteigert werden. Die Produktion und Nutzung der Produkte soll so energie-effizient sein wie möglich. Diese Ansätze tönen intuitiv sinvoll, aber dennoch gibt es viele Gegner der Initiative zur Grünen Wirtschaft.

Ressourcenverzehr als Katalysator für die Wirtschaft

Zu den Gegnern der Initiative zählen die bürgerlichen Parteien, die Wirtschaftsverbände und nicht zuletzt der Bundesrat. «Zu viel in zu kurzer Zeit», lautet der Einspruch. Im Grunde wird dabei der Status Quo verteidigt: ein lineares Wirtschaftsmodell, in der die eingesetzten Rohstoffe eines Produktes nach der Nutzungsdauer entsorgt werden – eine «Wegwerfwirtschaft».

Somit ist der Ressourcenverzehr ein Katalysator für das Wirtschaftswachstum und die Langlebigkeit eines Produkts ein klarer Nachteil mit Blick auf den Warenumsatz eines Unternehmens. Es verwundert daher nicht, dass die Gegner der Initiative bei der Aussicht auf eine systematische Wiederverwendung von Rohstoffen «eine spürbare Reduktion des Wachstums» befürchten.

Kreislaufwirtschaft als Wachstumschance

Dass diese Angst nicht zwingend ist, hat die Beratungsfirma McKinsey bereits im Jahr 2013 festgehalten. Gemäss McKinsey dürfte der Übergang von einer Wegwerfwirtschaft zu einer Kreislaufwirtschaft für die Europäische Union (EU) sogar Kosten sparen. Somit hat McKinsey aufgezeigt, dass durch die Umsetzung der Prinzipien der Kreislaufwirtschaft die Ressourceneffizienz gesteigert und die Materialkosten der Produktion in der EU um 10 bis 25 Prozent gesenkt werden können.

Umgerechnet betragen diese Kostensparmassnahmen über EUR 600 Milliarden pro Jahr, was circa 3 Prozent der Europäischen Wirtschaftsleistung pro Jahr ausmachen. Nach dieser Analyse kann ein Kreislaufwirtschaftsmodell als zukunftsfähige Wachstumschance verstanden werden – und nicht als Kostenpunkt.

EU hat Chance bereits erkannt

Die EU hat diese Chance auch bereits erkannt. Im Dezember 2015 hat die EU ein Förderpaket zur Kreislaufwirtschaft verabschiedet. Diese Paket verfolgt das Ziel, die Europäische Wettbewerbsfähigkeit zu steigern, neue Arbeitsplätze zu schaffen und ein nachhaltiges Wachstum zu erreichen.

Die verabschiedeten Massnahmen sollten eine maximale Nutzung aller Rohstoffe, Produkte und Abfälle bewirken,  dabei Energieeinsparungen fördern und gleichzeitig die Treibhausgasemissionen reduzieren. Dieses Paket ist zukunftsweisend und lädt dabei alle Wirtschaftsteilnehmer und Investoren dazu ein, in die Kreislaufwirtschaft zu investieren.

Geschäft von Freitag ein überzeugendes Modell

Eine ähnliche Absicht hat auch die Schweizer Initiative zur Grünen Wirtschaft – das Thema Kreislaufwirtschaft als Wachstumschance darzustellen. Als herausragender Innovationsstandort hat die Schweiz gute Chancen, im Rahmen der Kreislaufwirtschaft eine wegweisende Rolle zu spielen. Beispiele gibt es bereits einige von Firmen, die seit langer Zeit auf Kreislaufdesign setzen – und dabei einen starken ökonomischen Erfolg geniessen. Vielleicht ist das bekannteste Schweizer Beispiel die Firma Freitag, welche hochwertige Taschen aus gebrauchten LKW-Planen herstellt.

Tatsächlich wird Freitag oft als Pionierin der Kreislaufwirtschaft zelebriert, weil die Gründer seit der ersten Tasche im Jahr 1993 kompromisslos das Thema verfolgen. Die Gründer glauben auch heute noch an das nächste Leben von Materialien, selbst wenn diese gemeinhin als Abfall angesehen werden. So werden LKW-Planen, Veloschläuche, Autogurten und auch rezykliertes PET Gewebe verwendete, um hochwertige, langlebige Taschen herzustellen. Mittlerweile produziert die Firma auch Textilien aus Bastfasern, welche mit minimalem Ressourceneinsatz produziert werden und komplett biologisch abbaubar sind.

Vergangenheit und Positionierung für die Zukunft

Das Geschäft von Freitag floriert seit 1993 und ist daher ein überzeugendes Beispiel dafür, wie die Innovationsfähigkeit der Schweizer Unternehmen in Bezug auf Ressourceneffizienz als Wachstumstreiber dienen kann. Denn die Intuition ist eigentlich klar: Wenn wir ressourceneffizienter arbeiten und unsere Abhängigkeit von knappen Rohstoffen verringern, können wir Wettbewerbsvorteile erzielen. Gleichzeitig boomt gerade auch die Nachfrage nach besseren, effizienteren Produkten und Dienstleistungen, was das Wachstums- und Beschäftigungspotential der Initiative weiter steigen lassen dürfte.

Schliesslich ist die Initiative zur Grünen Wirtschaft ein klares Signal an die globale Gemeinschaft, dass die Schweiz der beste Ort ist, um ein zukunftsorientiertes, ressourceneffizientes Unternehmen aufzubauen. Die Initiatve setzt ein Ziel für das Jahr 2050, welches mehr als dreissig Jahre vor uns liegt. Niemand kann bis dahin abschätzen, welche Fortschritte ressourcenschonende Innovationen machen werden. Aber man kann heute sehr wohl abschätzen, welche Politik vergangenheitsorientiert ist und welche die Schweizer Wirtschaft für die Zukunft positioniert.

* Robert Ruttmann ist Leiter des Kompetenzzentrums für Nachhaltigkeit an der Uni St. Gallen. Zuletzt arbeitete er als Direktor bei der Bank Julius Bär, wo er seit 2012 ein Team von Analysten im Investment Office geführt hat. Zuvor war Robert Ruttmann 7 Jahre bei der Credit Suisse tätig.