Das finnische Parlament debattiert im kommenden Jahr über einen Austritt aus der Währungsunion. Nach einem Volksbegehren mit mehr als 50'000 Unterstützern ist es nun dazu verpflichtet. «Die Unterschriften werden Anfang nächsten Jahres überprüft, die Parlamentsdebatte wird in den Monaten danach abgehalten», sagte die zuständige Parlamentsmitarbeiterin Maija-Leena Paavola am Montag in Helsinki.
Auch wenn ein Euro-Austritt als unwahrscheinlich gilt, so drückt sich in dem erfolgreichen Volksbegehren doch die wachsende Unzufriedenheit über die Mitgliedschaft in der Währungsunion aus. Grund dafür ist die Wirtschaftskrise. Finnland droht bereits das vierte Rezessionsjahr in Folge.
Schrumpfendes BIP
Im abgelaufenen Quartal schrumpfte das Bruttoinlandsprodukt mit 0,6 Prozent noch stärker als im angeschlagenen Griechenland. «Eigentlich sind wir der neue kranke Mann Europas», sagte Finanzminister Alexander Stubb.
Das Land leidet unter dem Niedergang des einst weltgrössten Handy-Herstellers Nokia und unter der Rezession beim Nachbar Russland. Hinzu kommt, dass die wichtige Papierindustrie unter der rückläufigen Nachfrage durch die zunehmende Digitalisierung ächzt. Vor dem Euro konnte Finnland seine Wettbewerbsfähigkeit durch gezielte Abwertungen der Landeswährung verbessern. Das geht nun nicht mehr.
Firmen wollen den Euro
64 Prozent der Finnen sind derzeit einer Umfrage des Eurobarometers zufolge für den Euro. Allerdings sind das fünf Prozentpunkte weniger als vor einem Jahr.
«Die schwedische Wirtschaft ist seit 2008 um acht Prozent gewachsen, während unsere um sechs Prozent geschrumpft ist», sagte der finnische Europa-Abgeordnete Paavo Vayrynen, der das Volksbegehren initiiert hat und der regierenden Zentrumspartei angehört. «Deshalb ist jetzt ein guter Zeitpunkt, um eine grössere Debatte anzustossen, ob wir in der Euro-Zone bleiben sollen oder nicht.»
Hohe Umstellungskosten
Einer Studie des Euro-skeptischen Instituts EuroThinkTank zufolge würde eine Rückkehr zur eigenen Währung etwa 20 Milliarden Euro kosten, sich aber langfristig bezahlt machen. «Ein Austritt wäre nicht einfach», sagte Ökonomie-Professorin Vesa Kanniainen, die dem Institut nahesteht.
(reuters/ise/hon)