Ist der grosse Handelsstreit vorbei? Wenn man die Schalmeienklänge aus Washington und Beijing hört, könnte man meinen, das Schlimmste sei jetzt bald überstanden. Die Welthandelsorganisation WTO beurteilt die Lage allerdings skeptischer: Sie erwartet, dass der globale Warenaustausch in diesem Jahr nur noch um 2,6 Prozent wächst; bislang war sie von 3,7 Prozent ausgegangen.
«Angesichts der enormen Handelsspannungen sollte sich niemand über diesen Ausblick wundern», sagte WTO-Generaldirektor Roberto Azevedo. «Der Handel kann seine Rolle als Wachstumstreiber nicht voll ausspielen, solange wir ein so hohes Mass an Unsicherheit haben.
Als Hauptrisiko nennt die WTO weiterhin den Handelskonflikt zwischen den beiden Wirtschaftssupermächten USA und China, die sich mit Strafzöllen überzogen haben. Hinzu kämen nun allerdings auch die von Washington angedrohten Importzölle auf Autos.
«Der Austausch zwischen den USA und China macht etwa drei Prozent des Welthandels aus», sagte ChefökonomRobert Koopman. «Der globale Automobilhandel macht aber etwa acht Prozent des Welthandels aus. Man kann sich also vorstellen, dass die Folgen der Auto-Zölle grösser sein werden.»
Risiko Donald Trump
Bekanntlich besteht das Risiko, dass US-Präsident Donald Trump in den nächsten Monaten Autozölle gegen die Europäische Union verhängt. Sollten die ohnehin schon grossen Spannungen dadurch noch zunehmen, könnte der Welthandel in diesem Jahr auch nur um 1,3 Prozent wachsen, warnte die WTO deshalb.
Zu den Risiken gehöre auch ein ungeordneter EU-Abschied Grossbritanniens. Umgekehrt könnte bei einer Lösung der Konflikte ein grösseres Plus von bis zu 4,0 Prozent herausspringen.
Im letzten Jahr hatte der weltweite Handel noch um 3,0 Prozent zugelegt. 2020 könnte es aber auch wieder einen Anstieg um 3,0 Prozent geben, so die WTO in einer positiveren Gesamt-Schluss-Note.