Der Schweizer Aktienmarkt gibt den zweiten Handelstag in Folge mehr als 5 Prozent nach. Angetrieben durch die Unsicherheiten rund um die US-Zölle setzte sich der Ausverkauf beim Leitindex SMI damit den dritten Tag in Folge fort. Dabei blieb keine Branche verschont, auch Firmen ohne US-Geschäft verloren teils deutlich an Wert.

Für heftige Bewegung sorgten am Nachmittag vor allem Gerüchte, dass US-Präsident Donald Trump die Zölle um 90 Tage aufschieben könnte und dass gerichtlich gegen die Zölle vorgegangen werde. Das «Weisse Haus» dementierte zumindest den Aufschub umgehend. Angetrieben durch die Gerüchte schoss der SMI zusammen mit den US-Märkten kurzzeitig in die Höhe, um dann aber fast umgehend wieder auf das Ausgangsniveau zurückzufallen.

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Ausserdem wurden die Märkte durch die Ankündigung von Trump verunsichert, dass er die Zölle gegen China ab dem 9. April um weitere 50 Prozent erhöhen werde, sollte China seine Gegenzölle nicht zurückziehen. Die Zollspirale zwischen den beiden Ländern scheint sich beschleunigt weiter zu drehen.

Die EU kündigte derweil an, dass sie bereit sei, mit der US-Regierung zu verhandeln. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen stellte ein Freihandelsabkommen mit den USA für Industriegüter in Aussicht. Die EU-Handelsminister einigten sich auf ihrem heutigen Treffen zudem darauf, dass bereits geplante Vergeltungszölle in Kraft gesetzt würden. Eine endgültige Einigung auf die Liste der betroffenen Waren soll am Mittwoch dieser Woche erfolgen.

SMI in bester Gesellschaft

Der Leitindex SMI verlor am Montag 5,16 Prozent auf 11'047,48 Punkte. Das Tagestief markierte der Schweizer Leitindex kurz nach Eröffnung bei 10'776 Punkten und schoss mit den Gerüchten über den Zoll-Aufschub auf bis zu 11'554 Punkte hoch - eine Bandbreite von fast 800 Punkten. Der SLI, in dem die 30 wichtigsten Aktien enthalten sind, fiel um 4,85 Prozent auf 1794,33 und der breite SPI um 4,90 Prozent auf 14'786,43 Zähler. Alle Werte im SLI schlossen den Handel mit klaren Verlusten ab.

Damit befindet sich der Leitindex SMI in guter Gesellschaft mit ausländischen Märkten. Der deutsche Dax (-4,3 Prozent), der französische Cac 40 (-4,8. Prozent) und der britische FTSE 100 (-4,6 Prozent) schlossen erneut deutlich tiefer. Zuvor hatten die asiatischen Börsen schon grosse Verluste verzeichnet, der Hongkonger Hangseng stürzte gar um 12 Prozent ab.

Unter den Blue Chips büssten Partners Group (-9,7 Prozent) am stärksten ein. Deutlich im Minus schlossen auch Givaudan (-8,2 Prozent) und Adecco (-8,0 Prozent). Adecco büsste damit seine Gewinne des laufenden Jahres wieder vollständig ein.

Sehr starke Einbussen gab es wie schon am Freitag auch bei den defensiven Schwergewichten Roche GS (-6,0 Prozent), Novartis (-5,3 Prozent) und Nestlé (-4,3 Prozent).

Zu den Titeln mit den geringsten Verlusten gehörten Lindt&Sprüngli (-2,5 Prozent) und UBS (-3,0 Prozent). Und auch Swisscom und Schindler gaben mit einem Minus von je 3,1 Prozent vergleichsweise wenig nach.

Gerüchte um Zoll-Aufschub

Die US-Aktienmärkte haben nach ihrem jüngsten Ausverkauf am Montag im frühen Handel ebenfalls wegen den Gerüchten massiv zwischen Minus und Plus geschwankt. Der Dow Jones Industrial sackte zunächst um bis zu 5 Prozent auf den tiefsten Stand seit Dezember 2023 ab, drehte plötzlich steil nach oben bis auf plus 2 Prozent und notierte zuletzt wieder 2,01 Prozent im Minus bei 37'544,33 Punkten.

Der von den grossen Technologieaktien dominierte Nasdaq 100 schaukelte zunächst ähnlich stark und büsste zuletzt 0,91 Prozent auf 17'239,69 Zähler ein. Der marktbreite S&P 500 rutschte um 1,4 Prozent auf 5'001,92 Punkte ab.

Die Verluste zum Start der neuen Woche fielen damit zwar etwas geringer aus als die vom Freitag, doch Experten mahnten zur Vorsicht. «Was wir sehen, ist eine technische Erholung nach einem sehr steilen Ausverkauf, aber es ist nicht unbedingt das Ende des Ausverkaufs», sagte Fiona Cincotta, Chefanalystin beim Broker City Index. «Damit das passiert, müssten grundlegende Veränderungen stattfinden.» Dies werde beispielsweise dann der Fall sein, wenn Trump einige Zölle zurücknehme, wenn die Zentralbanken unterstützend eingriffen oder wenn Anleger den Eindruck bekämen, dass die Weltwirtschaft trotz der Zölle gut dastehe.

Bei den Einzelwerten belastete ein Kursrutsch beim Bitcoin Aktien aus dem Kryptosektor. MicroStrategy, das als bedeutender Bitcoin-Halter bekannt ist, musste einen Rückgang von knapp elf Prozent hinnehmen. Krypto-Miner wie Riot Platforms und Mara Holdings erlitten Kursverluste zwischen gut neun und mehr als elf Prozent.

Die chinesischen Gegenzölle auf Importe aus den USA drückten indes die Aktien der US-Agrartechnikanbieter. Die Papiere von Unternehmen wie AGCO, Caterpillar und Deere verloren zwischen knapp vier und fünf Prozent. Die Volksrepublik ist der größte Absatzmarkt für amerikanische Agrarprodukte.

Kryptos rutschen ab

Der Bitcoin hat ebenfalls wegen der anhaltenden Unsicherheit infolge des US-Zollpakets weiter kräftig nachgegeben. Am Montag rutschte der Kurs im frühen Handel deutlich unter die Marke von 80'000 Dollar. Gegen 7 Uhr kostete die weltweit älteste und bekannte Digitalwährung nur noch knapp 77'000 Dollar und baute damit die jüngsten Kursverluste aus. Vor der Ankündigung von US-Präsident Donald Trump am Mittwochabend, die Welt mit Zöllen zu überziehen, war ein Bitcoin noch rund 87'000 Dollar wert.

Trump gilt eigentlich als Förderer von Digitalwährungen, allerdings konnte er bisher die Hoffnungen der Krypto-Anhänger nicht erfüllen. So hatte der Bitcoin just am Tag seiner Amtseinführung mit mehr als 109'000 Dollar seinen bisher höchsten Stand erreicht. Seitdem ging es unter anderem wegen der Unsicherheiten infolge der US-Zollpolitik bergab. Allerdings liegt der aktuelle Kurs noch etwas mehr als zehn Prozent über dem Niveau, das der Bitcoin vor der Wahl Trumps Anfang November innehatte.

Historische Verluste

Insgesamt bewegen sich die Verluste in der Grössenordnung von anderen grossen Schock-Ereignissen an den Börsen in den letzten zwei Jahrzehnten. Zuletzt büsste der SMI zu Beginn der Corona-Krise an einzelnen Tagen 5 Prozent oder mehr ein. Am 12. März 2020 resultierte sogar ein Minus von 9,6 Prozent an einem einzigen Tag, nachdem weltweit Reisebeschränkungen verhängt worden waren.

Auch die Aufhebung der Franken-Untergrenze schickte die Börsen im Januar 2015 in den Keller. Am 15. Januar ging es 8,7 Prozent abwärts und einen Tag später noch einmal 6,0 Prozent.

Für grosse Verwerfungen sorgte auch die Finanzkrise im Oktober 2008, ausgelöst durch die Pleite der Investmentbank Lehman Brothers am 15. September. Am 6. Oktober büsste der SMI damals 6,1 Prozent ein und wenige Tage später am 10. Oktober noch einmal 7,8 Prozent.

Vergleichbar stark waren die Einbussen auch beim Platzen der Dotcom-Blase Anfang der 2000er-Jahre. Auch damals ging es an mehreren Handelstagen 5 Prozent abwärts. Das grösste Minus war am 11. September 2001 mit 7,1 Prozent zu verzeichnen.

(awp/dob)