Man kann von Ökonomen und Ökonominnen halten, was man will. Und ich muss zugeben: Das Festhalten am Modelldenken wirkt manchmal realitätsfremd, und gewisse Ideen sind überholt.
Dass jedoch selbst ihre Erkenntnisse zum Freihandel auf einmal ignoriert oder ausgeblendet werden, ist für die Ökonomenzunft eine Schmach sondergleichen.
Denn kaum eine Theorie ist breiter abgestützt und mit Daten untermauert als jene des Freihandels, wonach alle Volkswirtschaften gewinnen, wenn sie sich auf das konzentrieren, was sie am besten können, und miteinander Handel betreiben. Das zeigten schon die Urväter der Ökonomie, Adam Smith und David Ricardo, am Beispiel von portugiesischem Wein und britischen Textilien. Schutzzölle aber zerstören diese Früchte der globalen Arbeitsteilung.
In der Welt der Ökonomen und der ökonomisch Vernünftigen ist Zoll das hässlichste Wort.
Trumps Rückkehr ins Weisse Haus zeigt, dass Zölle längst wieder salon- und mehrheitsfähig sind. Dass selbst die Amerikanerinnen und Amerikaner, denen freie Marktwirtschaft und Wettbewerb so heilig sind, die Kosten und Nachteile dieser Handelshemmnisse nicht sehen oder sehen wollen, ist besonders verstörend. Trump findet Zoll das schönste Wort der Welt. Doch in der Welt der Ökonomen und der ökonomisch Vernünftigen ist es das hässlichste.
Natürlich hinterlässt der Freihandel auch Verlierer. Etwa die portugiesischen Textilarbeiter in Ricardos Beispiel – oder im aktuellen Fall die amerikanischen Industriebetriebe, die gegen die preisgünstige chinesische Konkurrenz kämpfen müssen. Aus der Optik der Waschmaschinenfabrik in Ohio mag ein Schutzzoll hilfreich sein, doch letztlich zahlen die Konsumentinnen und Konsumenten und damit alle die Rechnung in Form höherer Preise.
Joseph Schumpeter würde sich im Grab umdrehen.
Auch der US-Vorsprung im Produktivitätswachstum ist in Gefahr. Denn durch Schutzzölle werden Industrien und Unternehmen künstlich am Leben gehalten, die es nicht geschafft haben, durch innovative Produkte und Prozesse konkurrenzfähig zu bleiben.
Joseph Schumpeter, noch so ein aus der Mode gefallener Ökonom, der die schöpferische Kraft der Zerstörung im Kapitalismus pries, würde sich im Grab umdrehen.
Die USA sind nicht mehr der Hort des Liberalismus und der Freude am Wettbewerb. Die Zollfanatiker sollten sich an der Schweiz ein Vorbild nehmen: Hier ist die Ansicht weit verbreitet, dass die Frankenstärke ein Motor für mehr Innovation darstellt. Er hält uns fit und zwingt uns, bessere Produkte zu entwickeln und so wettbewerbsfähig zu bleiben.
Die Einführung von Zöllen aber ist das Gegenteil davon: Es ist ein Eingeständnis, dass man kein Vertrauen in die eigene Wettbewerbsfähigkeit hat.