Seit gestern Morgen arbeitet mein Geld endlich wieder ernsthaft für mich. Es ist das erste Mal, seit meine Grossmutter als Kind ein Sparbuch für mich angelegt hat. Bis auf eine kurze Phase mit 14, als ich feinsäuberlich die täglichen Kursschwankungen ausgewählter Aktien in eine Excel-Tabelle eintrug, hat mich die Vermehrung meines Geldes nie ausreichend interessiert.
Meine einzige echte Aktienerfahrung bestand darin, dass meine Eltern mich überredeten, für 19 Euro pro Stück ein paar Telekom-Aktien zu kaufen. Bis heute traue ich mich nicht, den Kurs zu googeln.
Hohe Hürden
Die Hürden, mein Geld in einem Fonds oder einer Lebensversicherung zu parken, erschienen unüberwindbar, ganz zu schweigen von der Frage, wie ich es von ein paar Zahlen auf meinem Konto in Aktien verwandle. Stattdessen schielte ich mit halbem Blick auf die Apple-Aktie, die über 700 Dollar stieg und seufzte eher theoretisch, dass ich bei einem Preis von 35 Dollar hätte einsteigen sollen.
Genau für Menschen wie mich gibt es jetzt Stash Invest. Die App - passenderweise sitzt das Team im Finanzzentrum New York - soll es im wahrsten Sinne des Wortes kinderleicht machen, zum Kleininvestor zu werden. «Unsere Nichten und Neffen sind Mitte 20 und investieren überhaupt nicht», erklärt David Ronick, einer der drei Gründer. «Das hat uns beunruhigt, schliesslich sind Aktien traditionell eine der besten Möglichkeiten, langfristig Geld zu machen.»
Will ich Militärkonzerne, Datenschützer oder Startups unterstützen?
Aber, gibt Ronick zu, die bisherigen Wege seien für Laien oft obskur und verwirrend. Niemand wisse da so richtig, wo er investiere und was sein Geld dort mache. Entsprechend investiert mehr als die Hälfte aller Amerikaner nicht an der Börse, bei den Millennials liegt die Zahl noch deutlich höher. Stash will das ändern und den Handel auf ein paar einfache Schritte reduzieren. Vor dem Start führten die Gründer Interviews mit hundert jungen Leuten und fragten sie nach den Gründen, warum sie vor der Börse zurückschrecken. Aus den Sorgen und Ängsten formten sie eine App, die sie fit für die Börse machen soll.
Stash fragt mich bei der Anmeldung nach meinen Lebensumständen, meinem Gehalt und wann ich das investierte Geld wieder nutzen will. Bin ich konservativ, moderat oder aggressiv in meiner Strategie? Will ich mein Geld lieber in grüne («Clean & Green»), heimische oder globale («Global Citizen») Unternehmen investieren? Will ich Militärkonzerne («Defending America»), Datenschützer oder Startups («Small but Mighty») unterstützen?
App empfiehlt Pakete
Investition soll die Persönlichkeit ab sofort genauso widerspiegeln wie der Instagram-Account und die Laptop-Marke. Die «Roll with Buffett»-Option gibt die Möglichkeit, Aktien von Berkshire Hathaway zu erstehen, dem Finanz-Konglomerat des legendären Wall Street Investoren.
Im Anschluss empfiehlt mir die App eine Auswahl auf mich zugeschnittener Pakete. Ich entscheide mich für das moderate Starterpaket und stecke meine 35 Dollar, mit denen ich vor fünfzehn Jahren eine Apple-Aktie hätte kaufen sollen, in einen Mix aus «Stashes» - ETFs, also börsengehandelten Investmentfonds, die das Geld in Unternehmensaktien und Anleihen investieren. Die Dividende meines neuen Portfolios liegt laut Stash bei 1,53 Prozent.
Nicht mehr nur die Muskeln sollen gestählt werden, sondern auch das Konto
Die beiden Gründer selbst haben einiges an Startup- und Finanz-Erfahrung im Portfolio. Ronick startete einst CreatorBox, eine Art Thinktank, der nach Wegen sucht, neue Technologien in Schulen und Unis einzusetzen. Co-Gründer Brandon Krieg steckt hinter EdgeTrade, einer Trading-Firma, deren Algorithmen so erfolgreich waren, dass das Startup vom Branchenriesen Knight Capital aufgekauft wurde. 1,5 Millionen Dollar hat Stash an Investorengeldern gesammelt, schon vor dem Start vor wenigen Wochen hatten sich 50'000 Nutzer in die Warteliste eingereiht.
Um über Stash zu investieren, reichen schon 5 Dollar, mit denen man Anteile an gestückelten Aktien erwirbt. Die Inspiration für das Konzept kommt laut Ronick von Fitness-Programmen, die darauf setzen, kleine Ziele zu setzen, um so die grossen Meilensteine zu erreichen. Nicht mehr nur die Muskeln sollen gestählt werden, sondern auch das Bankkonto.
Auch Facebook-Generation soll geködert werden
Dafür zahle ich Stash einen Dollar pro Monat, solange ich weniger als 5000 Dollar einsetze (was wohl noch eine Weile so sein wird), wer mehr investiert, zahlt 0,25 Prozent pro Jahr.
Auf Wunsch kann ich mir weitere Informationen zu meinem Mix aufrufen und schauen, wer sonst noch in dasselbe Paket investiert. Während mein Portfolio wächst, gibt mir die Apps Investment-Tipps. Lege ich mich zu sehr auf eine Branche fest, empfiehlt Stash etwa, stärker zu streuen. Und noch etwas darf natürlich nicht fehlen, um die Facebook-Generation zu ködern: Verknüpfe ich meinen Account mit meinen Kontakten, kann ich die Performance meines Portfolios ähnlich wie die morgendliche Jogging-Runde mit der meiner Freunde vergleichen.
Stash gibt es für iOS, eine Android-Version ist in Arbeit.
Dieser Artikel erschien zuerst auf Bold Economy – das umfassende Nachrichtenportal zur digitalen Revolution.