Sag zum Abschied leise «Ciao»? Das ist nicht jedermanns Stärke. Auch gefeuerte Top-Manager hauen am letzten Tag gerne noch einmal auf den Tisch – in der berühmten E-Mail an alle. Manche versuchen es mit radikaler Ehrlichkeit: «Ich habe mich entschieden, mehr Zeit mit der Familie zu verbringen. Kleiner Scherz – ich bin gefeuert worden», polterte zum Beispiel Andrew Mason, geschasster CEO des Internet-Coupondienstes Groupon im vergangenen Jahr.

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Sein Kollege Greg Smith von der Investmentbank Goldman Sachs dagegen rechnete gross ab. «Nach zwölf Jahren kann ich ehrlich sagen, dass es hier so destruktiv und toxisch zugeht wie im-mer», giftete der Manager in seiner Goodbye-Nachricht – und verriet ganz nebenbei, dass man die Kunden intern «Muppets» nenne, also Puppen. Daraufhin stürzte der Aktienkurs von Goldman Sachs ab und riss 2,15 Milliarden Dollar Marktwert mit sich. Ein letzter Gruss kann also viel Geld oder die zukünftige Karriere kosten. Wie aber schreibt man die Abschiedsmail richtig?

Treuepflicht gilt auch in letzter Mail

Grundsätzlich gilt: Ob freundlich oder böse – jeder Mitarbeiter hat ein Recht auf ein paar abschliessende Zeilen an die Kollegen. «Das ist vom Persönlichkeitsrecht gedeckt», sagt Gianni Fröhlich-Bleuler, Rechtsanwalt und Arbeitsrechtsexperte aus Zürich. Was allerdings nicht bedeutet, dass die letzte Mail ohne Rücksicht auf Verluste geschrieben werden kann. «Der Arbeitnehmer hat eine Treuepflicht gegenüber dem Arbeitgeber», sagt Fröhlich-Bleuler.

Und das bedeutet: Alles, was dem Unternehmen schaden könnte, ist tabu. Eine besonders heikle Gratwanderung ist die Abschiedsmail an Kunden. Einerseits muss sie verschickt werden, damit zukünftige Anfragen nicht ins Leere laufen, andererseits darf der Absender nicht dem Unternehmen schaden. Ein Beispiel: Informiert ein gekündigter Vermögensverwalter die Klienten über seinen Wechsel zu einer konkurrierenden Bank, ist es gut möglich, dass sie ihm dorthin folgen. Deshalb kann der Vorgesetzte dem Gekündigten in diesem Fall verbieten, seinen künftigen Arbeitgeber in der Abschiedsmail zu nennen. «Am besten wäre es, wenn sich beide Parteien über den Inhalt absprächen», empfiehlt Anwalt Fröhlich-Bleuler.

Ein ehrliches Dankeschön

Das Grundproblem bei all diesen Regeln ist: Die Gekündigten sind oft viel zu aufgewühlt, um sich daran zu halten. Vor lauter Wut und Frust lassen sie ihren Gefühlen zu freien Lauf. Da werden Kollegen beleidigt oder gegen das Unternehmen gewettert. Doch wer so handelt, schadet sich nur selbst, warnen Experten. «Gerade in der Schweiz trifft man sich schnell wieder», sagt André Schläppi, CEO von Grass & Partner, Zürich, einer führenden Outplacement-Beratung für Kader. I

n eine professionelle Abschiedsmail gehört also im Prinzip nur eines: Ein ehrliches Dankeschön. «Halten Sie die Mail kurz und knackig», fasst Berater Schläppi zusammen. Diese Empfehlung beherzigen jedoch nicht alle Firmenlenker. Als sich Kaspar Villiger zum Beispiel 2011 von der UBS verabschiedete, brauchte er dafür über 600 Wörter. Die Mitteilung las sich wie ein Geschäftsbericht und strotzte vor langweiligen Statements wie: «Die Investmentbank und das Asset-Management spielen als unerlässliche Erfolgsfaktoren eine Schlüsselrolle.»

Spekulationen vermeiden

Dabei ist es keinesfalls Pflicht, nur leere Floskeln zu dreschen. «Die Nachricht darf ruhig ein bisschen Wahrheit enthalten», meint Schläppi. Der Grund für den Weggang beispielsweise dürfe genannt werden, dann entstehe kein Raum für Spekulationen.

Soweit die perfekte Formulierung der finalen Mail. Allerdings betonen Businessexperten, dass ein professioneller Abschied mehr bedeutet, als einfach auf «Senden» zu drücken. «Nur eine E-Mail zum Abschied von nahen Kollegen ist eine Unsitte», findet Peter Näf, Karriereberater aus Zürich. Sich hinter einer kurzen «an alle»-Botschaft zu verschanzen, sei stillos und unprofessionell. Darüber hinaus hält der Coach diese Form des Abgangs für psychologisch unklug.

Denn wer es mit einem elektronischen Lebewohl bewenden lasse, versuche sich insgeheim zu schonen. «Zum Abschied gehört auch Schmerz», betont Näf. Er rät, wann immer möglich, sich von den Kollegen persönlich zu verabschieden. «Wer den Abschiedsschmerz verdrängt, indem er nur eine Mail schickt, hat oft viel länger daran zu nagen», betont Näf.