Sie sind Botschafter von Ready, einer Initiative der Jacobs Foundation für eine bessere Erziehung, Betreuung und Förderung von Kindern im Vorschulalter. Warum?
Milan Prenosil*: Das Thema ist mir wirklich ein Anliegen. Ich bin überzeugt, dass es unser hehrstes Ziel sein muss, dass sich jedes Kind seinem Potenzial entsprechend entwickeln kann - und das nicht nur, weil die Schweiz die Kinderrechtskonvention der UNO unterschrieben hat. Jedes Kind hat das Recht auf ein selbstbestimmtes Leben.
Ich hätte jetzt erwartet, dass Sie über Bildungsrenditen und Humankapital sprechen.
Mit diesen technischen Begriffen tue ich mich schwer. Menschen sind kein Material, aus dem man möglichst viel rausholen muss. Mir geht es um Chancengleichheit, darum, dass Menschen aus ihren Talenten das Beste herausholen können, und nicht darum, dass jeder seinen Beitrag ans Bruttosozialprodukt leistet.
Aber?
Ich sehe natürlich auch, dass die Schweiz in einem weltweiten Wettbewerb der Standorte steht. Meine Kinder sind an einer Fachhochschule und am Gymnasium, ich weiss, wie gross die Konkurrenz ist. Ich sehe das deshalb ganz pragmatisch: Wenn wir als Wirtschaft und Gesellschaft auch inskünftig ganz vorne mit dabei sein wollen, dann müssen wir schauen, dass alle Kinder, auch diejenigen aus bildungsfernen Schichten, ihr Potenzial entfalten können.
Ihre Frau ist Architektin. Wer hat Ihre Kinder betreut, als sie klein waren?
Meine Frau stellte auf Teilzeitarbeit um, als sie Mutter wurde. Zudem wurden wir, als die Kinder klein waren, bei der Betreuung von unseren Eltern unterstützt.
Wie haben Sie Ihre Kinder gefördert?
Ich masse mir nicht an, für alle zu sprechen. Aber wir haben uns - wenn immer möglich - mit unseren Kindern auseinandergesetzt, und zwar von klein an: Wir haben mit ihnen Büchlein angeschaut, wir haben ihnen vorgelesen, mit ihnen gebastelt. Später gingen wir in Ausstellungen, die ihrem Alter entsprachen. Ich denke, das ist das Wichtigste: Dass man die Kinder spielerisch an die Themen heranführt.
Warum braucht es mehr Angebote für kleine Kinder?
Es geht darum, die Chancen aller Kinder zu verbessern. Frühe Förderung steigert den schulischen Erfolg und führt zu einer besseren Integration in die Gesellschaft. Die Schweiz hat ein ausgezeichnetes Bildungssystem, aber der offizielle Bildungsauftrag beginnt erst mit der Einschulung in den Kindergarten. Für die Zeit davor gibt es zwar eine Vielfalt an Angeboten, aber wenig Kohärenz. Ich setze mich dafür ein, dass man sich in der Wirtschaft und in der Gesellschaft stärker mit den Fragen der frühkindlichen Erziehung und Betreuung auseinandersetzt.
Ihre Forderung nach einer Politik der frühen Kindheit liegt nicht im Trend. Der Wind weht in eine andere Richtung. Die SVP will keine «Staatskinder».
Ich bin ja auch nicht der Meinung, dass man daraus ein Diktat machen soll. Es geht um ein Miteinander von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Den Begriff "Staatskinder" finde ich schrecklich. Niemand will den Eltern ihre Kinder wegnehmen. Erziehung und Verantwortung sollen bei den Eltern bleiben. Das ist mir wichtig.
Was tun Sie als Unternehmer für eine möglichst gute Betreuung der Kinder Ihrer Mitarbeiter?
Bei Sprüngli gibt es einen Vaterschaftsurlaub von zwei Wochen.
Wie steht es mit der Kinderbetreuung?
Da haben wir in der Tat Nachholbedarf, aber wir arbeiten daran.
* Milan Prenosil ist Präsident von Sprüngli und gilt als Vorkämpfer für mehr Chancengleichheit.