Es gab eine Zeit, da träumten junge Menschen von einer Karriere bei der Bank. Nicht wegen des Geldes, wie Bankern so gerne unterstellt wird. Sondern weil ihnen die Welt offen stand: Dutzende spannende Abteilungen, Auslandjobs, die prickelnde Macht, Firmen oder reiche Familien zu beraten, ausserdem – ganz nebenbei – spannende Kollegen, Partys, Adrenalin. «Ja, es war cool», sagt einer, der heute nicht mehr dabei ist. Dann, ganz langsam, begann sich etwas zu verschieben. Und kippte irgendwann ganz: Banker ist kein angesehener Beruf mehr.

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2013 verliess fast jeder zehnte Angestellte der CS und der UBS freiwillig seine Stelle, wie den Geschäftsberichten zu entnehmen ist. Unzufrieden sind offenbar viel mehr: Satte 31 Prozent der Schweizer Banker würden einem Schulabgänger davon abraten, in die Finanzbranche zu streben, wie eine Umfrage des Branchenportals «Finews» zeigte. Das Banking steckt in der Krise – und mit ihm die Menschen, die dort arbeiten. «Hiermit kündige ich mein Arbeitsverhältnis auf den nächstmöglichen Termin», schrieb Peter Dettwiler – jener Banker, der es einst so «cool» fand – 2010 an seinen Arbeitgeber. Darunter setzte er noch seine Initialen, «P. D.», und weg war er. Der einst erfolgreiche und gut verdienende Banker macht heute etwas ganz anderes (siehe Porträt rechts). Wie viele andere auch.

«Ich war einst stolz auf meine Arbeit»

Der Exodus im Banking hat verschiedene Gründe. Einige sind individuell – die üblichen Umbrüche, Aufbrüche, Wechsel, die ein Leben mit sich bringen kann. Andere aber sind kollektiv: Vielen Angestellten machen die Sparprogramme der letzten Jahre, der steigende Druck, die teilweise schlechte Stimmung und nicht zuletzt der Prestigeverlust in der Öffentlichkeit zu schaffen. «Ich war einst stolz auf meine Arbeit», sagt die langjährige Bankerin Florence Cavadini (siehe Porträt rechts). «Nach 2008 wollte ich nicht mehr Teil sein dieses Systems.» Auch Cavadini, einst überzeugte und erfolgreiche Traderin, kündigte.

Offiziell wollen Vertreter verschiedener Banken nicht darüber reden, dass viele Leute kündigen – und oft nicht die schlechtesten. Inoffiziell bestätigen einige, dass sie mit Abgängen zu kämpfen haben. «Es gibt im Moment viel Unsicherheit in der Branche», sagt der HR-Experte einer Grossbank. «Das bleibt nicht wirkungslos.» In einigen Fällen sei das auch nicht zu vermeiden: Die Arbeit als Vermögensverwalter, im Investment Banking oder in Diensten wie der IT sei tatsächlich hart geworden. «Das können wir mit noch so viel Unterstützung nicht wegreden.» Sowohl die UBS als auch die Credit Suisse kündigten nach 2008 einen Stellenabbau an. Das habe den Umgangston in den Banken noch einmal verschärft, sagt Ex-Banker Dettwiler. Das viel konsultierte Portal «eFinancialCareers» widmete der gedrückten Stimmung in vielen Banken vor wenigen Monaten eine ausgiebige Analyse. Das Fazit: Hohe Arbeitsbelastung, weniger Beförderungschancen, Stress, Spott in der Öffentlichkeit und interne Gehässigkeiten unter Druck: «Banken werden immer mehr zur Schlangengrube.»

Keine Ahnung, was kommt

«Irgendwann», sagt Ex-Banker Dettwiler, «konnte und wollte ich einfach nicht mehr.» Viele Banker, mit denen die «Handelszeitung» gesprochen hat, empfinden ihren Umstieg rückblickend nicht als einfach. Bis sie den Schritt wagen, kämpfen viele von ihnen mit Ängsten. Sie fürchten sich vor Statusverlust, dem Abbruch sozialer Kontakte, vor finanzieller Unsicherheit, davor, andere zu enttäuschen oder gar jemandem zur Last zu fallen. Umso mehr, als viele irgendwann kündigen, ohne zu wissen, wie es weitergeht. Eine Tatsache, die in der sicherheitsbewussten Schweiz überraschen mag – die aber bei Umsteigern und Aussteigern der Normalfall ist, wie der Autor und Journalist Mathias Morgenthaler sagt. Morgenthaler porträtiert seit Jahren Menschen, die sich beruflich neu orientieren. Was alle diese Menschen gemeinsam hätten, sagt er, sei der Mut, loszugehen – auch wenn sie die Zukunft noch nicht sehen. «Es ist ein verbreiteter Irrglaube, dass Umsteiger und Aussteiger genau wissen, was sie wollen.» In den allermeisten Fällen wüssten sie nur eines: Dass es auf dem alten Weg nicht mehr weitergehen könne. «Viele haben erst mal keine Ahnung, was danach kommt», sagt Morgenthaler. «Aber sie sind bereit, das auszuhalten.»

Für die Banken könnte die drückende Stimmung in einigen ihrer Abteilungen langfristig zum Problem werden. Nachdem die UBS und die Credit Suisse traditionell die Liste der beliebtesten Arbeitgeber unter Schweizer Studienabgängern der Beratungsfirma Universum anführten, müssen sie sich inzwischen gegen Google und Nestlé geschlagen geben. Stattdessen holen Arbeitgeber wie Strategieberater, die Bundesverwaltung oder die SBB auf – weil Abgänger sich «Arbeitsplatzsicherheit und eine Balance von Arbeit und Freizeit» wünschten, wie Universum-Schweiz-Chef Yves Schneuwly letzten Sommer bei der Präsentation der Studie sagte. Viele der Wege, die Banken-Aussteiger wählen, bieten zwar genau diese Sicherheit nicht. Dafür aber endlich wieder mehr Gestaltungsfreiheit und Zufriedenheit. «Ich habe heute mühsamere Arbeitszeiten und eine härtere körperliche Belastung», sagt Ex-Traderin Cavadini, die sich zur Pflegefachfrau ausbilden lässt. «Aber es macht mir viel weniger aus.»