Der grösste Abräumer unter den Verwaltungsräten der Schweizer Konzerne ist 2014 Nestlé-Präsident Peter Brabeck-Letmathe gewesen. Sein Honorar von 6,3 Millionen Franken liegt aber deutlich unter dem Vorjahres-Höchstwert von 8,7 Millionen Franken des damaligen Roche-Präsidenten Franz Humer.
2014 gab es keinen derartigen Ausreisser nach oben mehr. Die deutliche Annahme der Abzockerinitiative vor zwei Jahren ist an den Verwaltungsrats-Honoraren nicht spurlos vorübergegangen. Insbesondere die Konzerne mit den höchsten Vergütungen kürzten diese, oder beliessen sie 2014 auf Vorjahresniveau.
Durchschnitts-Honorar von rund 2 Millionen
Im Durchschnitt bezogen die Verwaltungsrats-Präsidenten der grössten Schweizer Firmen (SLI) für ihre Arbeit 2,1 Millionen Franken. Von den 27 SLI-Konzernen mit am Freitag vorliegenden Angaben senkten elf die Vergütungen im Vergleich zum Vorjahr. Bei 14 Firmen waren die Bezüge höher und bei zwei (Schindler, ABB) blieben sie unverändert.
Michael Otte, Chef des Aktionärsdienstleisters ZRating, stellt denn auch ein Umdenken in den Chefetagen und Verwaltungsräten fest, nicht zuletzt wegen der Minder-Initiative und der öffentlichen Kritik an übermässigen Salären. Aktionäre könnten ausserdem inzwischen nachvollziehen, wie sich die Entlöhnung zusammensetze.
Verdoppeltes Gehalt bei Novartis
Unter den elf Verwaltungsräten, deren Honorar 2014 gekürzt wurde, findet sich auch Spitzenreiter Brabeck. Er erhielt rund 9 Prozent weniger Gehalt als im Vorjahr. Sogar rund 30 Prozent weniger bezog Sergio Marchionne, Präsident des Warenprüfers SGS. Derart grosse Abstriche sind aber die Ausnahme. In der Regel liegen die Ausschläge nach oben und unten bei rund 10 Prozent.
Ausnahmen mit einem Riesensprung nach oben machten allerdings die Vergütungen beim Pharmariesen Novartis und dem Reisedetailhändler Dufry. Hier haben sich die Gehälter der Präsidenten innert Jahresfrist mehr als verdoppelt.
Honorar-Schere
Wie bei den Arbeitslöhnen klafft auch bei den Verwaltungsratssalären eine Schere, wie die Auflistung der Nachrichtenagentur sda weiter zeigt: Rudolf Wehrli, Präsident des Chemiekonzerns Clariant – er gehört im übrigen nicht zu den am schlechtesten besoldeten Präsidenten – verdiente 2014 gut ein Zehntel von Brabecks Gehalt. Gar zwanzigmal weniger als der Nestlé-Vorsitzende erhielt Jean-Pierre Garnier, Verwaltungsrats-Präsident des Pharmakonzerns Actelion.
Für Otte lassen sich diese Unterschiede durch eine exekutive oder nicht exekutive Verwaltungsratstätigkeit sowie durch die Marktkapitalisierung des Unternehmens erklären.
Spitzenverdienerin Nayla Hayek
Auf dem zweiten Platz der Spitzenverdiener unter den Verwaltungsrats-Präsidenten steht 2014 Axel Weber, Präsident der Grossbank UBS. Er erhielt im vergangenen Jahr 5,9 Millionen Franken Honorar.
Mit Nayla Hayek, Präsidentin des Uhrenkonzerns Swatch, sitzt nicht nur die einzige Frau auf einem Präsidentinnenstuhl unter den 30 SLI-Unternehmen. Hayek nimmt auch noch Platz 3 der Honorar-Rangliste ein. Hayeks eigentlicher Lohn als VR-Präsidentin liegt zwar nur bei rund 230'000 Franken. Sie erhält aber für «Exekutiv-Funktionen» noch zusätzlich über 4,6 Millionen Franken. Damit beläuft sich ihr Gehalt auf über 4,9 Millionen Franken.
Syngenta unter Mittelwert
Wie klein die Spitze der absoluten Spitzenbezüger ist, zeigt sich darin, dass nach dem zehnten Platz die Honorierung rapide abnimmt. Während der zehnplatzierte Dufry-Verwaltungsrats-Präsident Juan Carlos Torres Carretero noch rund 3,4 Millionen Franken an Vergütungen einstrich, liegt das Honorar von Michel Demaré, Präsident des Agrochemie-Konzerns Syngenta, mit 1,75 Millionen Franken bereits unter dem Mittelwert der erfassten Unternehmen.
Recht nahe beieinander liegen aber die Honorare nach dem Spitzentrio. Diese Plätze nehmen Swiss-Re-Präsident Walter Kielholz (knapp 4,9 Millionen Franken), Karl Gernandt, Präsident bei Kühne+Nagel (rund 4,3 Millionen Franken) und die Präsidenten der Basler Pharmakonzerne ein.
Roche und Novartis auf Augenhöhe
Die Honorare von Roche-Präsident Christoph Franz (rund 4 Millionen Franken) und Novartis-Präsident Jörg Reinhardt (3,9 Millionen Franken) liegen dabei auf fast gleicher Höhe. Noch vor einem Jahr waren die Differenzen hier allerdings erheblich: Novartis-Präsident Reinhardt erhielt «nur» 1,9 Millionen Franken und der damalige Roche-Präsident Humer das 4,5-fache davon. Reinhardt hat inzwischen deutlich aufgeholt.
Seine Vergütung hat sich innert Jahresfrist mehr als verdoppelt. Zudem ist Christoph Franz, der seit März Roche-Präsident ist, offensichtlich mit einem deutlich geringeren Gehalt als Humer eingestiegen.
Grossbank ist nicht gleich Grossbank
Bei den Grossbanken hat sich hingegen der grosse Unterschied bei den Verwaltungsrats-Vergütungen ausgeweitet. Credit Suisse-Verwaltungsrats-Präsident Urs Rohner bezog 2014 rund 3,6 Millionen Franken. Rohner erhielt damit rund ein Viertel weniger als im Vorjahr. Bei UBS-Präsident Weber (5,9 Millionen Franken) ging das Honorar aber nur leicht zurück.
Nur knapp unter der Vergütung bei der CS lag 2014 diejenige von Schindler-Präsident Alfred Schindler (rund 3,5 Millionen Franken). Schindler ist damit als einziges Industrieunternehmen unter den Top Ten.
Grösse der Verwaltungsräte nicht entscheidend
Die Gesamtvergütungen des Verwaltungsrates sind, wie die Aufstellung zeigt, nicht abhängig von der Grösse des Gremiums. Die übliche Verwaltungsratsgrösse lag 2014 wie im Vorjahr bei sieben Mitgliedern. Zwei Drittel der Verwaltungsratsmitglieder bezogen Honorare zwischen 200'000 und 500'000 Franken.
Am meisten verdienten 2014 Verwaltungsräte bei Schindler und der UBS. Die elf UBS- und die zwölf Schindler-Verwaltungsräte bezogen im Durchschnitt rund 1,2 Millionen Franken. Deutlich weniger verdiente ein Verwaltungsrat bei der Credit Suisse mit rund 700'000 Franken.
Otte stellt mit Befriedigung fest, dass im vergangenen Jahr einige «überdotierte» Aufsichtsgremien verkleinert wurden. Im laufenden Jahr gehe der Trend aber wieder hin zu einer leichten Vergrösserung. Inzwischen hätten aber nur noch drei SMI-Unternehmen ein Aufsichtsgremium mit über 12 Mitgliedern.
(sda/ise/ama)