Der typische Fall: Plötzlich – oder langersehnt – ist die Führungsposition da. Und mit ihr kommen neue Aufgaben: Mitarbeiter anweisen, Kritikgespräche führen, in Streitfällen entscheiden. Manchmal kommt ein Arbeitgeber auch an einen Punkt, an dem er sich alleine nicht mehr weiterentwickeln kann. Hier kann ein Coach helfen, souveräner zu werden, sich besser mit der Situation zurechtzufinden.
Das Problem: Jeder kann sich Coach nennen, der Beruf ist nicht geschützt. Das liegt an der Geschichte des Phänomens, das erst in den 80er Jahren aus den USA nach Deutschland gekommen ist. Auf der Suche nach dem richtigen Coach gilt es, einige Regeln zu beachten.
1. Frauen ticken nicht anders als Männer
Frauen haben grundsätzlich die gleichen Probleme wie Männer, sagt Lutz Salamon vom Deutschen Coaching Verband. “Wenn Frauen aus dem gleichen Kontext zu mir kommen wie Männer – also beispielsweise als Führungskraft -, dann sind ihre Fragestellungen ähnlich.” Einziger Unterschied: Chefinnen sehen sich häufig allein unter Männern und damit bekommt das Problem Führungskraft doch einen anderen Dreh.
Dennoch: «Frauen zweifeln genauso viel oder wenig an sich wie ihre männlichen Kollegen», sagt Gudrun Happich vom Deutschen Bundesverband Coaching. Leistungsträger, die ein Executive Coaching nutzen – also eines für höchste Führungsebenen -, hätten meist eine hohe Sozialkompetenz, egal, welches Geschlecht sie haben.
2. Coach oder «Coachin»? – Das ist Ansichtssache.
Ob es für Frauen sinnvoll ist, sich einen weiblichen Coach zu suchen, kommt auf die Perspektive an. «Beides kann vorteilhaft sein», sagt Salamon. «Eine Frau wird zwei, drei Dinge anders verstehen als ein Mann.» Sie kann sich vielleicht schneller in die Minderheitenrolle einfühlen, in die die frischgebackene Chefin geraten ist. Aber das muss nicht heissen, dass sie besser coacht. «Bei der Fragestellung, wie gehe ich mit Männern um, kann ein Mann vielleicht besser helfen», meint Salamon.
Stereotypen lassen sich aber generell nicht festmachen. Frauen sind nicht per se empathischer, meint Vivi Dimitriadou vom Deutschen Verband für Coaching und Training. «Es gibt genauso den empathischen Mann als Coach und steifere Frauen.» Allerdings: «Es scheint relativ wenige Frauen zu geben, die auf Top-Ebene coachen können», sagt Happich. Der Grund dafür ist einfach: Es gibt wenige Frauen, die die dafür nötige Führungserfahrung mitbringen.
3. Psychologen versus Wirtschaftsexperten?
Diese Frage ist schon relevanter als das Geschlecht. Da es für einen Coach keine einheitliche Ausbildung gibt, haben die Anbieter sehr unterschiedliche Hintergründe. Von der Führungskraft mit BWL-Studium, die sich nach jahrelanger Unternehmenserfahrung selbständig gemacht hat, bis zum wenig erfahrenen Coach-im-Nebenjob. «Etwa 70 Prozent der Coaches sind weiblich», sagt Salamon. Während die Frauen eher aus der Psychologie oder der Sozialpädagogik kämen, hätten Männer häufiger einen Wirtschaftshintergrund. «Qualitativ macht das keinen Unterschied», stellt Salomon klar. Es sei nur ein anderer Zugang. Ein guter Coach hat auf jeden Fall viel Berufserfahrung gesammelt, bevor er sich auf die Beratung von Klienten konzentriert. Die Branche ist dabei unerheblich.
4. Coach-Beziehung: auf Abstand halten
Die Beziehung zum Coach sollte immer rein beruflich bleiben. Wichtig ist aber schon, dass beide einen guten Draht zueinander finden. «Bevor ich mich entscheide, sollte ich zwei, drei Coaches in die engere Wahl nehmen und ein persönliches Vorgespräch führen», sagt Dimitriadou. Jeder seriöse Coach biete kostenfreie Erstgespräche an. Auch wichtig für die Suche nach einem guten Coach: «Ich würde immer fragen, wie viele Klienten der Coach schon zu diesem Thema beraten hat», meint Happich. Sei der Coach in seiner persönlichen Laufbahn mit diesem Problem konfrontiert worden, könne er sich zumindest besser in die Situation seines Klienten hineinversetzen. Das gibt dem Klienten in der Regel ein höheres Mass an Sicherheit.
5. Die Standards
Ein Coaching dauert laut Dimitriadou im Schnitt vier bis fünf Sitzungen à mindestens zwei Stunden. Methoden gibt es viele, keine muss per se gut oder schlecht sein. Welche angewendet wird, ist abhängig vom Thema des Klienten. Der Deutsche Bundesverband Coaching hat auf seiner Internetseite eine Checkliste für Unternehmen und Führungskräfte zusammengestellt, die Standards für einen guten Coach benennt. Ein Qualitätsmerkmal kann auch die Mitgliedschaft in einem der grossen Coachingverbände sein, sagt Salamon. Wichtig sei, dass es sich um einen Verband handele, der ausschliesslich Coaches aufnehme und nicht noch weitere Berufsgruppen.
Übrigens: Alle drei interviewten Coaches sagen, sie beraten mehr Männer als Frauen. Klar, meint Lutz Salamon, es gibt ja auch weniger Chefinnen als Chefs. Gudrun Happich stimmt zu. Aber: Es werden mehr. Und: Sie wollen weiter nach oben. “In den letzten Jahren kommen immer mehr, die sagen, ‘Karriere, ja bitte.’ Sie wollen etwas bewegen.” Was übrigens ein Privatleben nicht ausschliesse. «Die Frauen, die ich coache, haben eigentlich alle eine Familie.»
Dieser Artikel erschien zuerst auf Bizzmiss – das Business-Magazin für Frauen mit den Schwerpunkten Karriere und Work-Life-Balance.