Noch vor zehn Jahren hätte sich das niemand vorzustellen vermocht: Feng-Shui als Studienlehrgang an einer Universität? Die chinesische Lehre der harmonischen Raumgestaltung beruht auf Beobachtungen der Natur und ist nach westlichen Massstäben weder fass- noch messbar. Doch die österreichische Donau Universität in Krems nahm die Herausforderung an und führte 2006 einen ersten Feng-Shui-Lehrgang durch ? er war komplett ausgebucht. Letztes Jahr folgte die zweite Auflage, jetzt steht die Planung der Zukunft ins Haus. Feng-Shui soll neu ins Thema «Lebensraumoptimierung» einfliessen. Doch das Wort selbst soll gestrichen werden. «Es tönt einfach zu stark nach Esoterik», sagt Robert Pap von der Fachwissenschaftlichen Leitung der Universität.

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Das Dilemma ist nicht neu. Feng-Shui-Berater können ein Lied davon singen: Es gibt zahlreiche renommierte Unternehmen, die zwar eine Feng-Shui-Beratung in Anspruch nehmen, aber nicht öffentlich dazu stehen möchten.

Gleichzeitig entdecken immer mehr Firmen die chinesischen Prinzipien für harmonische Raumgestaltung für sich. So hat auch der weltweit tätige Managementberatungs-, Technologie- und Outsourcing-Dienstleister Accenture mit Unterstützung eines chinesischen Professors für Feng-Shui seinen gesamten Sitz in Zürich nach Feng-Shui-Kriterien umgebaut und eingerichtet.

Ziel war es, «den Mitarbeitenden eine angenehme Arbeitsumgebung zu schaffen, welche durch Elemente wie Wasser oder eine einheitliche Linienführung Ruhe und Energie vermittelt», wie die Marketing- und Kommunikationschefin Jacqueline Leichsering es formuliert.

Wohlbefinden schaffen

Dass die richtige Gestaltung der Räume Einfluss auf das Betriebsklima und die Kreativität nehmen kann, tönt fantastisch. Aus Feng-Shui-Sicht ist es aber logisch, weil Menschen, die sich wohl fühlen, motivierter sind und mehr leisten. Auch Kunden, die sich an einem Ort wirklich gut fühlen, kommen gerne wieder.

Feng-Shui zielt deshalb letztlich immer darauf ab, ein Raumklima zu schaffen, in dem man sich wohl fühlen kann. Um dies zu erreichen, muss gemäss der fernöstlichen Lehre genügend Energie am richtigen Ort im Raum vorhanden sein. Diese Energie, auch Chi genannt, liegt allem Leben zugrunde und ist überall vorhanden; sie kann aber in schlecht eingerichteten Räumen verpuffen oder auf den falschen Ort abzielen. «Es geht deshalb immer darum, den Chi-Fluss zu verbessern», bringt es Feng-Shui-Beraterin Barbara Rüttimann auf den Punkt.

Alles furchtbar theoretisch und mit unserer Kultur unvereinbar? Der Churer Architekt Darius Rozumowski findet nicht: Für ihn hat das Ganze viel mit psychologischer Raumwahrnehmung zu tun. Zudem greift Feng-Shui seiner Meinung nach grundlegende Fragen auf, zum Beispiel, weshalb man sich an den einen Orten spontan wohl fühlt und an anderen Orten nicht. Und er ist überzeugt, dass die Feng-Shui-Prinzipien funktionieren.

Auch Ivan Levy, CEO von Body Shop Schweiz, ist dieser Ansicht: «Feng-Shui ist etwas ganz Logisches: Es erklärt, was man als Mensch in einem Raum spürt.» Body Shop Schweiz hat all seine Büros nach Feng-Shui-Kriterien eingerichtet; zudem wurde das Verkaufsgeschäft in Glattbrugg danach umgebaut, um die Atmosphäre für Mitarbeitende und Kunden zu verbessern. Resultat: «Seit dem Umbau ist der Umsatz jährlich gestiegen.»

Brett vor dem Kopf

Auch der Zürcher Rico Gorini, bis 2001 Inhaber einer Zürcher Handelsfirma, ist überzeugt von der Wirksamkeit von Feng-Shui. Er hat sich schon vor Jahren dafür zu interessieren begonnen, sich entsprechend weitergebildet, die Erkenntnisse im eigenen Geschäft angewandt und festgestellt: «Es funktioniert.»

Seit 2002 gibt er sein Wissen als Feng-Shui-Berater weiter, auch für Firmen. Seine Erfahrungen decken sich mit jenen von anderen Feng-Shui-Beratern: Viele Firmen haben zu dunkle Eingänge, schlechtes Licht und wenden keine Farben an. Auch die Wahl der Materialien ist gemäss Feng-Shui entscheidend für ein gutes Raumklima. Holz schafft Atmosphäre, während Glas für Unsicherheit und Nervosität sorgt. Von grosser Bedeutung ist zudem, wo man sitzt, ob man freien Blick nach vorn hat oder direkt an eine Wand blickt. «Wer so einen Arbeitsplatz hat, tendiert zu Blockaden», weiss Barbara Rüttimann: «Man hat dann das sprichwörtliche Brett vor dem Kopf.»



NACHGEFRAGT

Rico Gorini, Feng-Shui-Berater, Inhaber der Feng-Shui-Consulting, Küsnacht



«Im Geschäftsbereich läuft vieles auf der Ebene der Gefühle ab»

Feng-Shui ist keine Wissenschaft mit messbaren Kriterien und wird deshalb oft mit Esoterik in Verbindung gebracht. Was sagen Sie zu diesem Argument?

Rico Gorini: Am Anfang war ich auch dieser Ansicht. Doch dann habe ich festgestellt, dass die Kunst des Feng-Shui immerhin ein paar tausend Jahre alt ist. Ich habe dann seine Prinzipien in der Geschäftspraxis ausprobiert und festgestellt, dass sie funktionieren. Feng-Shui ist eine Erfahrungswissenschaft: Aus Erfahrung weiss man, dass es in 90% der Fälle funktioniert.

Und warum funktioniert Feng- Shui?

Gorini: Feng-Shui berücksichtigt die energetischen Grundsätze, die ein Geschäft zum Erfolg führen oder blockieren können. Diese sollten nicht unterschätzt werden: Gerade im Geschäftsbereich läuft vieles auf der Ebene der Gefühle und des Unterbewusstseins ab, und diese Ebene entscheidet zum Beispiel darüber, ob man in ein Geschäft überhaupt eintritt und sich dort wohl fühlt.

Gibt es auch Grenzen des Feng-Shui?

Gorini: Die Grenzen fangen an, wenn man etwa den Konferenztisch auf ein bestimmtes Mass festsetzt ? dort fängt die Esoterik an. Feng-Shui kann nur die energetischen Voraussetzungen für Erfolg schaffen und dafür sorgen, dass das Chi optimal fliesst und die Energien Yin und Yang ausgeglichen sind. Ist das der Fall, dann sind die Aussichten auf Erfolg gut. Durch eine Feng-Shui-Beratung sollte sich eine Firma aber auch bewusst werden, dass die Ebene der Gefühle und des Unterbewusstseins grosse Auswirkungen auf den Geschäftsgang hat.

Was verändert sich bei Firmen, welche die Feng-Shui-Kriterien anwenden?

Gorini: Oft merken die Leute plötzlich, wie wichtig die Wechselwirkung zwischen Mensch und Raum ist und worauf sie im Geschäftsleben achten sollten. Dadurch ist man automatisch auf dem Weg zum Erfolg.

Welches sind die grössten Sünden, welche im Geschäftsbereich begangen werden?

Gorini: Man nimmt zu wenig Rücksicht auf das Wohlbefinden der Mitarbeitenden. Auch die Ausstrahlung der Geschäftsräumlichkeiten auf die Kunden wird vernachlässigt. Wenn das Ambiente nicht stimmt, gehen die Leute wieder. Meist wissen sie nicht einmal, weshalb sie sich an einem Ort nicht wohl fühlen. Oft stellt sich dann heraus, dass das Feng- Shui nicht stimmt.