Die Voraussetzungen für Henning Grossmann waren schon fast optimal, als es Anfang Dezember im Stiftungsrat um die Wahl des künftigen CEO ging. Mit Beginn der Mutterschaftspause der bisherigen Direktorin, Lesley Spiegel, im März 2009 hatte der damals 39-jährige Ökonom die Leitung an der Technoparkstrasse in Zürich ad interim übernommen und rasch gespürt, dass das eigentlich sein Traumjob wäre. So nahm er das Rennen um die definitive Nachfolge Spiegels auf und setzte sich schliesslich gegen alle Mitbewerber durch, weil man wusste, was man mit ihm bekam.

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Wer ist der Mann mit der randlosen Brille und dem norddeutschen Vornamen? Seine Jugend verlebte Henning Grossmann im Herzen der Schweiz, in Luzern. Dort wuchs er mit seiner älteren Schwester als Sohn eines Ingenieurs und Schreinermeisters mit deutschen Wurzeln auf. Die Eltern führten ein Küchenbauunternehmen, und Klein-Henning erhielt das Unternehmertum schon am Familientisch mit der Suppe eingelöffelt.

Zunächst entschied er sich für eine KV-Lehre im Treuhandbereich und den Besuch der Berufsmittelschule. «Das war spannend und ermöglichte Einblicke in die verschiedensten Bereiche. Zahlen haben mich immer fasziniert, und sie sind ja auch in jedem Bereich wichtig», so Grossmann heute. Ebenso sehr haben ihn bald auch innovative Technologien interessiert, «Bereiche, wo eben noch echte Werte geschaffen werden».

Noch während des Wirtschaftsstudiums an der HWV Luzern (heute HSLU - Wirtschaft) erhielt er die Gelegenheit, bei ABB einzusteigen, wo er später mehrere Funktionen im Bereich Automation, ICT und Robotik ausübte und auch erste Führungserfahrung sammelte. Bei ABB habe er gelernt, was ein Grosskonzern sei, mit allen Vor- und auch Nachteilen. «Man muss politisch richtig agieren, viele Verhaltensregeln einhalten und Lobbying betreiben, um Projekten zum Durchbruch zu verhelfen», hat Grossmann erfahren, und er macht keinen Hehl daraus, dass er davon nicht immer begeistert war. Insgesamt habe er aber mehr Positives mitgenommen und er sei dankbar für jene Zeit.

Er habe gelernt, wie Business wirklich funktioniere, von der Materialbeschaffung über die Buchhaltung bis zur Produktion, zu Verkauf und Marketing. «In den 90er-Jahren war die ABB im Bereich des Prozessmanagements ja führend, was sich ab 2000 dann leider änderte.» Bis heute pflegt Grossmann gerne Kontakt mit seinen früheren ABB-Kollegen.

Coachings bilden kein Neuland

Im Zürcher Technopark freut man sich, dass Grossmann jetzt fest im Haus ist. Heinz Specker, CEO der Technopark Immobilien AG, der täglich eng mit ihm zusammenarbeitet, sagt: «Auf dieser Position braucht es eine stets offene Tür, und seine Kommunikationsbereitschaft ist sehr gross. Zudem ist Henning Grossmann äusserst flexibel. Mit seinem Know-how aus der Industrie und als selbstständiger Unternehmer weiss er, wovon er redet, wenn er unsere Mieter und Kunden berät.» Beratungen und Coachings von Start-ups sind für Grossmann kein Neuland. Schon ab 2003 wirkte er nebenher als KTI-Start-up-Coach im Bereich Automation und ICT und wurde 2006 zudem Mitglied im Beratungsausschuss des Technoparks Aargau.

Als Unternehmer hat er seine Sporen abverdient, als er das Geschäft seines Vaters übernahm und daraus ein Beratungsunternehmen für Technologie-Evaluation, Wachstumsstrategien und Business Intelligence machte. Im Küchenbau blieb die Bizzeps AG nebenher tätig. Der Vater leitet noch heute den Bereich. Sein Ja zum Leitungsjob im Technopark sei nur möglich geworden, weil sich eine optimale Nachfolgeregelung ergeben habe. «Ich weiss die Firma in sehr guten Händen und kann mich jetzt aus Spass an der Sache voll und ganz auf die neue Arbeit auf dem Gebiet des Technologietransfers konzentrieren», freut sich Grossmann, der weiter als Verwaltungsrat der Bizzeps AG engagiert ist.

Wo gibt es denn nun seiner Meinung nach am meisten Nachholbedarf bei Schweizer Start-ups? Meistens seien sie zu technologieorientiert und hätten Probleme, wenn es darum gehe, die Produkte marktfähig zu machen und die Kunden in den Innovationsprozess einzubeziehen. Nicht selten hätten sie auch «gewisse Gaps im Bereich Zusammenarbeit mit anderen Menschen und im Verkauf und Marketing», so Grossmann. «Im Coaching müssen wir die jungen Unternehmen optimal begleiten und jeweils die individuellen Mankos der Menschen erkennen. Dazu gehört es nicht selten auch, auf geschickte Art und Weise klarzumachen, dass es Zeit für einen externen CEO, CFO oder Marketingleiter ist.»

Perfektionismus angeprangert

In der Schweiz gibt es nach Meinung Grossmanns hervorragende Innovatoren und sehr gute Hochschulen - allen voran die ETH. «Bezüglich der Anzahl Patente im Verhältnis zum BIP sind wir ebenfalls gut, aber ziemlich schlecht, wenn es um die Verwertung dieser Patente geht.» Die Gründe liegen für ihn einerseits in einer oftmals ungenügenden internationalen Vernetzung und anderseits in einem übertriebenen Hang zum Perfektionismus. «Daran müssen wir arbeiten», findet er, der Logitech-Gründer Daniel Borel als sein Vorbild nennt.

Auch im Bereich Risikokapital für Jungunternehmen seien Verbesserungen nötig - etwa bei den Rahmenbedingungen. Es sei ungerecht, dass hierzulande Business Angels steuerlich immer noch gleich behandelt würden wie Effektenhändler, so der neue Chef. Die Bezeichnung Chef gefällt ihm übrigens nicht wirklich. Ein Team habe immer gemeinsam eine Aufgabe zu erfüllen und die Funktionen dürften nicht im Vordergrund stehen. Sein Job sei es, über die gemeinsame Arbeit hinaus die Leute zu fördern und Repräsentatives zu leisten. «Man muss das Know-how transferieren.»

Sein überzeugtes Credo, die eigene Karriere sei in den Dienst der Firma zu stellen, bezeichnet er nicht als übertrieben selbstlos, sondern als nötige Voraussetzung für den Erfolg. Selbstdarsteller seien in diesem Umfeld fehl am Platz. Seinen Führungsstil nennt er partizipativ, und er erkennt auch kein Potenzial für Zündstoff aus dem Umstand, dass seine Vorgängerin Lesley Spiegel nach ihrer Mutterschaftspause jetzt wieder als Coach im Team mitarbeitet.

Es gehe jetzt darum, gemeinsam mittels erfolgreichen Technologietransfers möglichst viele dauerhafte Arbeitsplätze zu schaffen. Dass dies bis 2012 in einem noch grösseren Technopark der Fall sein soll, freut ihn besonders. Vor ein paar Tagen gab der Technopark die geplante Aufstockung des Mitteltraktes bekannt und damit die Ausweitung der Mietfläche um weitere 3000 m2.

Heirat und Vaterschaft

2010 wird für Grossmann so oder so ein prägendes Jahr. Nicht nur, dass es ihm zum Auftakt einen neuen Job beschert hat. Mitte Jahr wird er zum ersten Mal Vater und heiratet in wenigen Tagen seine Partnerin, eine Zahnärztin. Noch im März geht es ab in die Flitterwochen - auf einen Kulturtrip durch verschiedene Städte Italiens.

Reisen ist ohnehin eine der liebsten Beschäftigungen Grossmanns, die er gerne mit seiner Leidenschaft, dem Lesen, verbindet. Von Hemmingway über Wirtschaftssachbücher bis zu Douglas Adams’ Kultbuch «Per Anhalter durch die Galaxis» ist die Palette seiner literarischen Vorlieben breit. Daneben ist ihm Sport wichtig. Skifahren, Marathonlaufen, Biken oder Basketball: Auch hier ist der neue Jungunternehmer-Förderer äusserst vielseitig.