Die Wunschliste der Uniabsolventen wird immer länger! Vereinbarkeit von Privatleben und Beruf, Weiterentwicklungsmöglichkeiten, attraktive Aufstiegsmöglichkeiten und ein fairer Umgang mit Vorgesetzten gehören zu den Standardanforderungen, auf die sich Firmen einstellen müssen.
Die diesjährige Studentenbefragung des Trendence Instituts zu Wunscharbeitgebern der Schweizer Studenten zeigt: Auch bei Studierenden, denen man früher zu Recht oder zu Unrecht eine gewisse Fixiertheit auf das eigene Gehalt unterstellt hat, nämlich bei Wirtschaftswissenschaftern und Ingenieuren, ist Geld nicht mehr das alleine selig machende Kriterium. Eine klare Mehrheit der 5100 befragten Schweizer Studenten würde sogar deutliche Gehaltseinbussen in Kauf nehmen, wenn dafür die Work-Life-Balance steigt. Ein grosser Name hingegen ist bei den Absolventen durchaus noch gerne gesehen. Die UBS etwa verteidigt ihren Spitzenplatz als Wunscharbeitgeber bei den Wirtschaftswissenschaftern, Google ist bei den Ingenieuren ganz vorne.
J.P. Morgan und Goldman Sachs verlieren
Die Banken werden wie bereits im vergangenen Jahr wieder beliebter als Arbeitgeber. Der Tiefpunkt in den Jahren 2013 und 2014 scheint überwunden zu sein. Neben der UBS gewinnen auch die Credit Suisse, Julius Bär und auch die Nationalbank an Attraktivität. Lediglich die Investmentbanken J.P. Morgan und Goldman Sachs können bei der Branchenentwicklung nicht mithalten und verlieren einige potenzielle Bewerber.
Unter den Beratungsfirmen behauptet PwC den Platz als Primus der Branche vor McKinsey (die Firma konnte so viele potenzielle Bewerber wie noch nie von sich überzeugen), EY, KPMG, Deloitte und Accenture. Einzig BCG verliert bei den Wirtschaftwissenschaftern an Zustimmung, zählt aber bei den Ingenieuren und IT-lern zu den Top-Aufsteigern.
Rolex und Swatch sacken ab
Die Konsumgüterindustrie gewinnt an Attraktivität für den ersten Job. Allerdings können die zwei Schweizer Uhrenhersteller Rolex und Swatch nicht mit dem Branchentrend mithalten und büssen an Attraktivität ein. «Das könnte durch die schlechten Exportaussichten wegen des starken Frankens bedingt sein», erklärt der Geschäftsführer des Trendence Instituts, Holger Koch.
Und wie hoch ist das Gehalt, das die Studenten von ihrem Arbeitgeber erwarten? Die Schweizer Absolventen sind traditionell diejenigen in Europa, die am meisten Geld wollen. Die Wirtschaftswissenschafter würden gerne mit knapp 80'000 Franken einsteigen. Techniker wünschen sich durchschnittlich 76'000 Franken Jahressalär. Wiederum auffallend: Den Frauen mangelt es an Selbstbewusstsein bei den Gehaltswünschen: Wirtschaftswissenschaftlerinnen verlangen 12 Prozent weniger Gehalt als ihre männlichen Kommilitonen, Technikerinnen 7 Prozent. Allerdings: Die Quote ist hier besser als in den Nachbarländern Österreich und Deutschland, dort ist die Gehaltsschere zwischen Männern und Frauen nämlich noch grösser.
Viele liebäugeln mit einer Startup-Gründung
Mehr als jeder fünfte Absolvent spielt mit dem Gedanken, kurz nach seinem Studium ein Startup zu gründen. Verglichen mit den Nachbarländern Österreich und Deutschland ist der Gründungsenthusiasmus der Schweizer Absolventen etwas höher.
Nur mit Geld lassen sich Schweizer Absolventen nicht ködern. Der Aussage «Wenn das Gehalt stimmt, würde ich auch in einem Unternehmen mit schlechtem Image arbeiten» stimmten nur 23 Prozent der Befragten zu. Sich selber verwirklichen zu können ist hingegen für fast 70 Prozent der Absolventen sehr wichtig. Sollte ein Arbeitgeber bezüglich Vereinbarkeit von Familie und Beruf hervorragend passen, sind Schweizer Ingenieure auch bereit, auf Gehalt zu verzichten. 70 Prozent können sich weniger Salär für mehr Freiheit und Freizeit vorstellen. Sorgen um ihre berufliche Zukunft machen sich immerhin 37 Prozent der befragten Ingenieure. Nur 40 Prozent fühlen sich durch ihre Ausbildung optimal auf ihre berufliche Laufbahn vorbereitet. Bei den Wirtschaftswissenschaftern fühlt sich die Hälfte gut auf die berufliche Laufbahn vorbereitet, Sorgen über die berufliche Zukunft machen sich etwa 25 Prozent der Befragten.
Wertschätzende Kultur und Eigenverantwortung
Ingenieure und Wirtschaftswissenschafter wünschen sich gleichermassen eine wertschätzende Kultur in Firmen, ein hohes Mass an Eigenverantwortung, Chancengleichheit sowie Weiterbildungsmöglichkeiten.
Wenig überraschend: Der Weltfussballverband Fifa sinkt als Arbeitgeber im Ansehen der Studierenden - nach den Skandalen der letzten Monate, angefangen mit den Festnahmen einiger Funktionäre bis hin zu den Sperren von Platini und Blatter.
Chancengleichheit erwünscht
Die beliebtesten Branchen der Ingenieure und Informatiker sind nachvollziehbarerweise die Elektroindustrie, die IT-Industrie und der Maschinenbau, aber weiter unten im Branchenranking gibt es interessante Entwicklungen: Bei den IT-Unternehmen werden die Starken in den Top 10 stärker und die etwas Schwächeren werden schwächer: Google, IBM und Apple legen zu, aber Firmen wie Microsoft oder Logitech verlieren einige potenzielle Bewerber.
Im Maschinenbau ist der Trend eindeutiger: Hier verlieren nicht nur die Schweizer Unternemen wie ABB, Sensirion oder Pilatus, sondern auch Player wie Siemens, Alstom und Bombardier.
Gerade für die Schweizer Unternehmen sind die Prognosen auch noch pessimistisch, die Diskussion über gefährdete Arbeitsplätze aufgrund der wegbrechenden Exporte wirkt sich negativ auf die Arbeitgeberattraktivität bei den Universitätsabsolventen aus. Auch im Schweizer Bausektor ist die Lage ähnlich: Die Ingenieurdienstleister Emch+Berger und CSD Ingenieure verlieren viele potenzielle Bewerber nach einem schwierigen Jahr für die Bauindustrie. Der Defence-Sektor hingegen wird für Absolventen aktuell attraktiver, vor allem die Airbus Group gewinnt, aber auch Boeing und Rheinmetall.