Vier Stunden und zwei Minuten waren gespielt, als Andy Murray den Ball ins Aus schlug und Roger Federer in den Sportolymp katapultierte. Nur wenige Augenblicke später hob der Schweizer den begehrtesten Pokal der Tenniswelt in den Londoner Himmel. Millionen von Zuschauern vor den TV-Schirmen sahen in jenem Moment nicht nur die Emotionen des siebenfachen Wimbledon-Siegers, sondern auch die goldene Rolex an seinem linken Handgelenk.
Die Perfektion, die Federer auf dem Court an den Tag legt, zeigt er auch in der Geschäftswelt. Nichts überlässt der 30-Jährige dem Zufall. Kein Wunder, gehört er mit jährlichen Werbeeinnahmen von 45 Millionen Dollar zu den bestverdienenden Sportlern der Welt. Mit der Rückkehr an die Weltranglistenspitze spielte sich der Baselbieter nun auch finanziell in die Ewigkeit. «Federer hat sich durch den Sieg den Marktwert auf Jahre hinaus gesichert», sagt Jürg Kernen, Herausgeber des Magazins «Sponsoring Extra».
Federer weiss, wie viel sein Name wert ist, und lässt das seine Partner spüren – etwa die Organisatoren des Basler Tennisturniers Swiss Indoors. Ihr Vertrag mit Federer läuft dieses Jahr aus. In Branchenkreisen wird gemunkelt, der Spieler verlange künftig eine Antrittsgage von einer Million Franken. Das wäre eine Verdoppelung zu heute. «Die Zukunft wird teurer», sagt Swiss-Indoors-Direktor Roger Brennwald dazu lediglich. Er gehe aber davon aus, dass man einen gemeinsamen Nenner finden werde.
Wer mit Federer Geschäfte macht, hat es mit absoluten Profis zu tun. Im Verwaltungsrat seiner Schweizer Firma Tenro, die unter anderem Fanartikel verkauft und die Rechte an Federers Bild vermarktet, sitzen neben dem Tennisprofi selber Steuerexperten der beiden Top-Wirtschaftskanzleien Wenger Plattner und Niederer, Kraft & Frey. Zum Perfektionisten Federer passt auch, dass es in seinem Umfeld kaum je personelle Rochaden gibt. In seinen Unternehmen gab es seit deren Gründung keine einzige Veränderung im Handelsregister.
Die Zukunft von langer Hand geplant
Allgemein scheint jeder Schritt des Unternehmers genau geplant. So haben Trittbrettfahrer seit 2001 keine Chance mehr, von seinem Namen zu profitieren. Dieser ist geschützt für fast alles, was man verkaufen kann – so auch für Wasch- und Bleichmittel, Putz-, Polier- und Schleifmittel, für Seife, Zahnpasta, Schreibmaschinen, Karton, Klebstoffe, Schuhwaren, Kopfbedeckungen, Christbaumschmuck. Vor vier Jahren liess Federer in der chinesischen Sonderwirtschaftszone Macau seinen Namen auch als Marke registrieren. Sie gilt unter anderem für den Bau von Sport- und Unterhaltungszentren sowie für die Organisation von Sportereignissen. 2010 gründete das Tennis-Ass in Bottmingen BL auch eine Firma, die Veranstaltungen im Bereich Sport, Kunst und Kultur organisiert und durchführt.
Heute ist das Unternehmen Federer millionenschwer. Das Vermögen des Ausnahmesportlers wird auf 350 Millionen Franken geschätzt. Jahr für Jahr verdient er gemäss dem Wirtschaftsmagazin «Forbes» mit Preisgeldern und Sponsoringverträgen 53 Millionen Dollar. Federer wirbt für die Credit Suisse, Gillette, Nike, Mercedes, Lindt, Jura Elektroapparate, Rolex, Nationale Suisse und Wilson. Die Partner sind glücklich, denn mit dem Schweizer bekommen sie eine perfekte Werbeikone – erfolgreich und ohne Skandale.
In den Millionensphären wird sich Federer noch lange bewegen, sind sich Sponsoringexperten einig. «Federer sicherte mit dem neuesten Rekord seinen hohen Marktpreis langfristig über sein Karrierenende hinaus», sagt Hans-Willy Brockes, Chef der Europäischen Sponsoring-Börse. Auch Ex-Fussballer und Vermarktungsexperte Günter Netzer ist überzeugt: «Federer bestätigte seinen Partnern, dass sich langfristige Verträge mit ihm lohnen.»
Kein Platz für Zufälle
Seine Sponsoringpartner wählt der Baselbieter schon lange akribisch aus. Wer mit dem Unternehmen Federer schon mal Verträge aushandelte, weiss, dass diese bis über das Ende der Karriere hinaus laufen – anders als bei anderen Sportlern. Müssen Skifahrer wie Didier Cuche beim Rücktritt die Verträge neu verhandeln, profitiert Federer von mehrjährigen Kontrakten. So löste Rolex vor sechs Jahren Federers damaligen Uhrensponsor Maurice Lacroix mit einem «sehr langjährigen» Vertrag ab. Federer war es dabei wert, dafür rund eine Million Franken Ablösegeld an Maurice Lacroix zu zahlen.
Zum Imperium Federers gehört auch seine Stiftung. Die Roger Federer Foundation unterstützt insbesondere Bildungsprojekte in Afrika. Auch da habe Federer höchste Qualitätsansprüche, sagt Geschäftsführerin Janine Händel, eine langjährige Schweizer Diplomatin und ehemalige Geschäftsführerin zweier Credit- Suisse-Unternehmensstiftungen.
Sie hofft vom Wimbledon-Sieg zu profitieren. Denn einen Teil der Einnahmen erhält die Roger Federer Foundation aus den Gewinnen von Federers Tenro. Letztes Jahr schrumpfte der Zustupf signifikant. 2010 überwies Tenro noch 1,3 Millionen Franken an die Stiftung, 2011 nur noch 426000 Franken, wie der Geschäftsbericht zeigt. Nach der Rückkehr an die Weltspitze erhofft sich Stiftungschefin Händel nun wieder einen Anstieg der Verkäufe von Fanartikeln.
Nicht alles kann Federer indes planen. Manchmal ist der Markt eben doch stärker als sein geschäftlicher Aufschlag. 2003 lancierte er eine eigene Kosmetiklinie und gründete dafür eine eigene Firma. Ein Eau de Toilette, ein Aftershave, ein Duschgel und ein Deo gehörten zur Produktepalette. Mit dem Slogan «Für Männer, die Herausforderungen lieben» wollte man Umsätze generieren. Doch nach sechs Jahren liquidierte Federer seine RF Cosmetics AG. Diese Herausforderung war auch für Männer seiner Statur zu gross.