Damit erweitert Koller seine Auktionsbereiche und will seine führende Rolle auf dem Schweizer Markt weiter stärken. Bereits in der Vergangenheit war Lederle beratend als Experte für amerikanische Nachkriegskunst für Koller tätig. Neben einem Doktorat in Ökonomie verfügt Lederle über 20 Jahre Erfahrung in der Finanzindustrie sowie im Art Banking. Parallel dazu schloss er eine Weiterbildung bei Sotheby‘s ab, betreute zwei umfangreiche Kunstsammlungen und spezialisierte sich auf die Selektion von Kunstportfolios als alternative Wertanlage.

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Machen Sie Ihr Hobby zum Beruf und kehren Sie der Bankenwelt endgültig den Rücken?

Jörg Lederle:
Faktisch ja, doch kann ich bei Koller meine Erfahrungen mit einer Leidenschaft verbinden, die sich seit meinem Berufsstart herausgebildet hat. Eine Station im Art Banking der Citibank hat mir seinerzeit eine neue Sichtweise auf den Kunstmarkt eröffnet.

Braucht ein solcher Entscheid einer beruflichen Neuausrichtung nicht sehr viel Mut, weil der Kunstmarkt doch stark vom Gang der Konjunktur abhängig ist?
Der Kunstmarkt ist weitaus stabiler als der Finanzmarkt, auch wenn die Zyklen sich zuweilen ähneln. Ein Kunstwerk verliert überdies niemals seinen gesamten Wert. Mit seinen innovativen Ideen setzt und reflektiert Koller zudem Trends auf dem Kunstmarkt. Mut erfordert heute vielmehr, sich in die Strukturen eines neu geordneten Finanzplatzes einzufügen.

Koller gehört mit einem Umsatz von rund 100 Millionen Franken zu den zehn grössten Auktionshäusern der Welt. Dieses Volumen lässt sich kaum allein in der Schweiz erwirtschaften. Sehen Sie die Geschäftsentwicklung vor allem im Ausland?
Koller ist bereits stark international ausgerichtet. Dank globaler Kommunikation und Repräsentanten in München, Düsseldorf, London, Peking, Moskau und Genua erwirtschaften wir rund 70 Prozent des Umsatzes im Ausland. Im Ausbau und in der Verfeinerung der internationalen Kundenbeziehungen liegt deshalb noch Potenzial.

Wie begegnen Auktionshäuser der Tatsache, dass sich auf dem Kunstmarkt Leute tummeln, die Geld waschen?
Geldwäsche ist leider auch im Kunsthandel ein Problem. Das Auktionswesen ist indessen äusserst transparent. Jedes Ergebnis ist öffentlich. Bei Koller gibt es klare Regeln zur Identifizierung der Käufer. Ohne Vertrag sowie die Hinterlegung von Passkopien, Adressen und Telefonnummern geht nichts. Schliesslich hilft auch ein Abgleich mit internationalen Datenbanken, um kriminelle Akteure aufzudecken.

Welche Kunst steht bei Ihnen persönlich ganz besonders im Scheinwerferlicht?
Die amerikanische Pop Art. Sie hat mein Kunstverständnis durch viele persönliche Begegnungen mit Künstlern und Assistenten aus dem Umfeld Andy Warhols seit den späten 1980er-Jahren geprägt.

Wie stehen Sie persönlich zu Geld?
Überaus entspannt.

Was langweilt Sie?
Plattitüden, Ausreden und folgenlose Diskussionen.

Welches Buch hat Sie beeindruckt?
Goethes «Italienische Reise», weil ihm darin auf unvergleichliche Weise die Synthese aus kultureller Begeisterung, wissenschaftlicher Erkenntnis und Anleitung zur Muse gelingt.

Was ist Ihre Lieblingsbeschäftigung ausserhalb der Arbeit?
Die Übergänge sind fliessend, was aber keineswegs stört.

Wie und wo wohnen Sie?
Mit meiner Frau Evelyn in einem Apartment in Küsnacht.

Was für ein Auto fahren Sie?
Einen 15 Jahre alten Saab, dessen Zuverlässigkeit die mit den Jahren gestiegene Pflegebedürftigkeit wieder ausgleicht.

Welche Fähigkeiten besässen Sie gerne?
Das Talent, wenigstens so gut malen zu können, dass es der Qualität des schlechtesten Bildes nahekommt, welches je durch meine Hände gegangen ist.

Wie lautet Ihr Alltagsmotto?
Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit.

Was ist Ihre grösste Sorge?
Dass liebgewonnenen Menschen Unheil widerfährt und sie Hilflosigkeit ausgesetzt sind.

Können Sie kochen?
Keine meiner Stärken, auch wenn es noch keine Beschwerden gab. Dies mag jedoch auf die Höflichkeit der bewirteten Personen zurückzuführen sein.

Welchen kulinarischen Genüssen können Sie nicht widerstehen?
Jeglichen Variationen von Bratwurst.

Welchen Traum wollen Sie sich erfüllen?
Leider nicht mehr erfüllbar: Eine Nacht im Studio 54 in den Siebzigern.

Welches Musikstück wählen Sie als persönliche Hymne?
«Days like this» von Van Morrison, weil es die Hommage an einen perfekten Tag ist. (mk)

Steckbrief

Name: Jörg Lederle

Geboren: 7. Dezember 1965

Zivilstand: Verheiratet

Wohnort: Küsnacht ZH

Ausbildung: BWL, Universität Mannheim, Dr. rer. pol.

Bisherige Funktion: Selbstständige Tätigkeit als Art Advisor

Neue Funktion: Leiter Geschäftsentwicklung und Experte für PostWar & Contemporary, Koller Auktionen AG, Zürich