Roboter, intelligente Wände oder gleich technische Implantate im Körper: Schon bald wird sich in unserem Büroalltag jede Menge verändern. Diese Zukunft ist gar nicht mehr so weit weg, wie wir es uns vorstellen. Das zumindest sagen Schweizer Zukunftsforscher voraus. Schon 2016 werden wir erste Ansätze für Veränderungen erleben.

Die Maus verschwindet

Ist erst einmal der Schritt zum papierlosen Büro geschafft, werden neue Eingabegeräte den Weg auf den Schreibtisch schaffen. «Für die Computermaus sehe ich keine Zukunft», sagt Georges T. Roos, Zukunftsforscher aus Luzern. «Sprach- und Gestensteuerung werden dieses Gerät überflüssig machen. Dazu kommt noch das Eye-Tracking, eine Methode, um die Augen zu scannen, damit das Gerät weiss, wohin ich schaue.» Die Steuerung von Geräten sei durch diese Methoden viel komfortabler als mit einer Maus. Anders sei es bei der Tastatur: «Für die Konzentration ist es durchaus förderlich, wenn man Dinge schreibt. Das kann per Stift auf einem Bildschirm passieren oder durch Tippen auf einer Tastatur», meint Roos.

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Durch die Gestensteuerung werden wir bequem Informationen aus dem Computer herausziehen können. «Das wird unsere ganze Zusammenarbeit radikal verändern. Wenn ich dann an meinem Arbeitsplatz sitze, kann ich meinem Kollegen zum Beispiel einfach ein Dokument mit dem Finger hinüberschnippen und muss mich nicht mit der Maus erst irgendwohin navigieren oder Ordner freigeben», so der Futurist Gerd Leonhard aus Basel.

Auch 3D-Brillen wie die Oculus Rift sollen sich für den Einsatz im Büro eignen. Simulationen können damit in einer virtuellen Realität sehr glaubhaft dargestellt werden. «Vielleicht sind es virtuelle Räume, in die wir reingehen und uns dort vorstellen, wir wären jetzt Konsument XY. Wie würde er den Raum sehen, was würde das auslösen? Das könnte ein spannendes Feld werden», so Leonhard.

Computer werden versteckt

Wenn es nach den Meinungen der Zukunftsforscher geht, steht auf unserem Schreibtisch bald kein Computer mehr. «Diese treten in den Hintergrund. Wir werden nicht mehr am Schreibtisch sitzen und einen PC bedienen. Der Computer ist die ganze Zeit über da, in den Wänden, in den Tischen, aber er arbeitet versteckt. Er weiss, was wir brauchen, er hat eine künstliche Intelligenz, die uns kennt, und wird dadurch unsere Arbeit auch komplett vernetzen und im Hintergrund für uns Funktionen erfüllen», so Leonhard. Dadurch werde man insgesamt aber weniger Mitarbeitende brauchen.

«Vor allem werden wir intelligente Computer haben, die immer mehr Routinetätigkeiten für uns im Hintergrund erledigen (Terminkoordination, Steuererklärung, Übersetzungen). Vieles wird mit Sprache und Gesten gesteuert. Aber auch Tische werden zu Displays. Videowände ermöglichen es, spontan mit anderen Menschen ‹in einem Raum› zusammenzuarbeiten», erklärt Lars Thomsen, Zukunftsforscher und Gründer der future matters AG.

Anderer Meinung ist Zukunftsforscher Roos: «In zehn Jahren werden wir wahrscheinlich noch so mit Bildschirmen arbeiten wie heute. Vielleicht sind sie grösser und schmaler. Aber die Interaktion mit einer Maschine wird noch am gängigsten sein. Bis sich das ändert, wird noch mehr Zeit vergehen müssen.» Interessanter schätzt er die Veränderung im Bereich der Büromöbel ein. «Büromöbel werden mit Sensoren versehen sein und zum Internet der Dinge gehören. Sitze und Tische können mit Sensoren verknüpft werden, die wir am Körper tragen, und sich so zum Beispiel an muskuläre Verspannungen anpassen.»

Die Wände werden intelligent

Sensoren am Körper sind durch Fitnesstracker oder auch durch das Smartphone bereits Realität. Im Moment tragen wir sie noch als eigenständige Geräte extern an unserem Körper. «Doch irgendwann werden Computer auch ein Teil unseres eigenen Körpernetzwerkes. Denkbar sind diese als Kontaktlinse auf unserer Iris oder sogar als Implantat unter der Haut», so Leonhard.

In der Einrichtung des Büros werden sich nicht nur Tische und Stühle an unsere Bedürfnisse anpassen. «Alle Oberflächen werden wahrscheinlich zu Interfaces, also zu Bildschirmen. Die Tür, das Fenster, auch die Wände sind Screens. In spätestens 20 Jahren wird es möglicherweise schon billiger sein, eine Wand aus einem Bildschirm als aus Stein zu bauen», so Leonhard.

Die Büros werden leerer

Je mehr Geräte und Gegenstände Teil der Vernetzung werden und sich im Internet befinden, desto weniger wird es notwendig sein, selbst vor Ort in einem Büro zu arbeiten. Und wenn man sich zusammen in einem Büro befindet, werden andere Tätigkeiten im Vordergrund stehen.

«Statt dass alle leise vor sich hin tippen, werden Menschen mehr mit Sprache, Gesten und holografischen Modellen arbeiten. Dies betrifft sowohl Designer, Ingenieure, Techniker als auch Verwaltung und Dienstleistungssegmente. Entsprechend werden sich auch Arbeitsplätze verändern. In Zukunft werden wir unter dem Begriff Arbeit andere Prozesse und Tätigkeiten verstehen als heute», so Thomsen.

«Der Begriff von einem Büro wird komplett aufgeweicht. Es werden Leute durch Telepräsenz – dabei wird durch Technologie der Eindruck der Präsenz an einem anderen Ort vermittelt – oder Holografie auch von der Ferne aus arbeiten. Die Sachen gibt es alle heute schon, sie sind aber noch nicht perfekt und zu teuer. Aber in einigen Jahren werden wir virtuell zusammenarbeiten können, so wie wir heute virtuell auf Facebook chatten», sagt Leonhard. Das werde besonders bei Teamarbeiten interessant, wenn die Menschen über den Globus verteilt seien. «Jetzt ist es noch viel zu früh, aber in zehn Jahren sagen wir so vielleicht 50 Prozent unserer Geschäftsreisen ab.»

Unsere Geräte werden lernfähiger

Wenn wir heute auf dem iPhone mit Siri reden, ist das schon eine Art Science-Fiction-Erfahrung. Doch in Zukunft werden unsere Geräte immer intelligenter, weil sie von unserer Benutzung lernen. «Wenn zum Beispiel 300 Millionen Leute pro Tag Siri, die Sprachassistentin auf dem iPhone, benutzen, landet alles in der Datenwolke. Siri kann durch die Vernetzung sogar Stimmen und Dialekte analysieren und die Nutzung der Worte verstehen. Das ist eine Art Selbstlernen. Durch neuen Input erfährt Siri immer mehr Zusammenhänge, versteht dadurch mehr. Sie wird also intelligenter, ohne dass jemand von Hand etwas im System verändern muss. Heisst: Je mehr wir diese Software nutzen, desto besser und intelligenter wird sie», so Leonhard.

Zu diesem Selbstlernen zählen beispielsweise auch Faktoren wie «Wann und wo habe ich geredet» oder «Welche Emotionen waren in meiner Stimme». Das sind ganz andere Dimensionen als die Antwortmöglichkeiten, die wir heute durch Suchmaschinen haben. Praktisch gesehen wird in dem Fall aus allem, was wir sagen, Intelligenz geschaffen.

Neue Möglichkeiten der Kommunikation

«In den meisten Büros werden wir Maschinen haben, die die natürliche Sprache verstehen und uns auf Fragen Antworten geben können. Oder sie zeigen uns gleich eine zum Thema passende grafische Darstellung. Sie als Anwender brauchen dafür nichts. Irgendwo im Raum ist ein Mikrofon und das passende Display wird in einem Möbelstück integriert sein», so Roos.

Das eröffnet aber auch neue Möglichkeiten der Kommunikation. «Ich glaube, spätestens in drei Jahren sind wir so weit, dass wir Unterhaltungen in 40 Sprachen führen», sagt Leonhard. Die Sprachbarriere werde nicht mehr existieren, da Worte in Echtzeit automatisch beim Sprechen übersetzt werden. Demnächst könnten wir via Skype mit Chinesen auf Deutsch reden, und was wir sagen, wird simultan übersetzt.

«Ich glaube, der Trend der Zukunft ist ‹Lass die Maschinen machen, was sie am besten können› – nämlich die ganzen körperlich zu schweren Jobs, die wir eigentlich gar nicht machen können –, was ‹uns befreit, Dinge zu tun, die wir am besten können› – zum Beispiel sich etwas vorzustellen, etwas zu erfinden, zu designen, zu verhandeln, zu diskutieren», so Leonhard. Das werde auch das Büro reflektieren. Wer in der Zukunft noch so arbeite wie ein Roboter, werde wohl der Erste sein, der gefeuert wird. «Denn ein Roboter ist billiger.»