Die Entscheidung der amerikanischen Notenbank Federal Reserve, eine dritte Runde der quantitativen Lockerung einzuleiten, wirft drei wichtige Fragen auf. Wird das sogenannte QE3-Programm Amerikas Wirtschaftswachstum auf Touren bringen? Wird es zu einem anhaltenden Anstieg der Preise riskanter Vermögenswerte führen, insbesondere an den Aktienmärkten? Und schliesslich, werden seine Auswirkungen ähnlich ausfallen wie vorher oder anders?

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Man hört derzeit häufig, dass die Auswirkungen von QE3 auf riskante Vermögenswerte mindestens ebenso stark sein dürften wie jene von QE1, von QE2 und der Operation Twist, einem früheren Programm des Fed zum Ankauf von Staatsanleihen. Schliesslich waren alle bisherigen Runden mit einem anhaltenden Anstieg der Aktienkurse verbunden. Umfang und Laufzeit von QE3 jedoch sind grösser. Trotz des beeindruckenden Bekenntnisses des Federal Reserve zu einer aggressiven Lockerung der Geldpolitik freilich könnten die Auswirkungen auf die Realwirtschaft und US-Aktien diesmal geringer und kurzfristiger ausfallen, als es bei den bisherigen QE-Runden der Fall war.

Erstens fanden die bisherigen QE-Runden in Zeiten statt, in denen die Aktienbewertungen und -erträge deutlich niedriger waren. Im März 2009 stand der S&P-500-Index bei nur 660 Punkten, der Gewinn je Aktie der US-amerikanischen Unternehmen und Banken war finanzkrisenbedingt auf einen Tiefstand gefallen, und die Kurs-Gewinn-Verhältnisse wiesen einstellige Werte auf. Heute steht der S&P 500 mehr als 100 Prozent höher, der durchschnittliche Gewinn pro Aktie liegt bei nahezu 100 US-Dollar, und die KGV liegen über 14.

Dieses Mal gibt es keine Hilfe durch die Fiskalpolitik

Zudem gibt es diesmal keine Unterstützung seitens der Fiskalpolitik: QE1 und QE2 trugen dazu bei, einen schwereren Einbruch der Konjunktur zu verhindern bzw. eine W-förmige Rezession zu vermeiden, weil beide mit erheblichen Steuerimpulsen verknüpft waren. QE3 dagegen wird mit einer fiskalischen Kontraktion einhergehen, möglicherweise sogar einer grossen Fiskalklippe.

Selbst wenn die USA die zum Ende des Jahres drohende Fiskalklippe von 4,5 Prozent teilweise umschiffen können, ist es hochgradig wahrscheinlich, dass von der Fiskalpolitik 2013 eine Bremswirkung auf die Konjunktur von 1,5 Prozent des Bruttoinlandproduktes ausgeht. Da die US-Wirtschaft derzeit um 1,6 Prozent wächst, hätte selbst eine fiskalpolitische Bremswirkung von nur 1 Prozent 2013 nahezu eine Stagnation zur Folge, obwohl eine bescheidene Erholung im Eigenheimsektor und in der produzierenden Industrie zusammen mit QE3 das US-Wachstum 2013 in etwa auf seiner derzeitigen Höhe halten dürfte.

Doch ein umfassenderer Aufschwung wird ausbleiben. Sowohl 2010 wie 2011 zeigten führende Wirtschaftsindikatoren, dass vor der Ankündigung der quantitativen Lockerung der Abschwung seine Talsohle erreicht hatte und sich das Wachstum beschleunigte. QE gab also einer sich bereits erholenden Wirtschaft einen kleinen Schub, was die Erholungsphase der Aktienkurse verlängerte. Im Gegensatz dazu legen neuste Daten nahe, dass sich die US-Wirtschaft derzeit so lustlos entwickelt wie in der ersten Jahreshälfte. Wenn überhaupt, haben die Schwäche des Arbeitsmarktes, niedrige Investitionsausgaben und ein geringes Einnahmewachstum die Signale des Frühsommers, dass das Wachstum im 3. Quartal robuster ausfallen könnte, konterkariert.

Zugleich sind die wichtigsten Kanäle für die Übertragung geldpolitischer Impulse in die Realwirtschaft – die Anleihen-, Kredit-, Devisen- und Aktienmärkte – nach wie vor schwach, wenn nicht gar beschädigt. Tatsächlich dürfte vom Rentenmarkt kaum Wachstum ausgehen. Die Renditen der langfristigen Staatsanleihen sind schon jetzt sehr niedrig, und eine weitere Verringerung wird die Kreditkosten privater Marktteilnehmer nicht wesentlich ändern.

Auch der Kreditkanal funktioniert nicht ordnungsgemäss, denn die Banken horten den Grossteil der zusätzlichen Liquidität, die ihnen QE verschaffte, und bauten überschüssige Reserven auf, statt das Geld zu verleihen. Wer einen Kredit aufnehmen kann, hat genug Geld und ist vorsichtig dabei, es auszugeben, während jene, die Kredite aufnehmen möchten – hoch verschuldete Haushalte und Unternehmen – keine bekommen. Der Währungskanal ist ähnlich beschädigt. Angesichts des nachlassenden weltwirtschaftlichen Wachstums dürften die Nettoexporte selbst bei einer Abschwächung des Dollar kaum deutlich zunehmen. Zudem setzen ausser dem Federal Reserve noch viele andere bedeutende Notenbanken Varianten der QE um, was die Wirkung der Massnahmen des Fed auf den Dollar dämpft.

Am wichtigsten jedoch ist möglicherweise, dass die Auswirkungen eines schwächeren Dollar auf die Handelsbilanz und damit auf das Wachstum durch zwei Faktoren beschränkt werden. Erstens ist ein schwächerer Dollar mit einem höheren Preis für Rohstoffe verbunden, was eine Bremswirkung auf die Handelsbilanz impliziert, weil die USA ein Nettoimporteur von Rohstoffen sind. Und zweitens führt jede von stärkeren Exporten ausgehende Verbesserung beim Bruttoinlandprodukt zu einer Zunahme der Importe.

Der einzig verbleibende wichtige Kanal, über den sich QE auf die Realwirtschaft auswirken könnte, ist ein durch steigende Aktienmärkte bedingter Vermögenseffekt. Die Argumentation allerdings, dass QE3 zu einem anhaltenden Anstieg der Aktienkurse führen würde, ist in gewissem Umfang zirkulär. Wenn eine dauerhafte Erholung bei den Vermögenswerten eine deutliche Erholung des Wirtschaftswachstums erfordert, ist die Aussage, dass, wenn die Aktienkurse nach einer quantitativen Lockerung genügend steigen, der aus einem Vermögenseffekt resultierende Anstieg des Bruttoinlandproduktes den Anstieg bei den Vermögenspreisen rechtfertigt, eine Tautologie. Wenn die geldpolitischen Übertragungskanäle zur Realwirtschaft zusammengebrochen sind, hat QE kaum mehr signifikante Wirkung auf das Wirtschaftswachstum.

Unter der Unsicherheit ist Vertrauen zerbrechlich

US-Notenbankchef Ben Bernanke strich vor kurzem die Bedeutung eines zusätzlichen Kanals heraus: Des Vertrauenskanals, durch den das Bekenntnis des Fed zur längerfristigen Wahrung eines grosszügigen geldpolitischen Umfeldes die privaten Ausgaben steigern könnte. Die Frage ist, wie substanziell und dauerhaft derartige Auswirkungen sind. Vertrauen ist zerbrechlich in einem Umfeld, das durch anhaltende Entschuldung, makroökonomische Unsicherheiten, ein schwaches Wachstum des Arbeitsmarktes und eine bremsende Fiskalpolitik gekennzeichnet ist.

Kurz gesagt: QE3 verringert das Extremrisiko einer deutlichen wirtschaftlichen Kontraktion, dürfte jedoch in einem Wirtschaftsumfeld, das noch immer einen schmerzhaften Entschuldungsprozess durchläuft, kaum zu einer anhaltenden Konjunkturerholung führen. Kurzfristig wird QE3 die Anleger ermutigen, Risiken einzugehen, und eine moderate Erhöhung der Vermögenspreise bewirken. Doch der Anstieg der Aktienkurse dürfte sich, falls das Wirtschaftswachstum enttäuscht – was wahrscheinlich ist – mit der Zeit verflüchtigen, und die Erwartungen in Bezug auf Unternehmenserlöse und -rentabilität mit nach unten ziehen.

Nouriel Roubini ist Professor an der Stern School of Business der New York University und Chef von Roubini Global Economics. © Project Syndicate, 2012