Es ist nicht der CEO – es ist das Team.» Wenn ich den CEO für ihren Podestplatz gratuliere, höre ich in neun von zehn Fällen die gleiche Antwort: «Aber das war gar nicht ich. Das war das Team.» Es ist erstaunlich, wie sich der einst dominante, militärisch-hierarchische Führungsstil zum Team-Ansatz gewandelt hat. Heute führt kaum noch ein CEO mit «Command and Control» oder – gut schweizerisch ausgedrückt – mit den drei K: Kommandieren, kontrollieren, korrigieren.
Ausgenommen sind schwierige Turnaround-Situationen, die ein striktes Durchgreifen verlangen. Erfolgreich «herumgekehrt» wurde die Mikron durch Bruno Cathomen. Letztes Jahr war es das Aussenwerbeunternehmen APG unter der Leitung von Daniel Hofer und die OC Oerlikon unter der Leitung von Michael Buscher, der übrigens dieses Jahr wieder auf dem Schweizer Podest stehen würde, hätte er das Unternehmen nicht verlassen.
Die knallharten Lenker sind heute in der Minderheit. Bei den meisten Unternehmen geht es um das Optimieren von bereits gut laufenden Geschäften. Da steht das Team im Zentrum. Delegation heisst das Zauberwort. Ein extremes Beispiel ist Burkhalter-CEO Marco Syfrig, welcher von 39 Unternehmern im Unternehmen spricht und diese wie ein Private-Equity-Portfoliomanager führt.
Ergeben Auszeichnungen für CEO deshalb keinen Sinn? Doch – denn wenn es einmal schiefläuft, dann sind es die CEO, die dafür einstehen müssen. Da ist es nur fair, wenn auch einmal gute Leistungen anerkannt werden.
Gute Leistung zu identifizieren ist gar nicht so einfach. Wenn ich in Finanzseminaren jeweils mit einfachen Zahlenbeispielen frage, welches Unternehmen die beste Leistung erbracht hat, dann erhalte ich immer mehrere Antworten. Selbst wenn ich nach langen Diskussionen darüber abstimmen lasse, bilden sich weder bei Studenten noch bei Verwaltungsräten eindeutige Mehrheiten. Wie schwierig der Konsens bezüglich Leistung ist, wurde vor kurzem an der New York Stock Exchange deutlich. Als der Verwaltungsrat der NYSE eine Steigerung der CEO-Vergütung trotz fallender Aktienkurse begründen musste, meinte dieser, dass der Aktienkurs ein schlechter Leistungsindikator sei. Wenn nicht einmal mehr die Börse an die Aktienkurse glaubt, dann wird deutlich, wie schwierig die Leistungsbeurteilung in der Realität ist.
Noch gefährlicher wird es, wenn die Leistung von einem Expertenausschuss beurteilt wird wie bei den meisten CEO-Preisen. Da kommen hochrangige Persönlichkeiten zusammen, welche sich viel Mühe geben, gute CEO-Leistungen zu identifizieren, nur um dann später festzustellen, dass man sich geirrt hat. Und schlimmer: Solche subjektiven Entscheide leiden unter einer ganzen Reihe von Denkfehlern, wie der Nobelpreisträger Daniel Kahnemann so schön darlegt. So beurteilt man nur CEO, die man auch kennt, und vergisst dabei die Leistungen derjenigen, die weniger oft in den Medien auftauchen.
All diese Denkfehler vermeidet die Obermatt-Methode, weil keine Experten befragt werden. Die CEO-Leistung wird nur auf Basis von harten Fakten gemessen (siehe Methode). Das hat den Vorteil, dass auch CEO prämiert werden, die weniger bekannt sind. Zudem können CEO siegen, deren Produkte unbekannt sind, wie Thomas Seiler von u-blox. Der grösste Vorteil der Zahlenorientierung liegt aber darin, dass lange Zeiträume beurteilt werden. Wenn es CEO wie Matthias Reinhart von der VZ Holding wiederholt schaffen, Obermatt-Pins zu gewinnen, dann ist das ein sehr sicheres Zeichen für eine gute Leistung.
Sollen nun die CEO-Gewinner mehr Geld erhalten? Nein, denn es ist ein weitverbreiteter Irrtum, dass finanzielle Anreize die Leistung von Managern steigern würden. Es ist zwar richtig, dass Boni zu mehr Leistung bei Fliessbandarbeitern oder Schuhverkäufern führen. Bei CEO ist das aber nicht der Fall. Nicht umsonst sagte der ehemalige CEO von Royal Dutch Shell, dessen Lohn in fünf Jahren von 1 Million auf über 10 Millionen Euro stieg: «Sie müssen erkennen, dass ich nicht mehr geleistet hätte, wenn ich 50 Prozent mehr verdient hätte, und auch nicht weniger, wenn ich 50 Prozent weniger verdient hätte.» Es gibt keinen Forscher, der nachweisen kann, dass CEO-Leistung wegen variabler Vergütungen steigt. Jedoch haben Forscher immer wieder das Gegenteil bewiesen: Bei anspruchsvollen Aufgaben senken Boni die Leistung.
Mir persönlich erscheint es relativ plausibel, dass CEO ihre Leistung wegen Boni nicht steigern. Denn bei allen CEO sind die Leistungsanreize schon derart hoch, dass bereits das Maximum geleistet wird. Ein Bonus kann gar nichts mehr zusätzlich beitragen. Trotzdem sind viele Manager der Meinung, dass ein Bonus für die Motivation notwendig sei. Ich betreibe in meinen Workshops mit Führungskräften jeweils einen grossen Aufwand, diese Irrtümer aufzulösen.
Werden nun variable Vergütungskomponenten vollständig abgeschafft? Vermutlich nicht, denn es verstösst gegen unser Gerechtigkeitsempfinden, wenn ein guter Manager gleich viel verdient wie ein schlechter. Die Obermatt-Pins helfen, die Unterschiede zu erkennen, sodass auch die Vergütungen fairer sind.
Hermann J. Stern, Geschäftsführer des Finanzresearch-Unternehmens Obermatt
Alle Ranglisten zum CEO des Jahres finden Sie: hier.