Eine der beeindruckendsten Wachstumsgeschichten unter Schweizer Unternehmen kann Sika vorweisen. Doch die einstige Euphorie der Anleger hat die Aktienkurse in schwindelnde Höhen getrieben. Noch 2021 waren die Anleger bereit, für die Valoren ein Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von weit über 40 zu bezahlen. Die Quittung kam 2022: Bis im September stürzten die Titel um die Hälfte ab. Seither haben sie sich wieder um über 30  Prozent erholt.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

An der Wachstumsstory jedenfalls hat sich nichts geändert. Letztes Jahr stieg der Umsatz des Bauchemie- und Klebstoffkonzerns um 13  Prozent, der – später bekannt werdende – Betriebsgewinn Ebit dürfte im selben Ausmass zugenommen haben. Auch die Aussichten bleiben rosig. In den USA boomt das Geschäft dank den Infrastrukturprogrammen der Regierung. In Europa bekommt Sika die sich abkühlende Baukonjunktur zu spüren, doch bleibt auch in diesen Märkten das Wachstum beachtlich. Die Sika-Schrittmacher, Präsident Paul Hälg (68) und CEO Thomas Hasler (58), sind zudem rührige Akquisiteure. In die blockierte Grossübernahme der MBCC Group ist endlich Bewegung gekommen; nach Teilverkäufen dürften die Behörden der Transaktion nun grünes Licht erteilen. MBCC soll der Baarer Firma jährliche Synergien von 160 bis 180 Millionen Franken eintragen.

Ungeachtet der letztjährigen Kursverluste sind die Papiere mit einem für 2023 und 2024 geschätzten KGV von 31 respektive 27 fürwahr kein Schnäppchen. Doch Wachstumsaktien sind nun einmal teuer, da ist Sika keine Ausnahme. Die Papiere bleiben unter den heimischen Blue Chips erste Wahl.

Gewinne sichern

Gerade in flauen Börsenzeiten braucht es ein Quäntchen Glück, dass sich ein Kauftipp auszahlt. Wie bei Richemont. Ich habe die Papiere Ende September 2022 zum Kauf empfohlen. Innert vier Monaten gewannen die Valoren des Schmuck- und Uhrenkonzerns gegen 50 Prozent an Wert – eine atemberaubende Performance. Beflügelt haben gute Resultate für die ersten neun Monate. Zwar hat sich die Wachstumsdynamik abgeschwächt, doch bleiben die Aussichten positiv. Da ist es kein Wunder, dass die Aktien auf fast allen Banken-Favoritenlisten für 2023 zu finden sind.

Üblicherweise würde ich raten, derart massive Kursgewinne subito anzubinden, die Aktien abzustossen, ganz nach der Börsenweisheit: «An Gewinnmitnahmen ist noch niemand gestorben.» Bei Richemont allerdings gilt ebenso eine andere Börsenregel: «Never change a winning horse.» Dennoch ist es ratsam, mindestens die Hälfte des Kursgewinns ins Trockene zu bringen.

In Ruhe abwarten

«Ich habe im März 2022 OC Oerlikon für 7.70 Franken gekauft. Wie sehen Sie die Kursentwicklung über die nächsten zwölf Monate?», schreibt Leser V.  T. Die Valoren des Spezialisten für Oberflächenbeschichtung und Produzenten von Anlagen für die Herstellung von Kunstfasern haben seither ein Siebtel an Wert eingebüsst. Auf den Aktienkurs drücken vor allem die sich eintrübenden Aussichten. Nach erstklassigen Resultaten fürs erste Halbjahr 2022 wurde für das dritte Quartal zwar ein solider Zahlenkranz geliefert. Dennoch ist eine Verlangsamung des Geschäftsgangs unverkennbar.

Obwohl der Auftragsbestand immer noch gut ist, dürfte die sich global abkühlende Wirtschaft beim Industriekonzern auch in diesem Jahr Spuren im Umsatz und speziell im Ertrag hinterlassen. Damit ist das Kurspotenzial für die nächsten zwölf Monate begrenzt. Mittel- bis langfristig jedoch erwarte ich eine erfreuliche Performance. OC Oerlikon ist sehr gut aufgestellt, die Bilanz kerngesund, das Unternehmen in Sachen Energieeffizienz und Clean Technology am Puls der Zeit.

Obwohl die Analysten ihre Gewinnschätzungen gekappt haben, sind die Papiere mit einem für 2024 geschätzten KGV von 10 günstig bewertet. Deshalb würde ich die OC-Oerlikon-Aktien halten. Und bis wieder höhere Kurse aufscheinen, kann sich Leser V. T. an einer saftigen Dividendenrendite von 5,4 Prozent erfreuen.

Turbo-Börsenneuling

Seit Oktober 2022 ist Accelleron an der Börse kotiert. Nach ersten Kursen von 18 Franken fielen die Aktien bis auf 15 Franken zurück. Seither allerdings rücken sie laufend vor und haben bereits über 40 Prozent gewonnen – innert vier Monaten. Die Hausse des von ABB abgespaltenen Unternehmens kommt nicht von ungefähr. Der weltweit führende Anbieter leistungsstarker Turbolader für Schiffe, Züge oder den Energiesektor bewegt sich erfolgreich in Marktnischen. Zwar ist das organische Wachstumspotenzial bescheiden, dafür sind Margen sowie Kapitalrendite hoch. Damit die Badener Firma ihre Position halten kann, fliessen sieben Prozent vom Umsatz in Forschung und Entwicklung.

Was mir bei Accelleron am besten gefällt: Weil Turbolader eine hohe Unterhaltsintensität aufweisen, fallen 75 Prozent der Einnahmen im Servicegeschäft an. Das trägt Stabilität in den Umsatz und vor allem den Ertrag. Attraktiv ist ebenso die Dividendenpolitik: Über die nächsten Jahre sollen bis zu 70  Prozent vom Gewinn an die Aktionäre fliessen. Analysten schätzen diesen 2024 auf 146 Millionen Franken. Das entspräche einer Dividende von 1.08 Franken respektive einer Rendite von 4,9 Prozent. Aktuell sind es 3,4 Prozent. Wer Aktien mit defensivem Charakter und einer schönen Dividendenrendite sucht, sollte sich an Accelleron halten.

Frank Goldfinger ist der anonyme Börsenspezialist der BILANZ.

Schreiben Sie ihm an: bahnhofstrasse@bilanz.ch