Kofürst Bischof Joan Enric Vives i Sicília, Staatsoberhaupt von Andorra. Ein zweifellos wohlklingender Name. Aber wohl nicht der erste, der einem Normalsterblichen einfällt, wenn er nach dem Namen eines Adeligen gefragt wird.

Am allerhäufigsten fallen da Namen wie Königin Elisabeth II, deren ältester Sohn Prinz Charles, ihre Enkel William und Harry oder Carl Gustaf XVI. von Schweden. Mit etwas Sukkurs könnte man dann auch noch auf Margrethe II. von Dänemark, Felipe VI. von Spanien, Fürst Albert II. von Monaco, König Salman von Saudi-Arabien oder Kaiser Naruhito von Japan herausbekommen. Zehn sind die Welt, der Rest ist Schweigen.

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Die Besten sind weit voraus

Ähnlich fokussiert fallen die Antworten aus, wenn die Börsianer nicht nach den adeligsten, sondern nach den bestperformenden Aktien der letzten fünf bis zehn Jahre gefragt werden. Dann fallen mit Sicherheit immer wieder dieselben Namen: Apple, Microsoft, Amazon, Alphabet (Google), Tesla und Meta (Facebook). Zusammen mit Saudi Aramco, Nvidia, Tencent, Alibaba und J.P. Morgan gehören sie in der Tat zu den höchstbewerteten Unternehmen der Welt. Auch hier kann plakativ gesagt werden: Die Tops sind die Welt, der Rest ist Schweigen

Die Dominanz von Apple und Co. kommt nicht von ungefähr. Diese Konzerne haben in den letzten zehn bis zwanzig Jahren die Marktentwicklung immer sehr deutlich übertroffen. Daraus resultierte eine stolze Performance der entsprechenden Aktien von 21 Prozent im Jahr. Die Durchschnittsperformance des S&P seit 1990 betrug dagegen «nur» 8 Prozent.

Verzerrte Marktindizes

Die Folgen dieses weit überproportionalen Wachstums von Umsätzen und Erträgen bei diesen Firmen sind rapide Zunahmen der Börsenwerte. Apple, Amazon und Microsoft weisen mittlerweile Börsenkapitalisierungen zwischen 1,7 Billionen und 2,5 Billionen Dollar auf.

Damit vereinigen die Top Drei im S&P 500, dem meistbeachteten Aktienindex der Welt, stolze 17 Prozent auf sich. Ihr Anteil am US-Technologie-Index Nasdaq-100 beträgt sogar fast 30 Prozent. Dies für nur drei von 500 beziehungsweise 100 Unternehmen. Selbst im Welt-Aktien-Index MSCI World schafft es das Trio noch auf 10,5 Prozent und hier sind sogar rund 1600 Gesellschaften aus den Industrieländern enthalten.

Klar, dass Apple und Co. auch in den Börsenfonds (ETF) aller Anbieter, in denen zig Milliarden auch von Kleinanlegern stecken und die diese Indizes eins zu eins nachbilden, mehr als prominent vertreten sind.

Nicht die grössten Saurier waren die erfolgreichsten

«Doch diese erdrückende Dominanz der Techs wird früher oder später zum Problem werden», sind Marktbeobachter überzeugt. In der Tat: Je grösser ein Unternehmen wird, desto schwieriger wird es, das horrende Tempo beim Umsatz- und vor allem beim Ertragswachstum zu halten.

Schliesslich haben auch nicht die grössten Saurier überlebt, sondern die wandlungsfähigsten. Dies als Vögel, wie man heute weiss. Über kurz oder lang werden sich also auch am Aktienmarkt neue Namen ins Rampen- und Börsenlicht drängen.

Aktienmärkte leben von Zugpferden

Finanzwissenschafter machen sich noch nicht allzu grosse Sorgen: «Mag sein, dass die gegenwärtige Überlegenheit von wenigen Topwerten aktuell besonders gross ist. So gross wie seit den 1970er Jahren nie mehr», wie Ned Davis Research (NDR) bestätigt. «Ungewöhnlich ist die Dominanz einiger weniger Zugpferde am Aktienmarkt aber keineswegs», hat Hendrik Bessembinder von der Arizona State University herausgefunden.

Ganz im Gegenteil: Gerade in den letzten dreissig Jahren waren es nach den Forschungen des US-Ökonomen immer nur einige wenige Superaktien, die für die gesamten Nettogewinne an den Börsen verantwortlich waren.

Nur 4 Prozent der Aktien bringen es

Noch eindeutiger sind die langfristigen Resultate des US-Professors: 96 Prozent aller seit 1926 an einer US-Börse kotierten Firmen zeigen eine mickrige oder sogar negative Aktienperformance. Nur 4 Prozent der Aktien sind für die gesamte Nettovermögensschöpfung seit damals verantwortlich. Anders ausgedrückt: Auf vier Gewinner kommen 96 Nieten.

SLI: Besser ist nicht genug

Problem erkannt, Lösung angeboten. Das starke Übergewicht von Nestlé, Roche und Novartis im helvetischen Leitindex SMI hat die Schweizer Börse SIX schon vor zwölf Jahren zum Handeln veranlasst. Man kreierte als zusätzlichen Index den Swiss Leader Index (SLI). Dies mit dem Ziel, die grössten Titel zu plafonieren und so eine bessere Diversifikation des Index zu erreichen. Die grössten vier Titel dürfen im SLI höchstens eine Gewichtung von 9 Prozent aufweisen, die nachfolgenden höchstens 4,5 Prozent.

Die breitere Abstützung hat sich auch bewährt. In aller Regel hat sich der SLI gegenüber dem SMI als deutlich weniger schwankungsanfällig erwiesen. Trotz den unbestreitbaren Vorteilen hat der SLI den SMI als Hauptindex aber nicht ablösen können. Und in der breiten Öffentlichkeit ist der SLI immer noch kaum bekannt. «Jahrelange Gewohnheiten ändern sich eben nur sehr langsam. Der SMI ist der Leitindex, weil er vom Markt dazu verwendet wird», heisst es bei der Schweizer Börse lakonisch. Von der Börse sei dies nicht vorgeschrieben.

Nicht viel anders sieht es in der Schweiz aus. Hier haben die Aktien von lediglich drei Firmen, Nestlé, Roche und Novartis, einen Anteil von mehr als der Hälfte an der gesamten Bruttovermögensschöpfung seit 1990.

Die Lehren für Privatanleger

Privatinvestoren sollten aus dem Gesagten zwei Schlussfolgerungen ziehen, rät Bessembinder. Sie sollten erstens zur Kenntnis nehmen, dass das durch Aktienanlagen geschaffene Vermögen vor allem auf eine deutlich positive Performance bei einer sehr geringen Anzahl von Aktien zurückzuführen ist.

Das bedeutet zweitens: Wer keine ausgesprochene Stock-Picker-Qualitäten hat (oder entsprechende Berater), wird mit grosser Wahrscheinlichkeit keine guten Resultate an der Aktienbörse erzielen, wenn er nicht den gesamten Markt kauft. Dies ist ein gewichtiges Argument für Index-Investments.

Nur den gesamten Markt kaufen, reicht allerdings auch nicht. Das grosse Gewicht einiger Giganten in den am meisten verwendeten marktkapitalisierungsgewichteten Indizes führt nämlich nicht zur angestrebten breiten Diversifikation der Aktienrisiken, sondern zu erheblichen Klumpenrisiken. Der wichtigste strategische Gedanke der Geldanlage, die Mittel breit zu streuen, wäre ad absurdum geführt.

Klumpenrisiken noch und noch

Insgesamt führen die Konstruktionsmerkmale der marktkapitalisierten Indizes zu einer prozyklischen Ausrichtung.  Das heisst, Aktien und Branchen, die gerade gross im Mode sind, werden stark übergewichtet. Das birgt, wie sich in der Vergangenheit gezeigt hat, beachtliche Blasenrisiken. «Mittlerweile haben Anleger realisiert, dass sie mit passiven Produkten ein Übergewicht in aktuell hoch bewerteten Technologiewerten haben», stellt Franklin Templeton fest.

Doch ein Ausweg bleibt: Nämlich anders konstruierte Indizes, zum Beispiel statt kapital- gleichgewichtete. Jeder Titel in einem solchen Index hat hier das gleiche Gewicht. Verschieden Fondsfirmen bieten bereits seit längerer Zeit ETF auf gleichgewichtete Indizes an. Der Direxion Nasdaq-100 Equal Weight ETF etwa vollzieht das US-Wachstumsbarometer auf diese Weise nach. Oder der XTracker S&P 500 Equal Weight ETF investiert gleichgewichtet in die 500 grössten US-Unternehmen

«Klügere» Indizes einsetzen

Die Finanzbranche versucht bereits seit einigen Jahren mit viel Eifer, «klügere» Indizes zu konstruieren. Sogenanntes Smart Indexing soll helfen, die Effizienz eines Portfolios zu steigern. Neben gleichgewichteten Indizes setzt man zum Beispiel auf die stärkere Gewichtung von kleinkapitalisierten Unternehmen, von Aktien mit positivem Momentum oder mit geringen Kursschwankungen. Investoren erhalten dadurch Zugang zu einem bestimmten Anlagestil wie Value oder Momentum. Dies zu niedrigen Kosten und transparent.

Manche Anleger werden allerdings der Versuchung trotzdem kaum widerstehen können, künftige Superperfomer à la Netflix, Tesla, Apple oder Amazon ausfindig zu machen. Kaum je mit Erfolg. Nur wenigen gelingt es, rasch genug auf den fahrenden Zug zu springen. Die Resultate der meisten Anleger mit Stock Picking sind dementsprechend meistens wenig erfreulich. «Daher ist ausgerechnet die Tatsache, dass einige wenige Aktien nicht nur gute, sondern geradezu phänomenale Resultate zeigen, eine der grössten Gefahren für die Anleger», bedauert Bessembinder. Das so herausfordernde Stock Picking soll für einen eifrigen Anleger trotzdem eine Option sein. Allerdings nur mit einem kleinen Teil des Portfolios.

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