Vielen Grossanlegern sind Frontiermärkte noch relativ unbekannt. Wer sich jedoch über Länder wie Nigeria, Angola, Gabun und Kamerun informiert, findet dort interessante Anlagechancen.
Neben einer höheren Rendite bieten Frontiermärkte auch eine gute Diversifizierung: In der Vergangenheit haben sie nur gering mit den Industrie- und Schwellenländern korreliert. Aber auch die Korrelation zwischen den einzelnen Frontiermärkten ist niedrig. Das liegt zum einen daran, dass Wertpapiere meist von inländischen Anlegern gekauft werden. Zum anderen sind Frontiermärkte in der Regel nicht in den klassischen Emerging-Market-Indizes vertreten und werden daher meist nicht in passiven Anlageprodukten gehalten.
Grosse Unterschiede zwischen Frontiermärkten
Investmentchancen hängen in erster Linie von der politischen und wirtschaftlichen Situation im Inland ab, Ereignisse in anderen Ländern hingegen sind weniger entscheidend. So dürfte beispielsweise ein Wechsel des politischen Regimes in Ägypten kaum Auswirkungen auf die Aussichten anderer Länder haben. Das führt zu grossen Unterschieden zwischen den Frontiermärkten und entsprechend verschiedenen Anlagechancen. Ein aktiver fundamentaler Investmentansatz ist daher von entscheidender Bedeutung.
Bevor Peter Becker zum über 90-jährigen Vermögensverwalter stiess, war er Managing Director bei Wellington Management. Er verfügt über rund zehn Jahre Erfahrung im Portfoliomanagement und war unter anderem bei Abrdn sowie HSBC Global Asset Management tätig.
Eine wichtige treibende Kraft in den Frontiermärkten ist derzeit der Anstieg der Rohstoffpreise infolge des Krieges in der Ukraine. Für die Weltwirtschaft bedeuten die steigenden Preise in erster Linie einen negativen Angebotsschock. Die Auswirkungen auf die Frontiermärkte, von denen viele Rohstoffexporteure sind, sind jedoch nicht durchwegs negativ. Den Exportländern dürften im Allgemeinen die höheren Rohstoffpreise zugutekommen. Ihre Terms of Trade sollten sich verbessern, was sich wiederum positiv auf die Aussenhandelsbilanz durchschlagen wird.
Sorge vor sozialer Instabilität
Die Auswirkungen auf die Inflation könnten jedoch ebenfalls erheblich sein. Im Vergleich zu den Industrieländern machen Nahrungsmittel und Energie in den Frontiermärkten einen grossen Anteil an den durchschnittlichen Haushaltsausgaben aus. Anhaltend hohe Rohstoffpreise könnten damit die soziale Stabilität gefährden. Das trifft insbesondere auf diejenigen Frontierländer zu, die nicht zu den grossen Ölexporteuren zählen und entsprechend nicht von höheren Steuereinnahmen profitieren. Das macht es schwieriger für sie, Rohstoffe des alltäglichen Bedarfs zu subventionieren.
Nigeria und Angola sind die grössten Erdölexporteure Afrikas. Obwohl beide Länder zu Beginn Probleme hatten, ihre Ölproduktion hochzufahren, dürften sie nun dennoch einen Anstieg ihrer Leistungsbilanzüberschüsse verzeichnen. Aber auch die Inflation ist in beiden Ländern hoch. In Nigeria etwa gibt es zwar hohe Treibstoffsubventionen, die die Auswirkungen auf die Inflation begrenzen. Gleichzeitig wird damit aber auch die Verbesserung des Haushaltssaldos untergraben.
Sambia dürfte von den hohen Kupferpreisen profitieren, obwohl die gestiegenen Öl- und Lebensmittelpreise die Inflation befeuern werden. Das Land ist ausserdem in eine komplexe Umschuldung verwickelt.
Rohstoffimporteure in Bedrängnis
Viele Rohstoffimporteure haben unterdessen mit Problemen zu kämpfen. Pakistan etwa geriet bereits in Bedrängnis, als die Wirtschaft sich langsam von der Corona-Pandemie zu erholen begann. Nun macht sich im Vorfeld der Wahlen im kommenden Jahr Reformmüdigkeit breit. Diese Probleme werden durch die steigenden Ölpreise noch verschärft. Ägypten hingegen ist vor allem durch seine hohen Getreideeinfuhren und Abhängigkeit von russischen und ukrainischen Touristen anfällig.
Sollte der Krieg in der Ukraine beigelegt werden und sich die Rohstoffpreise als Folge davon stabilisieren, dürften wir eine Rückkehr zu den längerfristigen Treibkräften der Frontiermärkte erleben. Die Wachstumsmotoren wie Benin und Äthiopien, aber auch diversifiziertere und reichere Länder wie der Senegal, die Elfenbeinküste und Kenia dürften dann weiterhin hohe strukturelle Wachstumsraten verzeichnen.