Kriegsmaterial ist zur Abschreckung wichtig. Je mehr in Waffen investiert wird, desto unwahrscheinlicher ist ein Krieg. So verhindern Rüstungskonzerne Weltkriege. Eigentlich investiert also nachhaltig, wer Rüstungsaktien kauft.
So wird häufiger argumentiert, seit der Krieg in der Ukraine ausgebrochen ist. Aber dabei sollte nicht vergessen gehen, dass Waffen ihre Besitzerinnen und Besitzer in Versuchung führen, sie einzusetzen. Mehr Waffen, mehr Versuchung. Das zeigt sich jetzt in Russland.
Natürlich gibt es die Theorie vom «Gleichgewicht des Schreckens», das Weltkriege verhindern soll. Aber wie andere Theorien stimmt sie nur unter restriktiven Annahmen. Eine davon ist, dass Menschen immer rational handeln. Aber das tun sie eben oft nicht. Das haben Wirtschaftswissenschaftler schon in vielen Experimenten gezeigt.
Unrealistische Annahmen
Zudem stellt sich beim «Gleichgewicht des Schreckens» selbst unter der Annahme des rationalen Menschen die Frage, wann das Mittel der totalen Zerstörung eingesetzt werden soll? Wenn die Ukraine überfallen wird, greift die USA offensichtlich nicht zum Äussersten. Was, wenn Russland eine Atombombe auf Alaska fallen lässt? Reicht das, um den totalen Gegenschlag auszulösen? Wäre der Gegenschlag dann, eine Atombombe auf Moskau? Oder zuerst eine Ostprovinz von Russland abschiessen, um nicht direkt den totalen Gegenschlag zu provozieren, der zum ultimativen Endergebnis des «Gleichgewichts des Schreckens» führt: Wer als Erster schiesst, stirbt als Zweiter.
Es sind nicht die Rüstungskonzerne, die einen Weltkrieg verhindern, sondern es sind die globale Vernetzung und der Aufbau von Vertrauen. Letzteres gewinnt man nicht durch Waffen, sondern eher mit ethischem Verhalten, auch ethischem Investitionsverhalten.
Darf man als Anleger oder Anlegerin vom Krieg profitieren? Wie ist ein aktives Investment in eine Rüstungsfirma zu bewerten? Macht es einen Unterschied, wenn eine Rüstungsfirma auf der defensiven, deutschen Seite steht? Stärkt ein Investment in eine deutsche Rüstungsfirma vielleicht sogar indirekt die Fähigkeit des Landes, den Frieden aufrechtzuerhalten?
Wer in Firmen investiert, die militärisch nutzbare Güter herstellt, muss sich solche Fragen stellen. Mehr zum Thema lesen Sie hier:
Der Ausschluss von Rüstungskonzernen ist für Investoren und Investorinnen der kleinste gemeinsame Nenner, der allererste Schritt auf dem Weg zu ethischeren Anlagen. Wer den nicht macht, muss gar nicht mehr über Nachhaltigkeit und Ethik schwatzen.
Diese Firmen produzieren Kriegsmaterial. Was Krieg anrichtet, ist derzeit in der Ukraine zu sehen: Menschen werden getötet, Städte zerstört, Familien verlieren Hab und Gut und müssen flüchten.
Mehr Rendite ohne kontroverse Waffen
Muss man jetzt auf Rendite verzichten, weil man ethisch anlegt? Nicht unbedingt. Wer nach nachhaltigen Kriterien investiert, kann auch immer wieder mal höhere Gewinne einfahren. Wer in den vergangenen fünf Jahren in den Weltaktienindex ohne kontroverse Waffen investierte, hat mehr Gewinn gemacht als mit dem weltweiten Rüstungsindustrieindex.
Kontroverse Waffen sind etwa Streubomben. Die sind international geächtet, weil mit ihrem Einsatz grosse «Kollateralschäden» in Kauf genommen werden. Viele Verstümmelte und Tote in der Zivilbevölkerung, auch Jahre nach dem Einsatz. Denn die mit heissen Metallsplittern gefüllten Kleinbomben explodieren zunächst oft gar nicht, sondern bleiben als Blindgänger zurück, sodass auch Jahre nach Beendigung des Konflikts Menschen getötet und verstümmelt werden. Oft trifft es dann auch spielende Kinder.
Ethische Fonds, die mit der Performance von Rüstungskonzernen mithalten
Es gibt auch ethische Fonds, die trotz den enormen Kriegsgewinnen mit den Rüstungsaktien mithalten können. Darunter etwa der UBS-ETF SICAV MSCI World Socially Responsible (ISIN: LU0629459743). Er hat über fünf Jahre praktisch gleich viel Gewinn wie der Rüstungsindex erreicht. Der Fonds investiert in Unternehmen mit Fokus auf ökologische und soziale Aspekte. Ausdrücklich ausgeschlossen von einer Investition sind unter anderem Firmen, die Waffen herstellen. Explizit genannt werden in den Fondsunterlagen kontroverse und konventionelle Waffen sowie Atom- und zivile Schusswaffen. Auch in Kernkraft, Tabak, Alkohol, Glücksspiel wird nicht investiert und ebenso wenig in Unternehmen, die hohe CO2-Emissionen verursachen.
Es gibt immer verschiedene Wege zu Renditen an der Börse. Darunter sind es ethische und weniger ethische. Verantwortungsbewusste Investorinnen und Investoren suchen und nutzen die ethischen Wege.
Ob nach den ganzen Kursanstiegen und Rekordhochs bei den Rüstungsaktien, noch ein wirklich guter Einstiegszeitpunkt ist, kann man auch rein ökonomisch bezweifeln. Vielleicht ist es zur Zeit auch im rein gewinnorientierten Sinn besser, diese Titel im Hoch zu verkaufen.
- Elvira Nabiullina: Die Frau mit dem unmöglichen Job
- Die zehn reichsten Russen sind schon 45 Milliarden Dollar ärmer
- Friedenszopf: Basler Grossbäckerei tauft Russenzopf um
- So hart treffen die Sanktionen des Westens Russland bereits
- Nach dem Einmarsch sind die Russen nach Zürich geflogen
- Erdgas gegen Rubel: Drei Punkte über die Folgen von Putins Entscheidung (Abo)
- «Nestlé ist ein taktisch interessantes Ziel» (Abo)