Nicht Worte, sondern Taten. Je umweltfreundlicher die Rhetorik der Unternehmen, desto grösser das Misstrauen gegenüber der Aufrichtigkeit vollmundiger Versprechungen. Nachhaltige Anlageprodukte bilden hier keine Ausnahme und der Boom solcher Produkte in der jüngsten Zeit stimmt die Anlegenden nachdenklich.
Der Gesetzgeber hat das verstanden. Die Regulierungswelle, die die Finanzmarktakteure seit mehreren Monaten überzieht, zeigt dies eindrücklich.
Ein Instrument zur Bekämpfung von Greenwashing
Die Speerspitze des Gesetzgebers im Kampf gegen Greenwashing ist die sogenannte europäische Taxonomie. Diese Klassifizierung der Wirtschaftsaktivitäten ermöglicht die auf wissenschaftlichen Daten beruhende Identifikation von Tätigkeiten, die wirklich «grün» sind.
Damit wird die Einstufung, wie umweltfreundlich der Impact von Produkten und Dienstleistungen ist, nicht mehr allein der Interpretation der Unternehmen und Investoren überlassen. Die Gefahr irreführender Informationen wird auf diese Weise stark reduziert.
Dieser einheitliche Klassifizierungsrahmen dient auch der Flankierung und Beschleunigung notwendiger Investitionen zur Erreichung der Kohlenstoffneutralität in Europa bis 2050.
Grün, grüner, dunkelgrün?
Die europäische Taxonomie beinhaltet auch zahlreiche Anforderungen an die Vermögensverwaltungsgesellschaften. Mit Blick auf die Einhaltung der Nachhaltigkeitspräferenzen der Kunden und Kundinnen und – längerfristig – auf ein mögliches EU-Label wird die nachweislich hohe Kohärenz mit der Taxonomie ein Weg sein, um Anlegerkapital in nachhaltige Wirtschaftsbereiche zu lenken.
Probleme bestehen weiter. Der zeitliche Abstand zwischen den Ergebnisvorlagen der Unternehmen an die Investoren sowie die gewaltige Vielfalt der von den Ratingagenturen erstellten Daten werfen Fragen hinsichtlich der Zuverlässigkeit der Berichte auf.
Coline Pavot besitzt einen Abschluss der SKEMA Business School in nachhaltiger Entwicklung und verfügt unter anderem über profunde Kompetenzen im Bereich Mikrofinanzwesen. Sie begann ihre berufliche Laufbahn 2014 bei BNP Paribas Wealth Management als Produktspezialistin im Bereich nachhaltige Investitionen, bevor sie im Februar 2017 als SRI-Analystin zu La Financière de l’Echiquier wechselte. Im Jahr 2020 ist sie zum Head of SI-Research ernannt worden.
Ehrliche oder aggressive PR-Kommunikation: Die Frage des Greenwashings schwebt wie ein Damoklesschwert über den Investmenthäusern. Es ist zu hoffen, dass die meisten Unternehmen Vorkehrungen treffen und die Taxonomie sinnvoll als Indikator für ihr Klimaschutzengagement nutzen.
Heikle Umsetzung
An der Unternehmensfront weckt auch der mögliche Zugang zu Finanzierungen allerhand Begehrlichkeiten. Doch zu welchem Preis?
Angesichts der Komplexität der Regeln und Vorschriften und der zahlreichen Auslegungsmöglichkeiten stellen sich viele Fragen hinsichtlich der Qualität der von den Unternehmen vorgelegten Berichte. Welchen Preis zahlen Unternehmen, die die Kohärenz ihrer Wirtschaftsaktivitäten in Bezug auf die EU-Taxonomie weniger marketingorientiert darstellen und kommunizieren als ihre Wettbewerber?
Und was ist von der umstrittenen Einordnung von Atomkraft und Gas als «nachhaltige» Energiequellen zu halten, für die jeglicher wissenschaftlicher Konsens fehlt und die zudem die Nachvollziehbarkeit und Glaubwürdigkeit dieses ambitionierten Regelwerks infrage stellt?
Mehr tun als nur die Pflicht erfüllen
Als verantwortungsbewusste und engagierte Investoren und Investorinnen müssen wir mehr tun, als nur Gesetze und Vorschriften einzuhalten. Es ist unsere Pflicht, unsere Kundinnen, Kunden und Stakeholder auf die Komplexität der Umsetzung dieses Regelwerks aufmerksam zu machen und sie über die Grenzen der aktuellen Verfahren zu informieren.
Diese Aufklärungsarbeit ist für die Unterstützung einer gelungenen Umsetzung dieser Vorschriften von entscheidender Bedeutung und steht im Einklang mit unserer Anfang 2021 eingeführten Klimaschutzstrategie.
Gemäss der gleichen Logik und derselben kontinuierlichen Optimierungsdynamik werden wir in einem nächsten Bericht zum Klimaschutz und zur Biodiversität erste Elemente in Bezug auf die Kohärenz unserer Fonds mit der EU-Taxonomie veröffentlichen.