Ist die Inflation vorübergehend – oder müssen wir uns auf eine längere Phase der Preissteigerungen einrichten? Durchaus, sagt Axel Weber. Der UBS-Präsident erwartet, dass «ungemütlich hohe» Inflationsraten bis zu drei Jahre lang die Märkte beschäftigen könnten. Dies sagte Weber an diesem Mittwoch am «Bloomberg New Economy Forum» in Singapur.

Damit bekräftigte er seine Position als Inflations-Warner. «Ich glaube nicht, dass die jetzigen Inflationsraten so vorübergehend sein werden, wie die Notenbanken jetzt glauben», hatte er im August vor einem Gremium der CDU in Deutschland bemerkt. Viele Zentralbanker glaubten, dass sich das Problem von selbst erledigen werde – er nicht, so der ehemalige Chef der Bundesbank. Vielmehr werde es zu irgendeinem Zeitpunkt nötig, dass die Notenbanken aktiv gegensteuern.

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UK: Teuerung klar über Zielwert

Unterstützung für Webers Sicht der Lage bieten nun neue Daten aus London, veröffentlicht an diesem Mittwoch: Laut dem britischen Office for National Statistics erreichte die Oktober-Teuerung 4,2 Prozent – womit sie die Erwartungen der meisten Experten übertraf. Es war höchsten Anstieg seit zehn Jahren. Die Bank of England warnte, dass sie womöglich in den nächsten Monaten gezwungen ist, die Zinsen zu erhöhen, um die Preisentwicklung im Griff zu behalten. Die britische Teuerung, so die BofE, könnte in den ersten Monaten des nächsten Jahres um 5 Prozent zulegen, womit sie um mehr als das Doppelte über dem Zielwert läge.

Dennoch: In der internationalen Fachwelt ist Axel Weber mit seinen Inflationswarnungen eher in einer Minderheiten-Position. Aufsehen erregte der UBS-Präsident dabei im Februar dieses Jahres durch einen Stellungsbezug per Essai. Bei den Preisen drohe «rude awakening», so sein damals veröffentlichter Text.

Der Ausgangspunkt dabei: Prognosen zur Teuerung sind ohnehin speziell schwierig. Die Modelle dahinter bauen auf den Erfahrungen der letzten fünf Jahrzehnte – doch die heutige Wirtschaftslage sei mit dieser Vergangenheit nicht zu vergleichen. «Die tiefen Inflations-Voraussagen von heute sind deshalb keine Garantie, dass die Teuerung auch wirklich tief bleiben wird.» (mehr)

Erst Waren, dann Dienstleistungen

Im Rückblick recht klarsichtig erscheint Webers damalige Erwartung, dass die Menschen nach der Pandemie viele Ausgaben zu den Gütern beziehungsweise Waren verlagern – zum Beispiel würden mehr Möbel gekauft –, wo sich der Nachfragedruck tatsächlich rasch in Preissteigerungen niederschlagen kann.

Die «Warenkörbe» der Konsumenten würden schwerer, die Ausgaben dafür stiegen – also die Konsumausgaben insgesamt, so Webers damalige Analyse. Und zwar taten sie dies, ohne dass es die staatlichen Inflationsindizes ausweisen.

Der Grossbanker sagte dann aber auch voraus, dass sich die Preisspirale bei den Dienstleistungen ebenfalls drehen könnte: Denn sobald die Einschränkungen verschwinden, wollen die Leute Vieles nachholen – beim Reisen, in den Hotels, in den Restaurants. Doch die höhere Nachfrage trifft auf ein kleineres Angebot. Denn die Lockdowns werden eben auch reihenweise Reisebüros, Restaurants, Airlines und Hotels zerstört haben.
 
Angesichts der weiterhin grassierenden Covid-Ängste und -Zwänge konnte sich diese Entwicklung bislang erst ansatzweise andeuten.

«Das wird nicht überleben»

Ein noch grösseres Risiko, so der UBS-Präsident in seinem damaligen Essai, bilden die nie dagewesenen Staatsausgaben und Geldmengen-Erweiterungen. Die Defizite benötigten Anleger, die bereit sind, Staatsobligationen ohne Rendite zu übernehmen – doch wie lange geht das noch gut? «Sobald Zweifel an der Zuverlässigkeit dieser Investitionen auftauchen, veranlasst dies die Sparer und Investoren, in andere Anlagen zu wechseln; dies wiederum würde die Währungen der betroffenen Staaten schwächen und dort zu höheren Konsumentenpreisen führen.»

Am «Bloomberg New Economy Forum» in Singapur machte Weber nun allerdings eine klare Absage an ein vermeintliches Flucht-Vehikel: Kryptowährungen. Die beurteilt er sehr skeptisch. Die Idee, «Zahlungen von Banken oder Bargeld in ein anonymes Vehikel zu verlagern, bei dem beide Seiten der Transaktion nicht bekannt sind – das wird nicht überleben», sagte er an der Podiumsdiskussion im Forum.

Und weil die Transaktionen nicht identifizierbar sind, würden es die Behörden am Ende auch nicht tolerieren, dass Kryptowährungen «wirklich gross» werden.

(rap, «Bloomberg»)