Der SMI steht Eröffnung bei 0,2 Prozent tiefer. Der Ausverkauf an der Wall Street hat damit noch nicht auf die Schweiz übergeschwappt. «Es ist nicht sofort ersichtlich, was der Auslöser für die gestrige Kehrtwende an den Märkten war, aber die Verluste schienen im Verlauf an Zugkraft zu gewinnen», sagt ein Händler. Auf die gesamte Woche betrachtet lag der SMI 2,1 Prozent im Minus.
Die Aktie von Richemont verzeichnet mit 1,4 Prozent ein deutlichste Minus. Mit einem Minus von 3 Prozent sind die Papiere von Adecco ebenfalls gefallen. Die Titel von Novartis steigen hingegen um 0,2 Prozent.
Die Angst der Anleger vor immer grösseren Zinsanhebungen der US-Notenbank hat die US-Börsen gestern auf Talfahrt geschickt. Der Dow-Jones verlor mehr als 1000 Punkte oder 3,1 Prozent. Der breiter gefasste S&P 500 fiel um 3,6 Prozent auf 4146 Zähler. Die Technologiebörse Nasdaq fiel um fünf Prozent auf 12'317 Punkte in die Tiefe und verzeichnete damit den grössten prozentualen Verlust an einem Börsentag seit dem 11. Juni 2020. CNBC schrieb von «Anzeichen von Panikverkäufen».
Am Mittwoch hatten die Börsen noch mehr als drei Prozent gewonnen, nachdem die Notenbank die Zinsen erwartungsgemäss um 50 Basispunkte angehoben hatte. Fed-Chef Jerome Powell schloss eine Zinserhöhung um 75 Basispunkte in einer bevorstehenden Sitzung ausdrücklich aus.
«Ich würde sagen, dass die Märkte der Fed ihre Zurückhaltung nicht abkaufen», sagte Callie Cox, US-Investmentanalystin beim Broker eToro. Einige Fed-Mitglieder hätten bereits darauf gepocht, dass die Zinsen schneller steigen müssten und das sofort, sagte Cox. «Es macht also Sinn, dass die Anleger an diesen Ort der Angst zurückkehren, dass die Fed viel mehr tun könnte, als sie sich vorgestellt hatten, um die Inflation geldpolitisch zu bekämpfen.»
Die Schweizer Börse hat am Donnerstag um die Nulllinie gependelt. Händler erklärten, nach dem Zinsentscheid der US-Notenbank fehlten Impulse für stärkere Kursbewegungen. Der SMI notierte kurz vor Handelsschluss um 0,1 Prozent tiefer auf 11.863 Punkten. Unter Druck standen vor allem Finanzwerte. Credit Suisse büssten 3,2 Prozent ein. Ein Rechtsstreit auf den Bermudas könnte die Grossbank rund 600 Millionen Dollar kosten.
Bislang hatte die Bank gewarnt, dass sich die Kosten auf mehr als 500 Millionen Dollar belaufen könnten. Swiss Re ermässigten sich um 3,1 Prozent. Hohe Belastungen für Covid und Naturkatastrophen drückten den Rückversicherer im Startquartal in die roten Zahlen. Adecco, die ebenfalls unter einem enttäuschenden Quartalsergebnis litten, sackten gar um knapp fünf Prozent ab. Auf der Gewinnerseite standen dagegen die Wachstumswerte Logitech und Partners Group.
(reuters/tdr)
Der Anstieg der langfristigen Renditen ist für die Gesamtwirtschaft von Bedeutung, da sie die Kreditkosten für Unternehmen und Hausbesitzer beeinflussen. Die Hypothekenzinsen in den USA setzten ihren Aufwärtstrend fort und erreichten den höchsten Stand seit August 2009. Daten vom Donnerstag zeigten, dass die Produktivität im ersten Quartal so stark gesunken ist wie seit 1947 nicht mehr, da die Wirtschaft schrumpfte, während die Arbeitskosten in die Höhe schnellten, was auf einen extrem engen Arbeitsmarkt hindeutet.
Mit der Rücknahme einer Jumbo-Zinserhöhung um 75 Basispunkte im Juni hat der Fed-Vorsitzende Jerome Powell am Mittwoch die aggressivsten Prognosen des Marktes für die Entwicklung der Zinssätze zurückgedrängt.
Möglicherweise hat er aber auch ungewollt die Weichen für weitere Turbulenzen in der Zukunft gestellt. Es liegt noch ein sehr steiniger Weg vor uns, denn in den nächsten Tagen stehen wichtige Wirtschaftsdaten und globale Entwicklungen an, die Zweifel an der Vorgehensweise der Zentralbank aufkommen lassen könnten.
tim/Bloomberg/SDA