Wenn wir mit Blick auf das Klima einfach so weitermachen wie bisher, könnte sich die Werteerosion auf Billionen von Dollar belaufen. Ein unverzüglich einzuleitender Wandel in der Finanzbranche kann helfen, diese Verluste zu vermeiden. Zudem muss ein Wandel in allen Branchen stattfinden, die für Finanzierungen auf das Finanzsystem angewiesen sind, das wiederum die unzähligen entstehenden Risiken steuern muss.

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In einem von der Marrakech Partnership unter der Ägide der Vereinten Nationen veröffentlichten Bericht «Finance – Climate Action Pathway 2021» heisst es: «Es ist von essenzieller Bedeutung, dass der Finanzsektor und die Marktkräfte gewappnet sind, um einen fairen und reibungslosen Übergang in eine resiliente Weltwirtschaft mit Netto-Null-Emissionen herbeizuführen, sodass den Klimafolgen ihrer Aktivitäten Rechnung getragen wird.»

Von innen nach aussen statt von aussen nach innen

Damit dieser Übergang effektiv gelingt, muss im Finanzsektor ein radikales Umdenken stattfinden: Statt einer Betrachtung von aussen nach innen – Messung und Reduzierung der durch den Klimawandel verursachten Risiken für die Finanzwelt –, muss die Perspektive von innen nach aussen – Messung und Reduzierung der Wirkung, welche die Finanzbranche auf den Planeten hat – eingenommen werden.

Die Akteure im Finanzbereich können sich nicht länger einfach nur auf Finanzrisiken konzentrieren. Sie müssen sich auch der Wirkung ihrer Finanzierungen bewusst sein. Zudem dürften die Aufsichtsbehörden vermehrt die Offenlegung dieser Wirkung verlangen. Die Veränderung muss demnach ganzheitlich erfolgen und alle Systeme innerhalb des jeweiligen Unternehmens, einschliesslich der Vergütung, umfassen.

Ganzheitliche Betrachtung nötig

Das Herzstück der internationalen Finanzarchitektur bilden Banken, Versicherungen und Investitionen. Und im Zentrum dieser Säulen befindet sich die Realwirtschaft, für welche diese Sektoren Garantien und Finanzierungen übernehmen.

Über diesem Gebilde stehen die Finanzministerien der einzelnen Länder, welche die Aufsicht über die Zentralbanken führen, die wiederum die Aufsichtsbehörden überwachen. Letztere sind für die Beaufsichtigung der genannten Säulen zuständig.

Über den Autor

Steve Waygood ist Chief Responsible Investment Officer bei Aviva Investors, einem Vermögensverwaltungsunternehmen mit Hauptsitz in London.

Wir müssen also dieses ganze Bild durchschauen und von innen nach aussen arbeiten, um die Anreize in der Realwirtschaft so zu verändern, dass die externen Effekte internalisiert werden. Wir sollten den Blick jedoch auch von aussen nach innen richten und sicherstellen, dass das gesamte System mit den Zielen von Paris in Einklang steht.

Offenlegung klimabezogener Risiken

Laut dem «Finance – Climate Action Pathway 2021»-Bericht der Vereinten Nationen ist es für ein Erreichen von Netto-Null-Emissionen bis 2050 «notwendig, dass bei jeder finanziellen Entscheidung der Klimawandel berücksichtigt wird und Kapitalströme in Einklang mit niedrigen Treibhausgasemissionen und einer klimaresilienten Entwicklung stehen».

Der Bericht empfiehlt die obligatorische Offenlegung klimabezogener Risiken durch Unternehmen und lokale Behörden wie etwa Städte sowie auf Anlageebene, sodass Finanzinstitute diese Risiken in ihren Entscheidungen berücksichtigen können.

Des Weiteren wird eine aufsichtsrechtliche Überwachung und ein Einschreiten auf makroprudenzieller Ebene gefordert, was die Verwendung von Daten durch Finanzinstitute zur Erstellung von Übergangsplänen und wissenschaftsbasierten kurz- und langfristigen Zielen für die Dekarbonisierung finanzierter Emissionen anbelangt.

Rechnungslegung neu kalibrieren

Zur Unterstützung sollten Rechnungslegungsstandards, Prüfungspraktiken und Notierungsvorschriften an den Börsen aktualisiert werden, damit die wahren Kosten von Klimarisiken in den Bilanzen widerspiegelt werden.

Eine partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen Aufsichtsbehörden und Finanzinstituten ist der beste Weg, um Fehlern auf Markt- und Aufsichtsebene entgegenzuwirken.

«Finanzinstitute können Aufsichtsbehörden darüber informieren, wo Fehler an den Märkten vorliegen, und beide können gemeinsam untersuchen, wie diese behoben werden können. Aufsichtsbehörden ihrerseits können die Weichen für einen Wandel stellen, beispielsweise durch fiskalpolitische Massnahmen oder durch Marktmechanismen wie etwa Handelssysteme. Je mehr Anlegende ihre Kräfte bündeln, umso mehr Veränderung können wir bewirken.»

Regulierungsbehörden haben gehandelt

Die Aufsichtsbehörden haben ihre Erwartungen festgelegt. Auch wenn sich die Richtlinien von Land zu Land unterscheiden, so beinhalten sie doch alle die Themen Governance und Strategie, einschliesslich einer Neugestaltung von Geschäftsmodellen und Anpassungen in Bezug auf Vergütungsrichtlinien, das Risikomanagement und die Offenlegung.

Im April 2021 hat der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht eine Abhandlung zu klimabezogenen Risikofaktoren und ihren Übertragungswegen herausgegeben, in der ein Rahmen für die Modellierung und das Management von Klimarisiken für Banken abgesteckt wird.

Im gleichen Monat veröffentlichte die Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (European Insurance and Occupational Pensions Authority – EIOPA) einen Meinungsartikel mit dem Ziel, «ein zukunftsorientiertes Management von [Klima-]Risiken zu fördern, um die langfristige Solvabilität und Lebensfähigkeit der Branche sicherzustellen».

Noch im laufenden Konjunkturzyklus beginnen

Die Autoren des Berichts «Finance – Climate Action Pathway 2021» hoffen, dass die Finanzmärkte, Finanzinstitute und Finanzsysteme bis 2050 so aufgestellt sein werden, dass sie eine resiliente treibhausgasneutrale Wirtschaft und Gesellschaft unterstützen und finanzieren können.

Zusammengefasst: Die Reaktion muss noch im aktuellen Konjunkturzyklus kommen: Wenn wir nicht sofort handeln, birgt dies grosse Risiken für uns selbst, unsere Kundinnen, Kunden und unsere Anteilseigner.

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