Globale ETF haben 2021 mit einem verwalteten Vermögen von annähernd 10 Billionen Dollar und über 1 Billion Dollar an neuen Nettozuflüssen ein Rekordjahr erlebt. Bereits im Vorjahr waren Rekordwerte erreicht worden. Die ETF hatten den Volatilitätstest durch die Corona-Pandemie bestens bestanden und gezeigt, dass sie als geeignetes Instrument für eine effiziente Risikoübertragung auf volatilen Märkten tauglich sind. Doch wie geht es dieses Jahr weiter?
ETF auf kurzlaufende Anleihen werden die Nase vorn haben
Der März des Jahres 2020 und die erhöhte Volatilität durch den Beginn der Corona-Pandemie gelten weithin als die letzte Bewährungsprobe, die für die breite Akzeptanz des ETF-Instruments noch erforderlich war. Die volatile Phase warf ein positiveres Licht auf Anleihen und zeigte, wie die ETF-Struktur erfolgreich von Anlegerinnen und Anlegern eingesetzt werden kann, die in angespannten Zeiten Liquidität suchen. Diese Eigenschaft war für viele Anleger während der jüngsten pandemiebedingten Volatilitätsschübe entscheidend.
Jason Xavier ist Head of EMEA Capital Markets bei Franklin Templeton Investments. Er verfügt über mehr als 16 Jahre Erfahrung im Bereich ETF-, Index- und Portfoliostrategien.
Bevor er im Sommer 2017 zu Franklin Templeton kam, leitete er das Kapitalmarktteam bei ETF Securities in London. Jason hat einen Bachelor of Engineering und einen Master-Abschluss in angewandter Mathematik vom Imperial College London.
Und aus unserer Sicht verstärken die Rekordzuflüsse in ETF in den letzten beiden Jahren die Argumente für den Einsatz der ETF-Struktur als Kern-, Liquiditäts- und taktisches Instrument, das vielen Anlegern hilft, ihre Anlageziele im Anleihenbereich zu erreichen.
In Erwartung steigender Zinsen
Während sich das wirtschaftliche Umfeld ändert und die Volkswirtschaften sich wieder öffnen, positionieren sich viele Anleger offenbar in Erwartung der Zentralbankreaktionen auf die Inflationsspitzen. Da der Markt für 2022 steigende Zinsen erwartet, dürften sich viele Anleger also weiterhin am kurzen Ende der Zinsstrukturkurve positionieren. Daher sind wir der Meinung, dass ETF mit kurzer Duration sich dieses Jahr wahrscheinlich besser entwickeln werden als breiter angelegte Produkte auf langlaufende Anleihen.
Bei ETF im ESG-Bereich werden sich die Zuflüsse erneut verdoppeln
Letztes Jahr wies fast jeder neu aufgelegte ETF einen ESG-Schwerpunkt auf und die Dynamik der ESG-Anlagen in Europa beherrscht weiterhin viele Diskussionen. Es war erneut ein Rekordjahr für die Mittelzuflüsse in europäische ESG-ETF: Die Nettozuflüsse verdoppelten sich von 43 Milliarden Dollar im Jahr 2020 auf 87 Milliarden Dollar im Jahr 2021.
Die Einführung der neuen Verordnung über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor (SFDR) der Europäischen Union (EU) gab der Entwicklung zusätzlichen Aufwind und ich sehe keinen Grund für ein Ende dieses Trends. Wir erwarten jedoch ein steigendes Interesse der Anleger an ETF, die als Fonds nach Artikel 9 der SFDR klassifiziert sind. Ebenso dürften ESG-ETF, die messbare Wirkungen anbieten, einen grösseren Anteil der diesjährigen Zuflüsse ausmachen.
Anleihen im Umfang von 200 Milliarden Euro
Im Anleihenbereich erwartet die EU in den nächsten vier Jahren die Emission von grünen Anleihen im Umfang von mehr als 200 Milliarden Euro – eine gute Gelegenheit für Anleger, die mit ihrem Investment etwas bewirken möchten. Im Aktienbereich gehen wir derweil davon aus, dass Produkte mit einem Fokus auf Qualität dieses Jahr den Löwenanteil der Zuflüsse ausmachen werden.
Schwellenländer, die Lieferkettenprobleme angehen, profitieren
Die globalen Lieferkettenprobleme sind weiterhin das beherrschende Thema für viele von Importen aus Übersee abhängige Unternehmen und die wesentliche Ursache der steigenden Frachtkosten weltweit. Von Halbleitern bis Industrieanlagen – die Probleme betreffen Verbraucher wie Unternehmen auf der ganzen Welt. Selbst der Markt für Gebrauchtwagen in Grossbritannien hat aufgrund der Knappheit an Neufahrzeugen zum ersten Mal in meinem Leben überhaupt nach oben tendiert.
China, Südkorea und Taiwan bleiben Fertigungszentren
Die Fertigungszentren der Welt liegen weiterhin vor allem in den Schwellenländern. Deutschland einmal ausgeklammert, ist die globale Lieferkette in hohem Masse von China, Südkorea und Taiwan abhängig.
Während einige glauben, dass sich dieses Problem über mehrere Jahre hinziehen wird, erwarten andere eine Normalisierung gegen Ende des Jahres. Vor diesem Hintergrund gehen wir davon aus, dass ETF für einzelne Export-Schwellenländer dieses Jahr jene überflügeln werden, die weniger auf wichtige Exportgüter ausgerichtet sind, und dass das verwaltete Vermögen der entsprechenden ETF steigen wird.