Hinweise auf Bewegung im Ukraine-Konflikt und vor allem die Fed-Zinswende haben die US-Börsen am Mittwoch kräftig angetrieben. Hatte die Wall Street schon im frühen Geschäft deutlich im Plus gelegen, gab sie am Abend nach dem Entscheid der US-Notenbank, die Zinsen erstmals seit langem wieder anzuheben und noch weitere, kräftige Schritte in diesem Jahr zu planen, die Zugewinne zunächst fast vollständig wieder ab. In den letzten eineinhalb Handelsstunden drehte sich jedoch die Stimmung deutlich.
Der technologielastige Nasdaq-Index schloss nahezu auf Tageshoch 3,8 Prozent fester. Der Dow Jones stieg um 1,6 Prozent, der S&P 500 um 2,1 Prozent.
Viele Anleger seien offenbar einfach erleichtert, dass die Fed nun tatsächlich die Zinswende eingeleitet habe, sagte Jim Paulsen, Investment-Stratege bei The Leuthold Group. «Zu hören, dass die Fed endlich handelt, um die Inflation zu bekämpfen, ist etwas beruhigend.»
Zinsschritt auf jeder kommenden Sitzung?
Die Fed machte deutlich, dass es bei weitem nicht bei dem Zinsschritt vom Mittwoch auf ein Niveau von 0,25 bis 0,5 Prozent bleiben wird. Für Ende 2022 halten die Währungshüter im Mittel ein Leitzinsniveau in einer Spanne von 1,75 bis 2,0 Prozent für angemessen. Bis Ende 2023 könnte es auf 2,8 Prozent getrieben werden. Damit signalisieren sie einen aggressiveren Kurs, als es viele Experten erwartet hatten. «Das heisst, der Leitzins könnte auf jeder Sitzung bis Jahresende angehoben werden», sagte LBBW-Analyst Elmar Völker.
Zuletzt hatte die Fed die Zinsen Ende 2018 erhöht. Die trotz des Ukraine-Krieges vollzogene Wende markiert eine Zäsur für die Finanzmärkte, die über Jahre vom ultra-lockeren Kurs der Fed profitierten. Laut Fed-Chef Jerome Powell ist die US-Wirtschaft stark genug, auch weitere Zinserhöhungen wegzustecken.
Waffenstillstandsverhandlungen machen Mut
Mut machte Börsianern neben der Hoffnung auf Bewegung bei den Waffenstillstandsverhandlungen zwischen Russland und der Ukraine am Mittwoch auch China. Die Volksrepublik hatte erklärt, mehr Konjunkturimpulse zu geben und die Märkte stabil zu halten. Das bescherte den US-Titeln chinesischer Technologiekonzerne drastische Kurssprünge. Alibaba stiegen um knapp 37 Prozent, Pinduoduo um 56 Prozent.
Am Anleihemarkt richteten sich die Blicke auf Russland, da im Tagesverlauf Zinszahlungen auf Dollar-Bonds im Volumen von 117 Millionen Dollar fällig wurden. Dem russischen Finanzminister Anton Siluanow zufolge hat das Land die Zahlungen geleistet. Wegen des Einmarschs in die Ukraine wurde Russland aber vom Westen mit Sanktionen belegt, die den internationalen Geldtransfer erschweren.
Es wäre der erste Zahlungsausfall seit der Russischen Revolution 1917, als die Bolschewiken Schulden aus der Zarenzeit nicht anerkannten. Derzeit sind russische Fremdwährungsanleihen im Gesamtvolumen von etwa 40 Milliarden Dollar im Umlauf.
Öl wird billiger
Der Ölpreis für die US-Sorte WTI fiel um weitere 1,5 Prozent auf 94,96 Dollar je Barrel (159 Liter), nachdem er bereits am Dienstag um 6,4 Prozent nachgegeben hatte. «Hinweise für Fortschritte bei den Waffenstillstandsverhandlungen dämpfen die Furcht vor Lieferausfällen», sagte Analyst Stephen Brennock vom Brokerhaus PVM Oil Associates. «Bis zu einem Ende der Feindseligkeiten ist es aber noch ein langer Weg.
(reuters/sda/tim/gku)