Eine lockere Geldpolitik und staatlicher Stimulus bleiben die dominierenden positiven Treiber für die globale Konjunktur und die Finanzmärkte und überkompensieren weiterhin die negativen Effekte der Covid-19-Pandemie.

Trotzdem sollten sich Anleger nicht zurücklehnen, denn die Märkte dürften bald in ein neues Marktparadigma eintreten: Die seit rund 25 Jahren gültige positive Korrelation zwischen langfristigen Zinsen und den Aktienmarktkursen beginnt sich zu drehen. Zukünftig ist deshalb bei steigenden Zinsen tendenziell mit fallenden Aktienkursen (und umgekehrt) zu rechnen.

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Beat Thoma ist Chief Investment Officer bei Fisch Asset Management.

 

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Wechsel der makroökonomischen Risiken weg von Deflation hin zu Inflation

Dieses neu zu erwartende Marktparadigma war bereits in der Zeit von 1966 bis 1997 zu beobachten. Damals war eine steigende Inflation der Auslöser von steigenden Zinsen. Für die Aktien- und Kreditmärkte wirkte sich diese Konstellation negativ aus. 

Ab 1997 bis heute herrschte dagegen global eine deflationäre Tendenz. In diesem Umfeld waren steigende Zinsen ein Zeichen starker Wirtschaft (ohne Inflation!) und damit auch ein positives Signal für die Aktien- und Kreditmärkte.

Allerdings ist eine Rückkehr zum vorherigen Regime durchaus bald möglich. Hauptgrund für diesen Paradigmenwechsel ist die ausserordentlich starke globale Geldmengenausweitung aufgrund einer andauernd äusserst lockeren Geldpolitik in Kombination mit vermehrter Geldschöpfung durch das private Bankensystem und den staatlichen Hilfsprogrammen.

Die Konsumenten und Investoren verfügen deshalb über hohe Bargeldbestände, die für Konsum und Investitionen zur Verfügung stehen. Die aktuelle Situation unterscheidet sich somit grundlegend von der Finanzkrise 2008/09.

Damals versickerte das neu geschaffene Zentralbankgeld im privaten Bankenkreislauf und erreichte nie die Endverbraucher. Die Geldmengen stiegen damals wesentlich weniger stark an als heute. Aktuell wirkt deshalb ein historisch einmaliger monetärer Impuls auf die Konjunktur und das Preisniveau. 

In diesem künftigen Umfeld dürften steigende Inflationserwartungen verbunden mit höheren Zinsen potenziell mehr Schaden anrichten als in den vergangenen 25 Jahren. 

Zusätzlich sind positive Rückkoppelungen zwischen besseren Arbeitsmärkten, höherem Konsum und der fortwährenden lockeren Geldpolitik zu erwarten.

Dies führt zu Beschleunigungseffekten und hoher Zinssensitivität des Systems, was immer schwieriger zu kontrollieren sein wird. Die Zentralbanken stehen einer Kommunikationsherausforderung gegenüber, da die Marktreaktionen unberechenbarer werden.

Makroökonomisches Umfeld insgesamt unbeständiger

Im Moment ist für die Aktien- und Kreditmärkte noch keine generelle Trendwende absehbar. Die steigenden langfristigen Zinsen führen zu einer steileren Zinskurvenstruktur, was historisch zumindest kurz- bis mittelfristig ein positives Zeichen für die Aktien- und Kreditmärkte war. Auch die weiter steigenden Geldmengen wirken noch sehr unterstützend. 

Allerdings führt der erwähnte Paradigmenwechsel zusammen mit möglichen Beschleunigungseffekten und hoher Zinssensitivität des Finanzsystems mittelfristig zu grossen strukturellen Problemen.

Probleme, die mit der bisherigen Geld- und Fiskalpolitik immer schwerer zu lösen sein werden. In den kommenden Monaten und Jahren muss deshalb mit wesentlich höherer Volatilität und insgesamt kleinerem Ertragspotenzial an den Aktien- und Kreditmärkten gerechnet werden.

Auf Indexebene sind die Risikoprämien derzeit äussert gering und entschädigen nur noch wenig für potenzielle Risiken. Anleger sollten dies bei Buy-and-Hold-Strategien, die ganze Märkte abdecken, entsprechend berücksichtigen.

Deshalb sind auf täglicher oder wöchentlicher Basis sämtliche relevanten Indikatoren wie die Geldmengen M1 und M2, der Kupferpreis, die 5-Jahres Inflation-Linked-Swaps in den USA sowie die Marktbreite der Aktienmärkte zu prüfen, die Signale einer langfristigen Trendwende oder zumindest eine Phase sehr hoher Volatilität an den Finanzmärkten rechtzeitig vorwegnehmen.