Das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW Köln) warnt vor einer langen Phase wirtschaftlicher Stagnation bei gleichzeitiger hoher Inflation. «Europa droht eine Stagflation, wenn die Politik nicht aufpasst», sagte IW-Direktor Michael Hüther der «Welt» (Montagausgabe).
«Ich rede hier nicht über dieses oder kommendes Jahr, sondern weit in das Jahrzehnt hinein, das vor uns liegt.» Eine längere Phase der Stagflation sei eine reale Gefahr.
«Klimapolitik kann eine Stagflation auslösen»
Die ambitionierten Klimapolitiken von EU und deutscher Regierung, die auf permanent steigende CO2-Preise setzten, könne die Inflation in den kommenden Jahren treiben. «Unsere Klimapolitik kann eine Stagflation auslösen», sagte Hüther.
Wenn die Politik die deutschen Klimaziele und die der EU ernst nehme, dann müsse der CO2-Preis als zentrales Steuerungselement in den nächsten Jahren steigen - und zwar relativ schnell. Hinzu kämen mit dem Fachkräftemangel und steigenden Löhnen weitere Preistreiber. Steigende Löhne und Preise könnten sich dabei immer weiter aufschaukeln. Experten sprechen hier von einer Lohn-Preis-Spirale.
Es droht Situation wie in den 70er-Jahren
Gleichzeitig bestehe die Gefahr, dass die Wirtschaft in Europa stagniere. «Das Risiko, dass die EU-Volkswirtschaften kaum noch wachsen, ist real», sagte der Ökonom. «Dann nämlich, wenn wir die Transformation der Wirtschaft nicht hinbekommen und die Unternehmen in der Energiewende überfordern.»
Dann drohe eine Situation wie in den 70er-Jahren, als Automation und Ölpreisschock für Entlassungen und Pleiten mit dauerhafter Arbeitslosigkeit sorgten. Das könne jetzt wieder passieren, zumal Alterung und Schrumpfung der Erwerbsbevölkerung die Produktivität schwächten. «Wenn die Politik nicht aufpasst und die Unternehmen überfordert, gleiten wir von einem Goldenen Jahrzehnt in ein sehr trübes Jahrzehnt», sagte IW-Direktor Hüther.
(reuters/gku)