72 Prozent der noch neuen Userinnen und Usern der deutschen Broker-Plattform Trade Republic legen ihr Geld langfristig an und schauen dabei auch auf ihre Vorsorge. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie von DIW Econ, dem Beratungsunternehmen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsförderung DIW in Berlin. In Auftrag gegeben hat die Untersuchung Trade Republic selber. 

Dazu kommt: 77 Prozent von 216'000 befragten Nutzerinnen und Nutzern der Handelsplattform gaben an, an den Finanzmärkten zu investieren, weil andere Anlage- und Sparmöglichkeiten zu wenig einbrächten. Die über zehnjährige Tiefzinsphase, in der sich erst jetzt eine Wende abzeichnet, hat zuletzt viele jüngere Menschen an die Finanzmärkte gebracht. Sparkonten und Anleihenprodukte geben kaum noch Zins. 

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Nur wenige suchen den Kick

Diese Zahlen wirken einem verbreiteten Vorurteil entgegen, nämlich, dass jüngere Traderinnen und Trader oft riskante Momentum-Strategien fahren. Aktien bei tiefen Preisen kaufen und nach einem rasanten Kursanstieg wieder verkaufen ist vor allem nach Beginn der Coronakrise 2020 zum Mega-Thema geworden. 

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Neben den volatilen Krypowährungen haben Wachstumsaktien vor allem aus der Tech-, E-Commerce- und Softwareindustrie mit rasch steigenden Kursen das Interesse an Anlagen befeuert, mit denen schnelle Gewinne möglich sind. Die Börsenlage 2020 gab solchen Anlageaktivitäten teilweise reicht. 2021 hat es schon damit schon schwieriger ausgesehen, und seit 2022 sind Wachstumstitel in der Krise. Das Bemühen, den Markt zu «timen», gilt aber auch unter Profis als schwierig. 

Symbol für den Hype ist die US-Tradingplattform Robinhood geworden. Trade Republic in Deutschland hat eine ähnliche Kundschaft: Die meisten Userinnen und User in der DIW-Umfrage sind seit weniger als einem Jahr an der Börse und zudem sind fast drei Viertel unter 35 Jahren alt.  

Und so zockfreudig sind jüngere Anleger gar nicht, wie die Studie zeigt. Nur 34 Prozent sind der Ansicht, dass schnelle Profite an der Börse wichtig seine. 20 Prozent sagen, dass der Kick des schnellen Gewinns der wichtigste Grund sei, mit Wertpapieren zu handeln. 

Strategie zahlt sich aus

Das eher vorsichtige Anlegen zahlt sich aus. 63 Prozent der Befragten sagten, eine positive Rendite erzielt zu haben. Bei den Neulingen an der Börse sind es sogar 83 Prozent, was aber auch daran liegen mag, dass sich die Börsen auf 12 bis 18 Monate zurückblickend sehr positiv entwickelt haben. Der Median der erzielten Renditen liegt bei 7,1 Prozent: Es hat also jeweils die Hälfte der Umfrageteilnehmer mehr und die andere Hälfte weniger als dies erwirtschaftet.  Bei jenen, die schon mehr als ein Jahr an der Börse sind, liegt dieser Wert bei 11,1 Prozent. 

Ein Irrtum aber wäre es zu glauben, dass die Anlegerinnen und Anleger bei Trade Republic sich besonders stark vor dem Risiko scheuten. Die Fähigkeit, Verluste hinzunehmen, ist ein wesentliches Kriterium für eine Anlagestrategie. Nur 7 Prozent bezeichneten sich selbst als Investoren mit einer niedrigen Risikofähigkeit. In der allgemeinen Bevölkerung sagen dies von sich selber 15 Prozent. 78 Prozent - versus 69 Prozent allgemein - attestieren sich eine mittlere Risikotoleranz. Ein Schluss, den man nun aus der Untersuchung ziehen kann ist: Noch neue Anlegerinnen und Anleger gehen durchaus mit einer gewissen Risikobereitschaft in Aktien, überborden dabei aber nicht. 

Dies zeigt sich auch an der Wahl der Anlageprodukte. 56 Prozent der neuen Userinnen und Usern legen hauptsächlich in Einzelaktien an, während dies 63 Prozent der Nutzer mit mehr Erfahrung tun. Börsengehandelte Fonds, also ETF, finden 31 Prozent der noch jungen Kunden am interessantesten. Wer schon länger tradet, geht zu 22 Prozent primär in ETF. In riskantere Derivate investieren bei den Neo-Usern 1,2 Prozent, während des bei den übrigen Trade-Republic-Kunden 2,6 Prozent sind. 

Wer schon etwas Geld hat, legt zudem bereitwilliger an den Finanzmärkten an als andere Schichten. Drei Viertel der Befragten gehörten zur oberen Hälfte der Einkommensskala in Deutschland. Allerdings: Die noch relativ unerfahrenen Finanzmarkteilnehmern gehören eher einer niedrigeren Einkommensschicht an als die Erfahreneren. 

Männer in der Mehrheit

Dies ist laut den Studienautoren in Indiz dafür, dass Neo-Broker wie Trade Republic auch wegen ihrer tieferen Gebühren eine jüngere Kundschaft anziehen. Weil hohe Gebühren bekanntermassen die Langfrist-Performance von Anlagen empfindlich beeinträchtigen kann, hat dies für jüngere Anlegerinnen und Anleger einen noch höheren Stellenwert als für andere.

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Laut den Studienautoren nimmt das Bewusstsein, für das Alter sparen zu müssen, zu. Nach dem Klimawandel sind die Altersfinanzen die wichtigste Sorge junger Deutscher. Gleichzeitig ist die Börse in der Zeit der Coronapandemie als Grundlage für langfristiges Sparen viel akzeptierter geworden. 

Solche Tendenzen zeigen sich auch in der Schweiz: In einem Interview mit cash.ch sagte Vorsorgeexpertin Veronica Weisser von der UBS, der Wertschriftenanteil beim Säule-3a-Sparen bei der Grossbank betrage jetzt über 50 Prozent. Noch vor zehn bis fünfzehn Jahren habe dieser Anteil bei vielen Anbietern nahe Null gelegen.  

In einem Punkt allerdings bestätigt die DIW-Studie eine gängige Annahme. Es sind immer noch vergleichsweise wenig die Frauen, die an den Finanzmarkt gehen. 84 Prozent der Umfrageteilnehmer waren Männer. Doch auch hier bahnen sich Veränderungen an: Unter den Neo-Investorinnen und -Investoren sind 20 Prozent weiblich. Bei den schon länger am Markt tätigen sind es nur 11 Prozent.

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