Obwohl die Energiewende die Welt seit mehreren Jahren beschäftigt, ist erst 2021 deutlich geworden, was dafür alles erforderlich ist. Der Anstieg der Energiepreise hat gezeigt, welche Herausforderungen die Umstellung von überwiegend fossilen Brennstoffen auf erneuerbare Technologien bereitet. Letztere benötigen viel Kapital, unter anderem auch für Investitionen in Metalle wie Stahl und Kupfer. Ausserdem wird es einige Zeit dauern, um diese Investitionen zu stemmen.
In der Zwischenzeit wird die Nachfrage nach fossilen Brennstoffen nicht umgehend zurückgehen. Wenn aus dem Sektor mehr und mehr Kapital abgezogen wird, wird das zu einem Nachfrageüberhang und das wiederum zu Preiserhöhungen führen.
Das Problem neuer Minen
Diese Umleitung der Kapitalströme dürfte zu vielen Fehlallokationen und damit auch zu Anlagechancen führen. Der Nachfrageschub kommt für viele Rohstoffe zu keiner günstigen Zeit. Wegen der Nachhaltigkeitsthematik können neue Minen usw. nur verzögert oder gar nicht in Betrieb genommen werden.
George Cheveley ist Co-Portfoliomanager der Diversified-Natural-Resources-Strategien und Portfoliomanager des Global Gold Fund, Ninety One. Er ist Spezialist für Metalle und Bergbau. Vor seiner Tätigkeit bei Ninety One war er unter anderem als Marktanalyst bei BHP Billiton tätig. Cheveley begann seine Karriere 1990 im operativen Geschäft von British Steel Strip Products, wo er drei Jahre lang im Weissblech-Bereich arbeitete. Er schloss 1989 sein Studium der klassischen Sprachen an der University of Oxford mit Auszeichnung ab und erhielt 1995 einen MBA der Warwick University.
Serbien beispielsweise hat kürzlich die Genehmigungen für eine potenzielle neue Lithiummine von Rio Tinto wegen Umweltbedenken gestrichen.
Stahlpreise bleiben auf höherem Niveau
Der Stahlsektor ist unter den Anlegerinnen und Anlegern wegen der schlechten Renditen und zunehmend auch wegen des CO2-Fussabdrucks in Verruf geraten. Es hat Jahrzehnte gedauert, bis die Überkapazitäten in den Industrieländern abgebaut wurden. Nur China ging in eine andere Richtung. Das Land der Mitte hat den Stahlvorrat im Zuge des Aufbaus der heimischen Infrastruktur ausgebaut.
Von einigen wenigen Ausnahmen abgesehen hatten und haben Stahlunternehmen Mühe, Gewinne zu erzielen. Schwierigkeiten bereiten etwa überschuldete Konkurrenten und Importe aus überversorgten Märkten, welche auf dem Verkaufspreis lasten. Um den Mittelfluss aufrechtzuerhalten und wegen der hohen Fixkosten konzentrieren sich die Unternehmen auf Quantität und weniger auf Rentabilität.
Abrupter Kurswechsel in China
Covid-19 und der Kurswechsel der chinesischen Regierung haben nun alles auf den Kopf gestellt. Zu Beginn der Pandemie hat der Nachfrageschock die schwächsten Unternehmen aus dem Markt gedrängt. Danach hat der Boom von Gebrauchsgütern die Nachfrage sehr schnell wiederbelebt. Gleichzeitig ging die chinesische Regierung hart gegen die inländische Überproduktion vor. Stahl sollte nicht mit Verlust exportiertet werden, was die Handelspartner verärgert hätte.
China hat aus diesem Grund im letzten Jahr den 13-Prozent-Mehrwertsteuerrabatt für Stahlexporte abgeschafft. Gepaart mit der robusten Nachfrage führte das zu einer Verdreifachung der Stahlpreise in den USA und zu einer Verdoppelung in Europa. Obwohl sich die Preise von ihren Höchstständen gelöst haben, werden sich die Stahlpreise wahrscheinlich längerfristig auf einem weitaus höheren Niveau einpendeln als vor der Pandemie.
SSAB in aussichtsreicher Position
Blicken wir noch nach Europa: SSAB hat im vergangenen Jahr eine starke Performance hingelegt. Der schwedische Stahlhersteller hat von den hohen Flachstahlpreisen profitiert und erhält weiterhin rekordhohe Preise für seine Stahlplatten. Die Preise dürften sich zwar abschwächen, aber die Nachfrage wird intakt bleiben und die Preise für die Jahresverträge werden wohl wieder steigen. Darüber hinaus hat SSAB ehrgeizige Pläne zur Dekarbonisierung seiner Stahlproduktion bis 2030 vorgestellt.
Die Produktionsanlagen des Unternehmens in Schweden und Finnland sind wenig entfernt von günstigen Wasserkraftwerken gelegen – und anderen erneuerbaren Energiequellen. Zudem baut das schwedische Bergbauunternehmen LKAB hochwertiges Eisenerz in der Region ab. Als Folge befindet sich SSAB in einer einzigartigen Position, um weltweit führend in der Produktion von «grünem» Stahl zu werden. Trotz den Schwierigkeiten im Stahlsektor gibt es Unternehmen, die eine aussichtsreiche Zukunft vor sich haben.