Nach dem Ausverkauf am New Yorker Aktienmarkt zur Wochenmitte haben sich die Indizes am Donnerstag mit einer Stabilisierung schwer getan. Letztlich hielt der Druck auf die Kurse an. Am Freitag ging es in Asien und Europa aber zunächst aufwärts.
Der SMI gewinnt bis am frühen Nachmittag etwa 0,4 Prozent. Der Dax in Deutschland legt sogar um starke 1,8 Prozent zu.
Dow Jones Industrial fiel auf den tiefsten Stand seit März 2021
Die Sorgen, dass die starken Preissteigerungen und steigende Zinsen Unternehmen wie Verbraucher immer mehr belasten, schienen sich am Donnerstag am Markt durchzusetzen. Konjunkturdaten vom Donnerstag passten in dieses Bild. Das Geschäftsklima in der Region Philadelphia etwa trübte sich im Mai überraschend deutlich ein. Zudem gingen die Hausverkäufe im April stärker zurück als erwartet.
Bereits im frühen Handel fiel der Dow Jones Industrial auf den tiefsten Stand seit März 2021. Am Ende des Tages verlor der Leitindex noch 0,8 Prozent auf 31'253. Der marktbreite S&P 500 sank um 0,6 Prozent.
Für den technologielastigen Nasdaq 100 sah es nach seinem Vortagesverlust von gut fünf Prozent zeitweise etwas besser aus, zum Handelsschluss notierte er aber ebenfalls im Minus mit 0,4 Prozent. Der in der Vorwoche erreichte tiefste Stand seit November 2020 ist nicht allzu weit entfernt.
Neue Hiobsbotschaften aus dem Technologiesektor kamen vom Netzwerkausrüster Cisco, der seine Jahresumsatzziele nach einem schwachen Quartal wegen anhaltender Lieferkettenprobleme und Corona-Lockdowns in China deutlich stutzte. Die Cisco-Aktien fielen auf den tiefsten Stand seit November 2020, aus dem Handel gingen sie mit minus 13,7 Prozent.
Auch im abgestraften Einzelhandelssektor setzten sich die schlechten Nachrichten fort. So schraubte nun auch Kohl's seine Gewinnerwartung zurück. Am Vortag bereits vom Abwärtssog der Branche mit minus elf Prozent mit nach unten gerissen, erholten sich die Papiere nun etwas davon mit einem Plus von 4,4 Prozent.
Nikkei und Co. am Freitag im Plus
Die asiatischen Aktien haben am Freitag zugelegt, nachdem China den Leitzins für die Kreditvergabe stärker als erwartet um 15 Basispunkte gesenkt hatte. Die Behörden versuchten dadurch die Konjunkturabschwächung abzufedern.
«Auch wenn dies sicherlich nicht ausreichen wird, um den Gegenwind beim Wachstum im zweiten Quartal umzukehren, so ist die Senkung doch ein Schritt in die richtige Richtung», sagte Carlos Casanova, leitender Asienökonom bei der Union Bancaire Privee in Hongkong.
Beim SMI ging es am Donnerstag auch abwärts
Die Finanzmärkte präsentieren sich einmal mehr von ihrer volatilen Seite. Während in den letzten Tagen zumindest im frühen Handel immer noch mal Gewinne möglich waren, überwiegen am Donnerstag am Schweizer Aktienmarkt und auch europaweit die Verluste.
Teilweise fallen sie auch wieder sehr deutlich aus. Das Zinsgespenst gehe wieder um, kommentiert ein Händler. So hätten Anleger die jüngsten Aussagen von Fed-Chef Jerome Powell einfach ignoriert. «Der oberste Währungshüter hat angekündigt, so lange die Zinsen zu erhöhen, bis die Inflation rückläufig ist - und gegebenenfalls noch aggressiver vorzugehen.»
Höhere Zinsen als Gefahr für Aktienanleger
Ein weiterer Beobachter spricht von «Angsthandel». Nach dem im Wochenverlauf kurzzeitig aufgeflammten Optimismus liege der Fokus der Anleger nun wieder ganz auf den Folgen der anhaltend hohen Inflation. Öl ins Feuer haben vor allem in den USA die enttäuschenden Zahlen grosser Detailhändler gegossen.
Nun gehe die Angst um, dass die Ausgaben der Konsumenten und Haushalte, die Leistungen der Unternehmen und ganz allgemein das Wachstum unter der anhalten hohen Teuerungsrate leiden. Darüber hinaus preise der Markt weiterhin eine weitere Straffung der Geldpolitik ein, was den Druck auf risikoreichere Anlagen erhöhe.
Angst auch im Devisenhandel
Der «Angsthandel» lässt sich aktuell auch am Devisenmarkt ablesen. So macht der Schweizer Franken seinem Ruf als «sicherer Hafen» alle Ehren und zieht sowohl zum US-Dollar als auch zum Euro an. Das Euro/Franken-Paar weist bei Kursen unter 1,03 eine aktuelle Handelsspanne von einem Rappen zwischen Tageshoch und -tief auf. Dies gilt auch für das Dollar/Franken-Paar, das wieder unter der 0,98er Marke notiert, nachdem es am Dienstag noch jenseits der Parität gestanden hatte.
Die erhöhte Volatilität macht sich zudem beim VSMI bemerkbar. Der Volatilitätsindex zieht im Handelsverlauf deutlich an und gewinnt aktuell annähernd 15,9 Prozent auf 24,1 hinzu.
(awp/reuters/gku/tdr)