Offensichtlich war es an der Börse schon mehr oder weniger eingepreist: Denn trotz Bekanntgabe der Zulassung des ersten Biosimilars von Formycon vergangene Woche durch die US-Gesundheitsbehörde FDA in den USA ging es mit der Aktie des Medikamentenentwicklers nur kurzfristig nach oben. Schon ein oder zwei Stunden nach Bekanntgabe der Meldung war der Kurs wieder da, wo er bereits in den Tagen zuvor stand.
Allerdings hat das auch seine gute Seite. Denn oft spekulieren viele Trading-orientierte Anleger auf ein Ereignis und ziehen die Notierung dadurch in den Tagen vorher nach oben. Kommt dann eine Meldung wie erwartet, schmeissen diese Spekulanten den Titel wieder aus dem Depot, der Kurs fällt, auf den ersten Blick völlig unerwartet.
Dass das bei Formycon nicht passiert ist, zeigt: Der Markt, die Mehrzahl der Börsianer, ist überzeugt von der Unternehmensstory und den Perspektiven. Hatte Formycon schon vor zwei Monaten die Zulassung für dieses Biosimilar – das ist ein Nachahmermedikament auf ein Originalpräparat eines Biopharmazeutikums, bei dem der Patentschutz ausgelaufen ist – in Grossbritannien erhalten und wurde von der zuständigen Kommission auch für die EU bereits empfohlen, so ist die Zulassung für den US-Markt doch viel wichtiger.
Dieser Text beschreibt die jüngsten Entwicklungen im «Handelszeitung»-Portfolio.
Branchenkenner schätzen nämlich das Umsatzpotenzial dieses Biosimilars in den USA auf 80 bis 90 Prozent der möglichen Gesamtumsätze von Europa und Nordamerika. Das Original, Lucentis des Pharmakonzerns Novartis, kommt Schätzungen zufolge seit Jahren auf ein Umsatzvolumen von etwas über 2,0 Milliarden Dollar jährlich.
Da bei einem Biosimilar die Entwicklungskosten weit geringer sind als bei einem Originalprodukt, können sie in der Regel etwa um einen Drittel günstiger angeboten werden als das Original. Da auch im Gesundheitswesen gespart wird, könnte das Nachahmermedikament von Formycon auf Lucentis wegen des Preisvorteils schon in wenigen Jahren einen Umsatzanteil zwischen 20 und 30 Prozent des Lucentis-Gesamtumsatzes haben. Das wären etwa 400 oder 500 Millionen Dollar jährlich.
Bei hoher Marge könnte der Ergebnisbeitrag für Formycon alleine aus diesem einen Biosimilar bei 200 Millionen, 300 Millionen Dollar oder auch höher liegen. Formycon kommt derzeit auf einen Börsenwert von rund 1,2 Milliarden Euro. Da ist also alleine aus diesem einen Präparat in wenigen Jahren schon ein 6er-, 5er- oder auch 4er-KGV drin.
Alleine das verschafft der Aktie Kurspotenzial von 100, 200 oder auch 300 Prozent. Dabei hat Formycon noch weitere Biosimilars in unterschiedlichen Entwicklungsstadien in der Pipeline. So soll gut informierten Kreisen zufolge möglicherweise noch im August eine wichtige Phase-III-Studie zu Ende sein und die Ergebnisse präsentiert werden.
Dann kann auch das Zulassungsverfahren eingeleitet werden und nach etwa 18 oder 24 Monaten könnte die Erlaubnis von den Gesundheitsbehörden vorliegen. Schon in vier oder fünf Jahren könnte dieses Produkt dann ähnliche Ergebnisbeiträge liefern wie jetzt das Biosimilar auf Lucentis.
Formycon bietet kurzfristig – auf Sicht von wenigen Monaten und Quartalen – schönes Potenzial und mittel- bis langfristig gibt es sogar enorme Kursperspektiven. In der zweiten Hälfte dieser Dekade sind bei der Aktie auch Kurse um 500 Euro und höher vorstellbar. Kaufen und liegen lassen.