Völlig überraschend meldete Magforce vor wenigen Tagen Insolvenz an. Dabei hatte der Spezialist für Krebstherapien erst Ende Juni noch im Geschäftsbericht gesagt: «Ausgehend von den liquiden Mitteln .... und verfügbaren Kreditlinien hat Magforce einen Finanzplan aufgestellt, wonach die Geschäftsfähigkeit für die Jahre 2022 und 2023 finanziert werden kann. Nach der Unternehmensplanung reichen die ... verfügbaren ... liquiden Mittel und abrufbaren Kredite aus, um jederzeit den fälligen Zahlungsverpflichtungen nachkommen zu können.»  

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Was wird da gespielt? Wie zu hören ist, soll ein externer Berater dem Management die Einleitung des Insolvenzverfahrens regelrecht aufgezwungen haben, obwohl Firmenchef Ben Lipps aus einer aktuellen Finanzierungsrunde mehrere Millionen Euro eingeworben haben soll. Die Aktie ist jedenfalls kollabiert. Möglicherweise wird sich nun ein Investor das mehr als vielversprechende US-Geschäft mit einer Therapie gegen Prostatakrebs unter den Nagel reissen und, wie in solchen Fällen üblich, nicht viel dafür bezahlen. 

Handelszeitung Portfolio

Dieser Text beschreibt die jüngsten Entwicklungen im «Handelszeitung»-Portfolio.

Zwei Dinge zeigen sich: Erstens, wenn Berater fungieren, gerät oft einiges ins Arge; und zweitens nie alles auf eine Karte setzen. Der Verlust von 90 Prozent bei einer Position wie jetzt bei Magforce ist zwar schmerzhaft, doch bei einem schön diversifizierten Portfolio mit 10, 15 oder auch 20 Titeln kein Weltuntergang. Der US-Ökonom Harry Max Markowitz hatte die Vorteile einer breiten Diversifikation in seiner Portfoliotheorie nachgewiesen und dafür 1990 den Nobelpreis erhalten.    

Anlegerinnen und Anleger müssen sich immer vor Augen führen: Eine Pleite, oder auch einen Betrug, kann es immer und überall und auch völlig unerwartet geben. Das kann niemand ausschliessen, nicht einmal fünfzig Analysten, die sich eine Aktie tagaus, tagein ansehen.

Erinnerungen an Madoff

Nicht nur kleine Firmen wie Magforce sind hier gefährdet, sondern auch ganz grosse Player. Man denke nur an Bernard Madoff, der einen Schaden von etwa 65 Milliarden Dollar angerichtet hat, an Wirecard oder Parmalat. Diese drei Namen haben Börsianer und Experten lange Zeit hinters Licht geführt. Zwar besteht bei Magforce spekulativ betrachtet noch die Hoffnung auf positive Überraschungen und wieder höhere Kurse. Wir steigen aber aus.  

Spannend wird es jetzt bei der Bellevue Group. Die Aktie des Vermögensverwalters ist seit Mitte März im Abwärtstrend und hat 25 Prozent an Wert verloren. Vor wenigen Tagen allerdings kam es bei dem Titel zu einem schönen Rebound – fast wie aus dem Bilderbuch. Ende letzter Woche schoss die Aktie von der unteren Begrenzungslinie des Abwärtstrends vom Mai annähernd 10 Prozent nach oben. Durch diesen Schub wurde gleichzeitig der Widerstand bei der psychologischen Marke von 30 Franken nach oben durchbrochen.  

Offensichtlich wird Anlegern bewusst, dass die Aktie nach den hohen Kursverlusten in diesem Jahr wieder günstig ist. Zwar verzeichnete der Vermögensverwalter aus Küsnacht im ersten Halbjahr einen Rückgang bei den betreuten Kundenvermögen von 25 Prozent auf 9,6 Milliarden Franken. Aber das war vor allem den schwachen Börsen mit tieferen Notierungen geschuldet. Vermögensabflüsse durch die Kunden gab es nur in geringem Ausmass.  

Der Einbruch beim Periodenüberschuss um 36 Prozent im Vergleich zum Rekordjahr 2021 auf 14,3 Millionen Franken ist deshalb mit hoher Wahrscheinlichkeit nur eine vorübergehende Erscheinung. Immerhin treibt Bellevue die internationale Expansion voran und hat beispielsweise Chile und Peru im Visier. Insbesondere die Pensionskassen dort hält Bellevue-Chef André Rüegg für vielversprechend. Auf jeden Fall ist die Aktie mit einem geschätzten 12er-KGV nicht teuer.  

Durch den Schub gestern ist der Titel charttechnisch für weitere Erholungsversuche gut. So hat die Aktie jetzt die obere Begrenzungslinie des Abwärtstrends erreicht. Wir bleiben investiert und setzen darauf, dass Bellevue die Trendlinie zügig nach oben durchbrechen kann. Da sind schnell Kurse von 35 Franken und mehr drin.       

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