Der Bundesrat hatte Ende Juni 2022 die aktualisierten Pläne für die künftige Bahninfrastruktur unter dem Titel "Bahn 2050" in die Konsultation gegeben. So soll das Bahnangebot in den Agglomerationen und zwischen den regionalen Zentren verbessert werden. Bisher stand im Zentrum, Engpässe zu beseitigen und den Takt zu verdichten.
Die Kantone unterstützen die vorgeschlagenen Massnahmen und Perspektiven des Bundesrates. Gleichzeitig sind sie besorgt, dass sich wichtige Grossprojekte verzögern. Das gelte auch für die negativen Auswirkungen, die sich aus dem Verzicht der SBB auf das schnelle Fahren in Kurven mit Neigezügen ergäben.
VöV will zeitnahe Umsetzung
Die Konferenz der kantonalen Direktoren des öffentlichen Verkehrs erwartetet, dass der Bundesrat die vollständige und zeitnahe Umsetzung der Pläne sicherstelle - falls nötig mit zusätzlichen Infrastruktur-Massnahmen. Bei der Umsetzung es Ausbauschritts 2035 zeichneten sich Verzögerungen von drei bis fünf Jahren ab.
Die Kantone unterstützen den Vorschlag des Bundesrates, 2026 keinen vollwertigen Ausbauschritt zu planen und statt dessen das bestehende Angebotskonzept zu überarbeiten. Die Kantone erwarten, dass der Bundesrat die vollständige und zeitnahe Umsetzung der Angebotsziele auf Basis der bisherigen Ausbauschritte sicherstellt.
Der Verband öffentlicher Verkehr (VöV) fordert seinerseits eine lückenlose Umsetzung der vom Parlament beschlossenen Massnahmen. Eine umfassende Gesamtschau sei nötig. Die Entwicklung der Bahn dürfe nicht auf kurz- und mittlere Distanzen beschränkt werden. Richtungsweisend sei es, den ÖV-Anteil am Gesamtverkehr zu erhöhen.
Baumeister wollen mehr Informationen
Der Schweizerische Baumeisterverband (SBV) teilt grundsätzlich die Linie des Bundesrates. In der Vernehmlassung werde jedoch zu wenig ausgeführt, dass Erhalt und Ausbau der Infrastruktur eine notwendige Voraussetzung für die effizientere Nutzung der Bahninfrastruktur blieben. Die Verzögerungen bei den Bauprojekten seien zu wenig erklärt. Der SBV suche daher das Gespräch mit den Verantwortlichen.
Die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für die Berggebiete stellt ihrerseits mit Besorgnis fest, dass sich die Verkehrspolitik des Bundes zunehmend auf den Agglomerationsverkehr konzentriert. Namentlich für den Tourismus sei es wichtig, dass die Berggebiete und der ländliche Raum mit Strasse und Schiene gut erreichbar seien.
Parteien mehrheitlich zufrieden
Unter den grossen Parteien überwiegt bei der SVP die Skepsis. Sie fordert, die Ausbauprogramme und die Perspektive "Bahn 2050" kritisch zu hinterfragen. Den politischen Auftrag, die Randregionen zu erschliessen, anerkennt die grösste Schweizer Partei. Luxuslösungen seien jedoch abzulehnen.
Die systematische Umverteilung von Strassengeldern auf den Schienenverkehr sei endlich zu beenden. Die SVP fordert den Bundesrat dazu auf, das Augenmerk in der Verkehrspolitik auch auf alternative Antriebe im motorisierten Individualverkehr wie Wasserstoff, synthetische Treibstoffe und Biotreibstoffe zu lenken.
Die SP begrüsst dagegen, dass der Bundesrat den ÖV-Anteil am Personenverkehr erhöhen will. Allerdings reiche es nicht, den Anteil nur um 3 Prozentpunkte auf 24 Prozent anzuheben, um die Pariser Klimaziele zu erreichen. Laut einer VCS-Studie müsse der Anteil von heute 20 Prozent bis 2040 auf mindestens 40 Prozent steigen.
Die SP ist wie die Mitte-Partei der Ansicht, dass der Fokus bei der Bahninfrastruktur nicht nur auf die Agglomerationen gelegt werden sollte. Der Fernverkehr in der Schweiz sowie die Anbindung an Europa seien in der Planung ebenso zu berücksichtigen.
Mitte für Vollausbau am Lötschberg
Die Mitte begrüsst die Aufnahme des Vollausbaus des Lötschberg-Basistunnels in den Ausbauschritt 2035. Sie lehnt jedoch den Vorschlag des Bundesrates entschieden ab, auf Vorinvestitionen bei der Abzweigung nach Wädenswil (Zimmerberg- Basistunnel II) zu verzichten. Diese Vorinvestitionen seien unbedingt zu tätigen.
Die FDP fordert den Bundesrat auf, verstärkt kurzfristige Massnahmen zu ergreifen, um die Effizienz zu steigern und das Bahnangebot zu verbessern. Es sei ferner vertieft zu prüfen, ob grössere Ausbauprojekte angepasst werden könnten. Auf diese Weise könnte ein Marschhalt während mindestens zehn Jahren vermieden werden.
Der Bundesrat sollte nach Ansicht der FDP bis 2026 Massnahmen vorschlagen, um spätestens bis zum Ende des Jahrzehnts damit zu beginnen, neue Bahnstrecken zur Verkürzung der Reisezeit zwischen Lausanne und Bern sowie zwischen Winterthur und St. Gallen zu bauen.