Der Schutz vor Cyber-Attacken ist eine sicherheitspolitische Priorität des Bundesrats, wie dem aktuellen Bericht zur Sicherheitspolitik zu entnehmen ist. Heute sei die Schweiz in Sachen Digitalisierung «viel zu wenig weit fortgeschritten». In den vergangenen Jahren stand die Stärkung der Cyber-Abwehr deshalb immer wieder im Raum.

«Es vergeht kein Tag ohne Cyber-Angriffe», sagte Verteidigungsministerin Viola Amherd am Mittwoch vor den Medien in Bern. IT-Systeme müssten daher besser geschützt werden - auch von der Armee. Armeechef Thomas Süssli relativierte aber: «Es ist nicht möglich, hinter jeden Nutzer einen Soldaten zu stellen.»

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Mit der Botschaft zur Änderung des Militärgesetzes und der Armeeorganisation übergibt der Bundesrat den Ball dem Parlament. In der Vernehmlassung stiessen die Pläne der Landesregierung mehrheitlich auf Anklang. Den Anstoss für eine Stärkung der Cyber-Abwehr hatten die Räte selbst gegeben. Anfang 2018 überwiesen sie eine Motion zur Schaffung einer Cyber-Truppe.

Der Fokus der Cyber-Abwehr lag bisher auf dem Schutz militärischer Kommunikationskanäle und Einrichtungen. Die neue schnelle Eingreiftruppe soll Betreiber kritischer Infrastrukturen und Privatfirmen bei der Abwehr von Attacken subsidiär unterstützen können. Zu den kritischen Infrastrukturen zählt der Bund unter anderem die Stromkonzerne, die SBB und die Telekomfirmen.

Vorgesehen ist nun, auf den 1. Januar 2022 ein Cyber-Bataillon und einen Cyber-Fachstab zu bilden, wie es in einer Mitteilung des Verteidigungsdepartements (VBS) heisst. Der Bestand in der Miliz soll von heute 206 auf 575 Angehörige der Armee erhöht werden. Laut Armeechef Süssli wird es aber «noch einige Zeit dauern», bis die Truppe vollständig alimentiert sein wird.

Bisher hat die Armee seit Sommer 2018 rund hundert Armeeangehörige in ihrem Cyber-Lehrgang ausgebildet. Amherd bezeichnete diesen als «Erfolgsmodell». Künftig solle die Teilnehmerzahl schrittweise erhöht werden. Dafür brauche es aber mehr talentierte Anwärterinnen und Anwärter. «Wir müssen junge Leute schon vor der RS über den Cyber-Lehrgang informieren.»

Keine Mehrkosten erwartet

Zweites Puzzlestück bei der militärischen Cyber-Abwehr soll ein neues Sonderkommando sein. Die heutige breit gefächerte Führungsunterstützungsbasis (FUB) soll auf Anfang 2024 in ein einsatzorientiertes, militärisches Kommando Cyber überführt werden.

Dieses soll künftig die militärischen Schlüsselfähigkeiten in den Bereichen Lagebild, Cyber-Abwehr, IT, Kommunikation, Führungsunterstützung, Kryptologie und elektronische Kriegführung bereitstellen. Bereits im März 2021 hatte der Bundesrat Divisionär Alain Vuitel mit der Leitung der neuen Abteilung betraut.

Die Kosten für die Schaffung des Kommandos Cyber und die Aufstockung des Personals sind laut dem Bundesrat im Rahmen der Umsetzung der Weiterentwicklung der Armee (WEA) bereits budgetiert. Es würden keine weiteren finanziellen Folgen erwartet.

Gemäss der Botschaft ist die Zahl der gezielten Cyber-Angriffe auf strategisch relevante Ziele stark angestiegen. Die bestehenden Cyber-Truppen bräuchten demzufolge mehr Personal, mehr Ausbildung und eine verstärkte Zusammenarbeit mit dem Ausland.

Bereits im Mai 2019 wurde die Schweiz Mitglied des Abwehrzentrums für Cyber-Angriffe (CCDCOE) im estnischen Tallinn. Damit erhielten die zuständigen Behörden Zugang zu Wissen und Informationen sowie Forschungs- und Ausbildungsaktivitäten des Abwehrzentrums.

Neue Militärluftfahrtbehörde

Der Bundesrat nutzt die Vorlage auch dafür, weitere Massnahmen in der Armee umzusetzen. Neu soll unter anderem die Betriebssicherheit der Luftwaffe mit einer neuen Militärluftfahrtbehörde besser gewährleistet werden.

In der Schweiz gab es für die Militärluftfahrt bislang keine mit dem Bundesamt für Zivilluftfahrt (Bazl) vergleichbare Organisation. Die neue Behörde soll die Betriebssicherheit der Luftwaffe bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben im zivil und militärisch gemeinsam genutzten Luftraum verbessern.

Weiter will der Bundesrat die Unterstützung von zivilen Anlässen stärken, die ohne die Armee kaum mehr durchgeführt werden könnten. Zum einen sollen künftig auch Rekrutinnen und Rekruten in der Grundausbildung und nicht nur Durchdienerinnen und Durchdiener oder Armeeangehörige im Wiederholungskurs eingesetzt werden können. Zum anderen soll die Armee bei Anlässen von nationaler oder internationaler Bedeutung auch ohne wesentlichen Ausbildungs- und Übungsnutzen im beschränkten Rahmen Leistungen erbringen dürfen.
(sda/kop)